Depressionen: Mehr Lebensqualität durch neue Therapie?
Constanze PolenzDepressionen sind die zweithäufigste psychische Erkrankung nach Angststörungen. Sie beeinträchtigen die Lebensqualität enorm. Ein Forscherteam hat die Augmented Depression Therapy (ADepT) im Vergleich zur Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) untersucht.
Patienten mit Depression beklagen häufig Defizite im Wohlbefinden und Anhedonie. Das heißt, sie interessieren sich für nichts mehr und freuen sich nicht mehr über Dinge, die ihnen früher Freude bereitet haben. Außerdem leiden sie unter gedrückter Stimmung, Erschöpfung, Hoffnungslosigkeit und Antriebslosigkeit.
Viele Patienten erleiden Rückfälle
Depressionen verlaufen oft chronisch. Sie tragen zu Behinderung bei, verursachen hohe Kosten aufgrund von Arbeitsausfällen und Behandlungen und verkürzen die Lebenserwartung. Psychotherapeutische und medikamentöse Behandlungen wirken häufig nur suboptimal. Ungefähr die Hälfte der Patienten erleidet innerhalb von zwei Jahren einen Rückfall.
Ein Forscherteam um Prof. Barnaby D. Dunn vom Mood Disorders Centre der University of Exeter, hat jetzt die Machbarkeit, klinische Wirksamkeit und Kosteneffektivität der Augmented Depression Therapy (ADepT) im Vergleich zur Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) untersucht.
Laut den Studienautoren reduziere die klassische psychotherapeutische Behandlung mit KVT die depressive Stimmung, behandele aber die Anhedonie nicht ausreichend. Es bleibe bei vielen Patienten eine residuale Rest-Anhedonie bestehen. Die Verbesserung des Wohlbefindens könnte die Wahrscheinlichkeit von Remissionen und weniger Rückfällen erhöhen, so die Forscher.
Mit ADepT Werte erkennen und Wohlbefinden steigern
Seziell für anhedonische Depressionen entwickelt, strebt ADepT an, sowohl die depressiven Symptome längerfristig zu reduzieren als auch das Wohlbefinden zu verbessern. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Beseitigen der Anhedonie, um wieder mehr Freude, Sinn und soziale Zugehörigkeit im Leben zu erfahren. Die Patienten werden in 15 Akut- und 5 Booster-Sitzungen individuell mit einem lösungsorientierten, kognitiv erweiterten, verhaltensaktivierenden Ansatz behandelt.
„In ADepT ermutigen wir die Klienten, eine neue Perspektive auf ihre Schwierigkeiten einzunehmen und zu lernen, neben der depressiven Stimmung gut zu leben“, erklärt Barnaby Dunn. „Das Hauptziel besteht darin, den Klienten dabei zu helfen, herauszufinden, was in ihren wichtigsten Lebensbereichen von Bedeutung ist, Schritte zu unternehmen, um ein Leben zu führen, das mit diesen Werten in Einklang steht, und dabei Chancen zu ergreifen und Herausforderungen zu bewältigen, damit sie Wohlbefinden und Freude erleben können.”
Vergleichsstudie KVT und ADepT
Überwiegend aus Wartelisten für psychotherapeutische Behandlungen rekrutierten die Forscher 82 Erwachsene. Alle erfüllten die Kriterien einer aktuell schweren oder mittelschweren depressiven Episode und litten an ausgeprägten anhedonischen Symptomen. Nach dem Zufallsprinzip bekam die Hälfte von ihnen 20 Sitzungen KVT und die andere Hälfte 20 Sitzungen ADepT. Die Sitzungen fanden in beiden Gruppen wöchentlich statt und waren 60 Minuten lang. Die Therapeuten hatten alle langjährige Erfahrung mit KVT. Für ADepT bekamen sie eine Schulung.
Sowohl die Behandler als auch die Patienten wussten über die Zuteilung Bescheid, nicht jedoch diejenigen, die die Ergebnisse bewerteten. Die Beurteilungen fanden sowohl bei Aufnahme in die Studie als auch 6, 12 und 18 Monate nach der Behandlung statt (6 Monate als primärer klinischer Endpunkt; 18 Monate als primärer gesundheitsökonomischer Endpunkt).
ADepT leicht überlegen
In beiden Gruppen kam es zu je zwei schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen, in der Mehrzahl nicht tödliche Medikamentenüberdosierung. Keines der Ereignisse stuften die Forscher als studien- oder behandlungsbedingt ein.
36 Patienten der KVT-Gruppe und 35 Patienten der ADepT-Gruppe nahmen an ausreichend vielen Sitzungen teil. Alle Teilnehmer waren mit der Behandlung zumindest mäßig zufrieden. 31 Teilnehmer der KVT-Gruppe und 29 Teilnehmer der ADepT-Gruppe würden die Behandlung weiterempfehlen.
Bei allen Teilnehmern kam es zu klinisch bedeutsamen Verbesserungen der Depressionssymptomatik. Bei keinem der Teilnehmer war nach sechs Monaten eine Verschlechterung eingetreten. Die Ergebnisse deuten aber auf einen Vorteil der ADepT hin, der auch nach sechs und 18 Monaten erhalten blieb. Außerdem erwies sich ADepT als genauso kosteneffektiv wie KVT. Um zu beweisen, dass ADepT der klassischen KVT tatsächlich überlegen ist, benötigt es eine weitere große, multizentrische Studie.