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Urologie

Eine Frau war gesetzlich krankenversichert, ihr Ehepartner privat, er litt an einer Fertilitätsstörung. Da eine künstliche Befruchtung erfolgen sollte, waren Behandlungen bei beiden Ehepartnern erforderlich. Die Ehefrau beantragte bei ihrer Kasse die Kostenübernahme und legte einen Behandlungsplan sowie einen Kostenvoranschlag vor. Unter folgenden Voraussetzungen beteiligt sich die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu 50 Prozent an den Kosten einer künstlichen Befruchtung (§ 27a, Fünftes Sozialgesetzbuch, SGB V):

  • Die Leistung muss erforderlich sein, um eine Schwangerschaft herbeizuführen.

  • Es muss eine hinreichende Aussicht darauf bestehen, dass es durch die Behandlung zu einer Schwangerschaft kommt.

  • Das Paar muss verheiratet sein.

  • Es dürfen nur Ei- und Samenzellen der Ehepartner verwendet werden.

  • Es muss eine Beratung durch einen Arzt erfolgen, er muss das Paar an einen anderen Arzt oder eine entsprechende Einrichtung überweisen.

Private Krankenversicherungen zahlen häufig bis zu 100 Prozent, wenn die Ursache der Kinderlosigkeit bei ihrem Versicherungsnehmer liegt. Wenn allerdings beide Partner in unterschiedlichen Systemen versichert sind, kann es schnell kompliziert werden. Vor allem dann, wenn die GKV meint, gar nichts mehr zahlen zu müssen, weil die private schon 50 Prozent erstattet hat. So auch hier: Die gesetzliche Versicherung der Frau verweigerte die Zahlung mit dem Hinweis, es seien ja schon 50 Prozent ihrer Kosten beglichen worden – durch die private Versicherung des Partners. Die Patientin klagte, zunächst ohne Erfolg.

Indem die private Krankenversicherung des Mannes die Hälfte der Gesamtkosten erstattet habe, habe sie Kosten übernommen, die eigentlich die GKV tragen sollte, urteilte noch das Landessozialgericht. Dadurch müsse die GKV nichts mehr zahlen. Das Bundessozialgericht (BSG) schlug sich aber überraschend auf die Seite der Patientin (29.08.2023, Az. B 1 KR 13/22 R). Sie habe einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der künstlichen Befruchtung in Höhe von 50 Prozent. Dass die private Versicherung ihres Partners bereits 50 Prozent ihrer Kosten erstattet habe, lasse ihren Anspruch nicht entfallen.

Mehr als 100 Prozent gibt es nicht

Das SGB V schließe gerade nicht aus, dass Versicherte und ihre Partner zusätzlich zu ihrem Anspruch aus dem SGB einen weiteren Anspruch gegen eine private Versicherung haben können. Wenn es Überschneidungen gebe, könnten die Eheleute wählen. Aber: Eine Überschneidung von Leistungen liegt laut BSG erst dann vor, wenn es zu einer Kostenerstattung von mehr als 100 Prozent kommt. 

Ist wie hier der Ehepartner der gesetzlich versicherten Patientin unfruchtbar, begründet dies einen eigenen Versicherungsfall für die gesetzlich Versicherte, obwohl die Ursache der Kinderlosigkeit nicht bei ihr liegt. Ansprüche gegen die private Versicherung bestehen dagegen nur bei Krankheit des Versicherten, diese übernimmt aber auch die Kosten auf Seiten des eigentlich gesunden Partners. Bei Ehepartnern, die verschiedenen Versicherungssystemen angehören, kann es so zu Überschneidungen, aber auch Lücken im Versicherungsschutz kommen.

Kostenerstattung bei Kinderwunschbehandlung

Ist ein Ehepartner privat, der andere gesetzlich versichert, treffen zwei unterschiedliche Systeme aufeinander: Der Anspruch in der GKV ist auf Herbeiführung einer Schwangerschaft als Sachleistung gerichtet. Auf eine Krankheit des Versicherten kommt es nicht an, die Unfruchtbarkeit des Paares löst den Versicherungsfall aus. Der Anspruch umfasst aber nur Maßnahmen, die beim Versicherten selbst durchgeführt werden. Der Anspruch in der privaten Krankenversicherung ist dagegen auf eine Kostenübernahme gerichtet. Es muss eine Krankheit des Versicherten vorliegen. Umfasst werden hier auch Behandlungsmaßnahmen beim Partner.