„Niemand wird Arzt, weil er dokumentieren will“
Mit Constanze Stypula steht seit einem Jahr eine CEO an der Spitze von jameda, die das Arzt-Patienten-Portal zum integrierten Anbieter für KI-Software ausbauen will. Im Interview spricht die ehemalige Amazon-Managerin über Berührungsängste mit KI im Gesundheitswesen, die neue Dokumentations-Lösung »Noa Notes« und ihre Vision für 2025.
Hallo Frau Stypula. Mit Noa Notes haben Sie im September den Marktstart einer neuen KI-basierten Dokumentation verkündet. Im Gesundheitswesen ist KI in aller Munde, aber häufig handelt es sich um Software, die weder einmalig noch besonders neu ist. Können Sie uns erklären, worin die besondere Herausforderung besteht, die Sie mit Noa Notes lösen wollen?
Constanze Stypula: Das ist eine berechtigte Frage mit einer ziemlich klaren Antwort. Bis 2050 werden die Patientenzahlen um mehr als ein Drittel steigen,* während heute schon 60 % der niedergelassenen Ärzte an ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beruf nachdenken. Der Grund für die Unzufriedenheit ist bekannt: ein Übermaß an Bürokratie und Dokumentationspflichten, die Praxen heute 61 Arbeitstage im Jahr kosten.** Auch Klinikärzte betreiben bis zu drei Stunden schriftlichen Aufwand am Tag.***
Strukturierte Dokumentation ist wichtig, um Patient:innen bedarfsgerecht und nachhaltig behandeln zu können. Aber niemand wird Arzt, weil er dokumentieren will. Dort setzen wir an, wenn wir mit Noa Notes eine einfache und automatische Lösung zur Dokumentation bieten - egal ob es sich um das Anamnese-Gespräch, den Behandlungsplan, das Aufklärungsprotokoll, oder einen Arztbrief handelt.
Wie funktioniert das genau?
Constanze Stypula: Noa Notes transkribiert die wichtigsten medizinischen Informationen während der Sprechstunde und kann auch als Diktierhilfe genutzt werden. So werden alle Befunde, Therapien, Krankheitsverläufe oder Ziffern als Text bereitgestellt, der sich individuell strukturieren lässt.
Das klingt vielversprechend, aber Anwendungen zur Spracherkennung gibt es ja schon seit den 2000er Jahren. Wo kommt nun Künstliche Intelligenz zum Einsatz?
Constanze Stypula: Noa Notes ist keine bloße Spracherkennung, sondern basiert auf lernfähigen KI-Modellen. Zur Aufnahme der gesprochenen Informationen kommt das System Whisper zum Einsatz, das medizinische Informationen präzise erfasst - auch bei lauten Hintergrundgeräuschen, starken Akzenten oder Sprechstunden in Fremdsprachen. Der Algorithmus lernt stetig dazu, egal ob es sich um die Protokollierung von Fachbegriffen, Pharmazeutika oder medizinischen Geräten handelt. Die Zuordnung der Informationen in die gewünschte Struktur übernimmt ein KI-Dienst von Microsoft Azure, der auf die Verarbeitung medizinischer Fakten spezialisiert ist.
Contanze Stypula
Constanze Stypula verantwortet als CEO von jameda die strategische Entwicklung des Unternehmens zum integrierten Cloud-Anbieter für KI-, Kommunikations- und Terminbuchungs-Software im ambulanten und klinischen Sektor. Zuvor war Constanze Stypula zehn Jahre in leitenden Positionen bei Audible (Amazon) tätig, leitete die Innovationsabteilung beim deutschen Fintech-Unternehmen Taxfix und führte das Deutschlandgeschäft für das französische Fintech Unicorn Payfit.
Welche Fachrichtungen können Noa Notes für die Dokumentation nutzen?
Constanze Stypula: Aufgrund seiner breiten Datenbasis steht das System allen medizinischen Fachrichtungen für eine akkurate und präzise Dokumentation zur Verfügung.
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Ist Noa Notes mit Praxisverwaltungs- und Krankenhausinformationssystemen kompatibel, oder ist eine Integration geplant?
Constanze Stypula: Aktuell lässt sich die von Noa Notes erstellte Dokumentation per copy & paste oder pdf-Datei in etablierte Praxisverwaltungs- oder KIS-Systeme übertragen. Wir entwickeln derzeit Integrationslösungen, die offene Schnittstellen (z.B. GDT) verwenden, um Noa Notes direkt aus dem PVS oder KIS zu bedienen.
Grundsätzlich sind unsere Anwendungen nach dem C5-Standard des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert.
In der Sprechstunde kommen sensible Themen zur Sprache. Ist die Nutzung der KI für Ärzte und Patienten denn sicher?
Constanze Stypula: Der Schutz Ihrer Daten ist für uns von größter Bedeutung. Noa Notes verwendet mehrere Verschlüsselungsebenen und folgt dabei dem neuesten Stand der Technik. Patientendaten werden bei jameda auf einer sicheren Server-Infrastruktur verarbeitet und unsere Verfahren zur Datensicherung folgen den höchsten Standards. Darüber hinaus sind unsere Anwendungen nach dem C5-Standard des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert.
Wie sind die Konditionen für Ärzte, die Noa Notes in der Praxis nutzen oder auch einfach ausprobieren möchten?
Constanze Stypula: Noa Notes lässt sich sowohl als Erweiterung für bestehende jameda Services als auch als eigenständige Lösung anwenden. Die ersten 20 Sessions sind kostenfrei, danach können interessierte Ärzte den Assistenten ohne Limitierung für 49 € im Monat einsetzen. Das Angebot ist beliebig verlängerbar und monatlich kündbar.
Mit einem Zahlungssystem für Privatleistungen, Anbindungen an etablierte PVS-Systeme und der ersten KI-basierten Dokumentation war 2024 ein innovatives Jahr für jameda. Können Sie uns einen Ausblick geben, wo die Reise in 2025 hingeht?
Constanze Stypula: Auch im nächsten Jahr verfolgen wir das Ziel, den administrativen Aufwand für Ärzte zu verringern, damit sie mehr Zeit für ihre Patienten haben. Dazu setzen wir auch in 2025 auf starke Partnerschaften, um den jameda Marketplace und Noa Notes in bestehende Primärsysteme zu integrieren.
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Quelle:* Statista: Prognostizierter Zuwachs der Patienten ausgewählter Krankheiten in Deutschland bis 2050 (ø 35 %). Siehe auch Statistisches Bundesamt: Bevölkerung Deutschlands bis 2050, S. 17: Im gleichen Zeitraum wird es doppelt so viele Deutsche geben, die über 60 Jahre alt sind.
** Zentralinstitut kassenärztliche Versorgung: Repräsentative Online-Befragung unter 31.739 niedergelassenen Hausärzten, Fachärzten und Psychotherapeuten (12/2023).
Stiftung Gesundheit: Stimmungsbarometer - Repräsentative Befragung von 867 niedergelassenen Haus- und Fachärzten (09/2024). 44% gehen in den kommenden sechs Monaten von einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage für ihre Praxen aus.
KBV: Bürokratieindex (2020)
*** Deutsches Krankenhausinstitut: Repräsentative Umfrage unter 98 Psychiatrien und 225 Allgemeinkrankenhäusern (08/2024).