Krebsdiagnose wirkt sich auf Gesundheit von Angehörigen aus
Constanze PolenzFamilienmitglieder ersten Grades und Ehepartner von Krebspatienten mit urologischem Tumor hatten ein Jahr nach der Diagnosestellung ein erhöhtes Risiko für eine psychische oder kardiovaskuläre Erkrankung, so die Ergebnisse einer Studie.
Wenn Menschen eine Krebsdiagnose bekommen ist das für die meisten ein Schock, der Ängste auslöst. Von diesem Schock sind häufig nicht nur die Patienten selbst betroffen, sondern auch ihre Familie. Die Erkrankung und ihre Folgen haben oft tiefgreifende Wirkungen auf das ganze Leben der Betroffenen und ihrer nahen Angehörigen. Die Pflege des erkrankten Familienmitglieds oder Ehepartners kann sehr belastend sein und zu einem sozialen Rückzug führen.
Psychischer Stress ist ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Forscher der urologischen Abteilung der Universität von Utah haben sich dem Thema gewidmet, wie sich eine Krebsdiagnose auf die Gesundheit von Familienmitgliedern auswirkt. Da durch frühere Studien bekannt ist, dass anhaltender psychischer Stress zu einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle führen kann, haben sich die Forscher in ihrer Studie auf die psychische und kardiovaskuläre Gesundheit konzentriert. Ihre Ergebnisse hat das Fachmagazin „Cancer“ der American Cancer Society veröffentlicht.
Forscher untersuchten über 78.000 Angehörige von Krebspatienten
Die Wissenschaftler verwendeten Daten der Utah Population Database (UPDB), in der seit 1970 große Datenmengen auf Bevölkerungsebene gesammelt werden. Für die Studie analysierten sie Daten von über 49.000 Patienten, die zwischen 1990 und 2015 eine urologische Krebsdiagnose (Penis-, Blasen, Prostata-, Hoden- oder Nierenkrebs) erhalten hatten, sowie Daten von fast 78.000 nahen Angehörigen. Dazu zählten Verwandte ersten Grades – Eltern, Geschwister und Kinder – und Ehepartner. Der Studienpopulation stand eine Kontrollgruppe mit über 264.000 Patienten ohne urologische Krebsdiagnose sowie rund 81.000 entsprechenden Angehörigen gegenüber.
Die Analysen bewerteten ein, drei und fünf Jahre nach der Krebsdiagnose die Entwicklung von psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Substanzmissbrauch, Angsterkankungen und weitere Störungen sowie die Entwicklung von kardiovaskulären Erkrankungen wie Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Bluthochdruck und zerebrovaskuläre Krankheiten.
Eltern von krebskranken Kindern sind besonders gefährdet, selbst krank zu werden
Folgend Ergebnisse zeigten sich in der Studie:
Ein Jahr nach der Krebsdiagnose hatten Ehepartner und Verwandte ersten Grades ein um zehn Prozent erhöhtes Risiko, psychisch krank zu werden. Nach drei Jahren war es um fünf Prozent erhöht und nach fünf Jahren um vier Prozent.
Das Risiko, eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln, war für Ehepartner und nahe Familienangehörige ein Jahr nach der Krebsdiagnose um 28 Prozent erhöht, nach drei Jahren um 16 Prozent und nach fünf Jahren um 14 Prozent.
Für Eltern, deren Kinder an Krebs erkrankten, war die Belastung besonders stark. Bei ihnen war die Wahrscheinlichkeit viermal höher, im ersten Jahr eine psychische oder Herz-Kreislauf-Erkrankung zu bekommen als für andere nahe Angehörige von Krebspatienten.
Ehepartner hatten ebenfalls ein größeres Risiko, eine psychische oder kardiovaskuläre Krankheit zu entwickeln, wenn ihr Partner im ersten Jahr nach der Diagnosestellung verstarb.
Angehörige, die näher bei den Patienten wohnten, waren gefährdeter als solche, die weiter weg lebten.
Eine Krebsdiagnose kann sich auf die Gesundheit der ganzen Familie auswirken. „Unsere Studie verdeutlicht daher die Notwendigkeit einer verstärkten klinischen Aufmerksamkeit und Unterstützung für Ehepartner und Angehörige ersten Grades von Patienten mit urologischem Krebs“, fassen es die Studienautoren zusammen.