Ärztedichte in Deutschland 2024 – Wo fehlen die meisten Mediziner?
Marzena SickingDeutschland hat ein Versorgungsproblem – zumindest, wenn man auf die aktuelle Ärztedichte schaut. In Großstädten drängen sich die Mediziner, während in ländlichen Regionen der Hausarztmangel wächst. Die neue Analyse der Stiftung Gesundheit zum Status der ärztlichen Versorgung 2024 zeigt, wie ungleich die Verteilung von Ärztinnen und Ärzten in Deutschland ausfällt.
Zahlen zur Ärztedichte 2024 – Wie viele Ärzte gibt es pro Einwohner?
Laut der aktuellen Studie der Stiftung Gesundheit liegt die durchschnittliche Ärztedichte in Deutschland bei 4,5 Ärzten pro 1.000 Einwohner. Im internationalen Vergleich erscheint dieser Wert solide, doch ein genauerer Blick offenbart deutliche regionale Unterschiede - und die werden zunehmend zum Problem. Während Großstädte wie Berlin oder München eine hohe Ärztedichte aufweisen und der Mangel dort kaum spürbar ist, stehen viele ländliche Regionen inzwischen vor ernsten Versorgungsproblemen. In manchen Landkreisen fehlen Nachfolger für Niedergelassene, Praxen bleiben unbesetzt und Patienten müssen für eine Behandlung lange Wege in Kauf nehmen. Die Schere zwischen Stadt und Land geht hier seit Jahren immer weiter auseinander.
Die größten Probleme zeigen sich in strukturschwachen Gebieten, wo sich kaum noch junge Ärztinnen und Ärzte niederlassen. In manchen Landkreisen ist die Ärztedichte unter 1,9 pro 1.000 Einwohner gefallen – ein kritischer Wert, der heute schon lange Wartezeiten und weite Anfahrtswege für Patienten in diesen Regionen bedeutet.
Ärztedichte im internationalen Vergleich
Deutschland: 4,6 Ärzte pro 1.000 Einwohner
Schweiz: 4,4 Ärzte pro 1.000 Einwohner
Frankreich: 3,3 Ärzte pro 1.000 Einwohner
USA: 2,6 Ärzte pro 1.000 Einwohner
Japan: 2,5 Ärzte pro 1.000 Einwohner
Regionale Unterschiede – Wo die Ärztedichte besonders niedrig ist
Besonders alarmierend ist die Lage der Studie zufolge derzeit in den ländlichen Regionen Bayerns, Sachsens, Mecklenburg-Vorpommerns und Teilen Niedersachsens. Dort gibt es immer weniger Hausärzte und Fachärzte. Viele Praxen bleiben dort mangels geeigneter Nachfolger unbesetzt. Gleichzeitig wächst in den Städten der Konkurrenzdruck – in manchen urbanen Gebieten liegt die Ärztedichte inzwischen bei über 7,0 Ärzten pro 1.000 Einwohner.
Warum sinkt die Ärztedichte in ländlichen Regionen?
Für das Sinken der Ärztedichte in ländlichen Regionen werden mehrere Gründe genannt. Viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte gehen in den Ruhestand, ohne dass sich geeignete Nachfolger finden. Denn noch immer sind die finanziellen und organisatorischen Hürden für eine Niederlassung sehr hoch. Zugleich fehlen auf dem Land oft Anreize wie attraktive Infrastruktur, Schulen oder Karrierechancen für Partnerinnen und Partner, auch fällt der Verdienst eines Hausarztes auf dem Land meist deutlich niedriger aus als bei den Kollegen in der Stadt. Junge Mediziner und Medizinerinnen geben zudem immer öfter den flexiblen Arbeitsmodellen in Kliniken oder MVZs den Vorzug, statt sich zeitlich und finanziell an eine eigene Praxis zu binden.
Wie stark ist der Ärztemangel wirklich? Zahlen & Prognosen
Aktuelle Zahlen der Bundesärztekammer bestätigen die Ergebnisse der Stiftung Gesundheit und zeichnen ein düsteres Bild für die Zukunft: Bis 2035 werden demnach rund 12.000 Hausärzte fehlen, ebenfalls vor allem in strukturschwachen Regionen. Als großes Problem wird hier die Altersstruktur in der Ärzteschaft genannt – aktuell sind etwa 30 Prozent der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte über 60 Jahre alt und werden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Gleichzeitig steigt der Bedarf an ärztlicher Versorgung: Eine alternde Gesellschaft und der Fachkräftemangel in der Pflege führen dazu, dass Patientinnen und Patienten häufiger ärztlichen Rat suchen. Ohne Gegenmaßnahmen drohen längere Wartezeiten, eine Überlastung der Praxen und zunehmende Engpässe in der Notfallversorgung, hier sind sich alle Experten einig.
Was bedeutet die sinkende Ärztedichte für Patienten?
Die Folgen des Ärztemangels sind für viele Patientinnen und Patienten bereits spürbar. Besonders bei Facharztterminen müssen sie mit langen Wartezeiten rechnen – insbesondere in der Kardiologie, Orthopädie, Neurologie und Dermatologie. Gleichzeitig setzen immer mehr Krankenkassen auf Hausarztverträge, um Patientinnen und Patienten frühzeitig an bestimmte Praxen zu binden. Ein weiteres Problem ist die steigende Belastung von Notaufnahmen, da viele Menschen aufgrund fehlender Alternativen die Notfallversorgung in Anspruch nehmen. Dies führt zu längeren Wartezeiten in Kliniken und einer höheren Arbeitsbelastung für medizinisches Personal.
Lösungen für den Ärztemangel – Was muss sich ändern?
Die Politik versucht mit verschiedenen Maßnahmen gegenzusteuern. In einigen Bundesländern gibt es inzwischen eine Landarztquote, die Medizinstudienplätze speziell für angehende Landärzte reserviert. Finanzielle Förderungen sollen zudem die Niederlassung in unterversorgten Gebieten attraktiver machen. Gleichzeitig setzt man verstärkt auf Digitalisierung: Telemedizinische Angebote sollen Versorgungslücken schließen und den Zugang zur ärztlichen Beratung erleichtern. Kritiker warnen jedoch, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen, um den strukturellen Ärztemangel langfristig zu beheben.
Lösungsansätze aus anderen Ländern
Andere Länder haben bereits Strategien entwickelt, um den Ärztemangel zu bekämpfen. In Skandinavien spielen beispielsweise die digitalen Sprechstunden eine zentrale Rolle: Die ärztliche Erstberatung per Videochat ist hier gängiger Standard, um Patienten lange Wege und Wartezeiten zu ersparen. Die Niederlande setzen verstärkt auf medizinische Versorgungszentren, in denen mehrere Ärztinnen und Ärzte sowie andere Gesundheitsberufe unter einem Dach zusammenarbeiten. In Kanada hingegen wird die Telemedizin ebenfalls massiv ausgebaut, und Pflegekräfte übernehmen einen größeren Anteil an Routineuntersuchungen und Beratungen.