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Arzthaftungsrecht

Es ist eine tragische Geschichte. Ein junger Mann muss im Krankenhaus behandelt werden. Durch einen Behandlungsfehler erleidet er einen hypoxischen Hirnschaden, ein apallisches Syndrom, eine hochgradige spastische Tetraparese mit Schluckstörungen. Fortan kann er nicht mehr sprechen, leidet unter einer Globalinkontinenz und ist bis zu seinem Tod auf eine PEG-Versorgung angewiesen.

Aus diesem Grund spricht das Landgericht Bonn den Eltern – und damit den Erben des verstorbenen Patienten – ein Schmerzensgeld in Höhe von 200.000 Euro zu (Az. 9 O 425/08).

Zudem stellt das Gericht fest, dass der Krankenhausträger verpflichtet ist, den Eltern alle weiteren vergangenen und zukünftigen materiellen Schäden sowie alle weiteren zukünftigen, nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, die auf die schicksalhafte Fehl-Behandlung ihres Sohnes zurückgehen. Diesen Richterspruch interpretieren die Eltern allerdings mehr als großzügig.

Wenn die Forderungen deutlich über den materiellen Schaden hinausgehen

Sie fordern nun – unter anderem – mehr als anderthalb Millionen Euro vom Klinikträger. Diese Kosten seien allein für die Anschaffung eines behindertengerechten Fahrzeuges für ihren Sohn sowie die Umbaumaßnahmen in dessen Haus entstanden. Das Gericht bejahte die Ansprüche zwar dem Grund nach zwar, gab den Eltern aber dennoch nicht in vollem Umfang Recht.

Der Grund: Geschädigte bzw. deren Erben dürfen nach der Rechtsprechung nur in dem Umfang Ersatz für ihren räumlichen und ausstattungsmäßigen Mehrbedarf verlangen, den ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage getroffen hätte.

Entsprechend durften die Eltern vorliegend auch nicht sämtliche beim Bau oder Kauf eines behindertengerechten Hauses entstehende Kosten als Schadenersatz verlangen. Andernfalls würde der Schädiger – vorliegend der Krankenhausträger – das gesamte Wohneigentum des Betroffenen bezahlen. Ein solcher Ansatz aber ginge weit über den gesetzlichen Zweck des Schadenersatzes hinaus.

Maßnahmen müssen sich mit dem Mehrbedarf des Patienten begründen lassen

Erstattungsfähig waren nach Meinung des Gerichts daher zwar – unter anderem – der überdachten Außenlift mit Nebenkosten, die Zufahrtsrampe zum Eingang, die Kosten eines großen Warmwasserspeichers und einer Eckbadewanne, damit der Patient heiße Bäder nehmen konnte sowie diverse Sanitärrechnungen. Auch Einrichtungen für die polnischen Pflegekräfte und die Nachtwachen sowie die Kosten der Absenkung des Randsteins musste die Klinik erstatten. Gleiches galt für die Ausstattung des Hauses mit einem Kamin, weil die von ihm ausgehende Wärme nach dem unwidersprochenen Klägervortrag „der Entspannung des Patienten zuträglich war“.

Dass dessen Eltern allerdings einen edlen Sandsteinkamin und keinen preiswerten Kaminofen hatten einbauen lassen, war aus Sicht des Gerichts nicht nötig – und deshalb von der Klinik auch nicht zu bezahlen, da sich ein verständiger Geschädigter mit einem kostengünstigeren Kamin begnügt hätte.

Gleiches gilt für die Tatsache, dass die pflegenden Eltern sich in ihrer Einliegerwohnung eine Sauna hatten einbauen lassen. Auch diese Maßnahme ließ sich laut dem Gericht nicht mit dem Mehrbedarf des Patienten rechtfertigen. Die Kosten sind entsprechend nicht von der Klinik zu erstatten (OLG Köln, Az. 5 U 88/22).

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