Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
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Herbstzeit ist Impfzeit. Viele Patienten kommen für eine Influenza- oder Pneumokokkenimpfung in die Arztpraxis. Oft bringen sie ihren Impfausweis mit und lassen ihren Impfstatus auch für andere Immunisierungen überprüfen. Impfen gehört zu den Routineaufgaben in einer Arztpraxis. Doch gerade weil es so alltäglich ist, werden Aufklärung und Dokumentation bisweilen zu leicht genommen. Wir haben für Sie die wichtigsten Rechtsfragen zum Thema Impfen zusammengefasst.

Wer muss den Patienten über die Impfung aufklären?

Die Aufklärung muss grundsätzlich durch den behandelnden Arzt oder die behandelnde Ärztin erfolgen. Sie darf aber auf eine Person übertragen werden, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt – also auf andere approbierte Ärztinnen und Ärzte. Ergänzend kann auch auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform ausgehändigt bekommt. MFA und sonstiges nichtmedizinisches Personal dürfen dagegen nicht aufklären. Nicht delegieren dürfen Ärztinnen und Ärzte auch die Sicherstellung der Indikation und das Einholen des Einverständnisses.

Wer muss über die Impfung, die damit zu verhütende Krankheit und mögliche Komplikationen aufgeklärt werden?

Vor jeder Impfung muss der Arzt grundsätzlich die zu impfende Person über die zu verhütende Krankheit, die Impfung und mögliche Komplikationen aufklären, damit diese eine wirksame Einwilligungserklärung abgeben kann.
Bei Minderjährigen ist der anwesende Elternteil oder Sorgeberechtigte aufzuklären, je nach Alter zusätzlich auch der Minderjährige selbst. Ist eine Person nicht in der Lage, den Inhalt der Aufklärung vollständig zu verstehen, muss der Arzt zusätzlich den Vorsorgebevollmächtigten aufklären. Bei Patienten, die einen gesetzlichen Betreuer mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge haben, muss dieser ebenfalls über die Impfung und mögliche Komplikationen aufgeklärt werden.

Welche Informationen muss die Impfaufklärung enthalten?

Die Aufklärung soll laut Robert Koch-Institut in der Regel Informationen über folgende Punkte umfassen:

  • die zu verhütende Krankheit und deren Behandlungsmöglichkeiten,

  • den Nutzen der Impfung,

  • die Kontraindikationen,

  • die Durchführung der Impfung,

  • den Beginn und die Dauer des Impfschutzes,

  • das Verhalten nach der Impfung,

  • mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Impfkomplikationen,

  • die Notwendigkeit und die Termine von Folge- und Auffrischimpfungen.

Der Arzt muss dem Patienten ein allgemeines Bild von der Schwere und Richtung des konkreten Risikospektrums der Impfung vermitteln. Der genaue Umfang hängt aber vom Einzelfall ab. Denn der Arzt muss sich dabei am Verständnishorizont des Patienten oder Einwilligungsberechtigten orientieren.

Wie muss der Arzt oder die Ärztin den Patienten aufklären?

Die Aufklärung muss grundsätzlich mündlich erfolgen und verständlich sein. Ist der impfende Arzt unsicher, ob der Patient oder Einwilligungsberechtigte die Informationen verstanden hat, muss er nachfragen. Gibt es Sprachbarrieren, sollte der Arzt überlegen, ob eine private Person aus dem Umfeld des Patienten zum Dolmetschen oder ein Dolmetscher auf Kosten des Patienten hinzugezogen werden muss.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Aufklärung?

Der Arzt muss rechtzeitig aufklären. Bei Routineimpfungen gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Eine Aufklärung am Tag der Impfung ist ausreichend. Das kann auch kurz vor der Impfung sein, wenn dadurch auf Seiten des Patienten kein Entscheidungsdruck erzeugt wird. Ein zu großer Abstand der Aufklärung zur Impfung ist andererseits auch nicht empfehlenswert. Eine Aufklärung Monate zuvor dürfte also nicht ausreichen und müsste wiederholt werden. Zulässig ist es aber, bei Routineimpfungen bereits beim vorherigen Termin einen Aufklärungsbogen/ein Merkblatt auszuhändigen und dieses zum Impftermin zu besprechen.

Muss der Patient schriftlich in die Impfung einwilligen?

Eine schriftliche Einwilligung ist nicht erforderlich, kann jedoch in Einzelfällen sinnvoll sein.

Darf der Patient auf die Impfaufklärung verzichten?

Ausnahmsweise kann ein ausdrücklicher Aufklärungsverzicht des Patienten oder Einwilligungsberechtigten eine Aufklärung entbehrlich machen.

Was muss der Arzt in der Patientenakte dokumentieren?

Der Arzt ist verpflichtet, Aufklärungen und Einwilligungen in der Patientenakte zu dokumentieren. Verwendet der Arzt ein Aufklärungsmerkblatt, sollte er in seiner Dokumentation darauf verweisen. Lehnt der Patient oder der Sorgeberechtigte nach einer Aufklärung die Impfung ab, sollte der Arzt dies ebenfalls in der Patientenakte dokumentieren.

Was muss der Arzt bei der Aufklärung von Kindern und Jugendlichen beachten?

Bei Minderjährigen unter 14 Jahren muss der Arzt die Einwilligung der Eltern oder Sorgeberechtigten einholen. Jugendliche können selbst einwilligen, wenn sie die erforderliche Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit besitzen. Das ist meist erst ab 16 Jahren der Fall. Der Arzt muss aber in jedem Einzelfall entscheiden, ob der Jugendliche „nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seiner Gestattung zu ermessen vermag“, wie die Gerichte sagen.

Steht das Sorgerecht nur einem Elternteil zu, trifft nur dieser Elternteil die Entscheidungen für das Kind, unabhängig davon, ob der andere Elternteil ein Umgangsrecht hat. Hier darf der Arzt die Impfung durchführen, wenn der alleinige Sorgeberechtigte dies wünscht. In den meisten Fällen besteht aber ein gemeinsames Sorgerecht beider Elternteile, auch wenn sie getrennt leben. Dieses soll in eigener Verantwortung und im gegenseitigen Einvernehmen ausgeübt werden. Das macht bei Streitigkeiten das Impfen komplizierter. Rechtlich geht es hier ins Sorgerecht: Leben die Eltern getrennt, entscheidet über Angelegenheiten des täglichen Lebens allein der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält. Dazu zählen beispielsweise die allgemeine Gesundheitsfürsorge wie die Behandlung leichter Krankheiten oder das Verabreichen von Medikamenten ohne erhebliche Nebenwirkungen. Bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung sind beide gefragt. Dazu zählen etwa die Wahl der Schule und die Änderung des Familiennamens.

Doch unter welchen Bereich fallen Impfungen?

Der Bundesgerichtshof hat 2017 entschieden, dass es sich bei den von der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen nicht um Angelegenheiten des täglichen Lebens handelt und sich daher beide Eltern einig sein müssen. Für Ärzte ist es daher wichtig zu wissen: Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sich die Eltern an das Familiengericht wenden. Das Gericht überträgt die Entscheidung demjenigen Elternteil, dessen Entscheidung der Empfehlung der STIKO folgt. Das gilt auch für Impfungen gegen COVID-19.
Lehnen die Sorgeberechtigten einzelne oder alle von der STIKO empfohlenen Impfungen ab, ist eine sorgfältige Dokumentation enorm wichtig. Ärztinnen und Ärzte sollten die Eltern in diesem Fall auf die Folgen des Nichtimpfens für das Kind selbst sowie für die Allgemeinheit hinweisen.

Wie müssen Patienten aufgeklärt werden, die nicht einwilligungsfähig sind?

Auch sie müssen entsprechend ihrem Verständnis aufgeklärt werden, soweit sie aufgrund ihres Entwicklungsstandes und ihrer Verständnismöglichkeit in der Lage sind, die Erläuterungen aufzunehmen und dies ihrem Wohl nicht zuwider läuft (§ 630e Abs. 5 S. 1 BGB).

Gibt es bei Impfungen gegen COVID-19 Besonderheiten bei der Aufklärung?

Die Grundsätze des Bundesgerichtshofs für Routineimpfungen können laut Rechtsprechung auch auf Impfungen gegen COVID-19 angewendet werden, auch wenn es sich bei dem neuartigen mRNA-Impfstoff (noch) nicht um eine Routineimpfung handelt. Das heißt, dass eine Aufklärung am Tag der Impfung zulässig ist und ergänzend auf Merkblätter zurückgegriffen werden darf, wenn der Patient die Möglichkeit für Rück-fragen hat.

Dürfen MFA impfen?

Arzthelferinnen und Arzthelfer mit entsprechender Ausbildung dürfen impfen. Ob eine MFA in der Lage ist, eine Impfung korrekt durchzuführen, muss der Arzt als Arbeitgeber vor der Delegation dieser Arbeit überprüfen. Der Arzt muss die Impfung individuell anordnen, überwachen und dokumentieren. Nichtärztliches Personal in der Praxis sollte Impfungen nur dann vornehmen, wenn ein Arzt in der Praxis anwesend ist. Nur so ist gewährleistet, dass der Patient bei unerwarteten Nebenwirkungen und Komplikationen sofort optimale Hilfe erhält.

Was muss im Impfpass dokumentiert werden?

Neben dem Impfstoff sind die Charge, die Krankheiten, gegen die geimpft wurde, und das Datum zu vermerken, ebenso der impfende Arzt mit Adresse und Unterschrift.

Wer darf die Dokumentation im Impfpass vornehmen?

Dies darf ausschließlich der impfende Arzt. Er kann diese Tätigkeit nicht delegieren. Wenn nun auch Apotheker impfen dürfen, können sie die Bestätigung vornehmen (s. Kasten oben). Auch sie dürfen diese Arbeit nicht ans Assistenzpersonal in der Apotheke delegieren.

Wer trägt die Beweislast im Falle eines Rechtsstreits?

Der Arzt trägt die Beweislast dafür, dass die Patientin oder der Patient ordnungsgemäß aufgeklärt wurde. Daher sollte die Aufklärung in Anwesenheit einer MFA durchgeführt und die Durchführung des Aufklärungsgesprächs in der Behandlungsakte dokumentiert werden.

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