Personalmangel: Wie man MFA über Zeitarbeit beschäftigen kann und welche Vorteile das bringt
Ina ReinschUm Personalengpässe in der Arztpraxis zu überbrücken, können Praxisinhaberinnen und -inhaber auf den Einsatz von MFA über Zeitarbeitsfirmen zurückgreifen. Worauf sie dabei achten sollten und worin die Vorteile liegen könnten.
Die Personalnot in deutschen Arztpraxen ist groß, Medizinische Fachangestellte (MFA) lassen sich schwer finden. Laut der Fachkräfteengpass-Analyse 2023 der Bundesagentur für Arbeit gibt es nur zwei Berufe, in denen Bewerber noch rarer sind und sich Stellen noch schlechter besetzen lassen als im Beruf der MFA: Pflegeberufe und Berufskraftfahrer.
Bleiben Stellen in der Arztpraxis zu lange unbesetzt, weil sich keine geeigneten Bewerberinnen und Bewerber finden, schlägt das auf das verbleibende Team durch: Mehrarbeit und Überlastung führen zu Unzufriedenheit, einem höheren Krankenstand und möglicherweise zu weiteren Kündigungen. Doch wie lässt sich das Team zumindest kurz- und mittelfristig entlasten, bis eine Stelle endgültig besetzt werden kann? Ist der Einsatz von Zeitarbeitskräften eine Lösung? Und was kostet das Ganze?
Arbeitsvertrag nur zwischen Zeitarbeitsfirma und Leih-MFA
Leiharbeit, Zeitarbeit, Arbeitnehmerüberlassung – im Prinzip meinen die Begriffe alle dasselbe: die zeitliche begrenzte Überlassung von Arbeitskräften durch ein Zeitarbeitsunternehmen (Verleiher) an ein anderes Unternehmen (Entleiher). Der Leiharbeitnehmer ist dabei bei der Zeitarbeitsfirma angestellt und wird auch von dieser bezahlt. Nur mit dieser hat er einen Arbeitsvertrag. Die Zeitarbeitsfirma ist auch für die Gewährung des Urlaubs und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zuständig. Der Leiharbeitnehmer arbeitet aber beim Entleiher – in diesem Fall in der Arztpraxis – und ist an die Weisungen des dortigen Chefs gebunden. Im Rahmen der Zeitarbeit verleiht der Personaldienstleister nämlich den Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit an die Arztpraxis, die gerade Arbeitskräfte benötigt.
Zwischen einer Zeitarbeitsfirma und der Arztpraxis, die eine MFA über die Zeitarbeitsfirma einsetzt, wird ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag geschlossen. Für diesen war früher die Schriftform erforderlich, das heißt, beide Parteien mussten auf derselben Urkunde eigenhändig unterschreiben. Nach dem Bürokratieentlastungsgesetz IV dürfen Arbeitnehmerüberlassungsverträge nun auch per E-Mail oder Textnachricht geschlossen werden. In dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag sind die Einzelheiten der Überlassung geregelt, unter anderem
die Dauer der Überlassung,
die Arbeitszeiten,
eine Überstundenregelung,
die erforderliche berufliche Qualifikation des Mitarbeiters,
die genaue Tätigkeit des Mitarbeiters,
der Verrechnungssatz, den die Praxis für den Zeitarbeiter an den Personaldienstleister monatlich bezahlen muss,
die Erlaubnis des Entleihers zur Arbeitnehmerüberlassung.
Keine Benachteiligung der Zeitarbeitskräfte
Seit der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Jahr 2017 haben alle Zeitarbeiter einen Anspruch auf die gleiche Bezahlung wie die Stammbelegschaft im Unternehmen des Entleihers, wenn sie für mindestens neun Monate dort beschäftigt sind. Das ist beim Einsatz von MFA über eine Zeitarbeitsfirma aber eher eine theoretische Überlegung. Denn in der Regel müssen Praxisinhaber hier noch etwas drauf legen, denn MFA sind sehr gefragt. Für den Praxisinhaber wird es außerdem teurer, weil das Zeitarbeitsunternehmen auch noch etwas verdienen will.
Erhält die über eine Zeitarbeitsfirma temporär in der Praxis beschäftigte MFA mehr Gehalt als die festangestellten Kräfte, obwohl sie als Neuling weniger Aufgaben übernehmen kann, kann das schnell zu Unmut in der Belegschaft führen. Doch manchmal lassen sich Personallücken kurzfristig nicht anders schließen.
Doch nicht nur beim Arbeitslohn müssen die Leiharbeitnehmer der Stammbelegschaft gleichgestellt werden, sondern auch bei anderen wesentlichen Arbeitsbedingungen. Außerdem dürfen Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 Monate beim selben Entleiher beschäftigt werden, sofern die Tätigkeit nicht für mehr als drei Monate (ohne Urlaub und Erkrankung) unterbrochen wird. Daher eignet sich Leiharbeit beispielsweise gut, um mit einer über eine Leiharbeitsfirma beschäftigten MFA die Elternzeit einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters zu überbrücken.
Doch wer haftet eigentlich, wenn die sogenannte Leih-MFA in der Arztpraxis einen Schaden verursacht? Hat die Leiharbeitsfirma den Leiharbeitnehmer richtig ausgewählt, haftet nur der Entleiher, also der Praxisinhaber, da er die Aufsicht über die Tätigkeit der MFA und das Weisungsrecht hat. Für die richtige Auswahl kommt es daher auf die Qualifikations-Vorgaben im Überlassungsvertrag an, die so genau wie möglich gefasst werden sollten.
Aber was bewegt MFA eigentlich, über eine Zeitarbeitsfirma zu arbeiten und sich nicht direkt in einer Arztpraxis anstellen zu lassen? Oft sind es Wiedereinsteigerinnen nach einer Familienpause oder Berufsrückkehrer, die erst einmal Erfahrungen sammeln und sich in verschiedenen Bereichen umsehen wollen, bevor sie sich wieder fest binden.
Auch in der Zeitarbeit sind MFA Mangelware
Wer als Praxisinhaber eine MFA über eine Leiharbeitsfirma in seiner Praxis beschäftigen möchte, benötigt allerdings ein wenig Glück. Denn es sind nicht viele, die über eine Zeitarbeitsfirma nach Arbeit in einer Arztpraxis suchen. Die Zeitarbeitsfirma Randstad etwa gibt an, dass sie selbst definitiv einen Bedarf an MFA in diversen Praxen sehe, dieses Profil aber nur gelegentlich in der Arbeitnehmerüberlassung vermittle. Sie stellten ihren Kunden diese Qualifikation eher im Rahmen der Personalvermittlung zur Verfügung und sähen hier auch eine steigende Nachfrage.
Doch wenn alles passt, kann es vorkommen, dass der über eine Leiharbeitsfirma beschäftigten Mitarbeiterin ihr Einsatzort so gut gefällt, dass sie die Leiharbeit an den Nagel hängt und fest beim Entleiher in der Arztpraxis einsteigt. Für die Praxis wäre das ein echter Glückstreffer.
Was kostet ein Leiharbeitnehmer?
Eine MFA über eine Leiharbeitsfirma einzustellen, ist für Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber teurer, als eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter selbst in der Praxis zu beschäftigen, denn die Zeitarbeitsfirma verdient mit. Für einen Leiharbeitnehmer/eine Leiharbeitnehmerin zahlen Arbeitgeber nach Branchenschätzungen mindestens ein Drittel mehr als für festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das klingt erst einmal viel. Allerdings gibt es zwei Punkte zu bedenken: Wenn Ärzte auf dem Arbeitsmarkt keine MFA finden und das Team chronisch überlastet ist, ist vielleicht auch eine teure Zeitarbeitskraft ihr Geld wert. Außerdem hat der Arzt oder die Ärztin nicht die Verpflichtungen eines Arbeitgebers, schuldet also keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und muss nicht kündigen.