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Onkologie

Körperliche Aktivität wirkt sich in vielerlei Hinsicht positiv aus; ein Aspekt ist die Krebsprävention. Dabei ist die Assoziation zwischen Bewegungsintensität und bestimmten Krebsentitäten wie Brust- oder Darmkrebs dosisabhängig: Für intensive körperliche Aktivität (Vigorous Physical Activity [VPA]) wurde eine größere Risikoreduktion gefunden als für niedrige Intensitäten. Doch leider sind nicht nur die positiven Aspekte vielfältig, sondern auch die Hürden, die mehr Bewegung entgegenstehen, wie das Autorenteam der UK Biobank Accelerometry Study erklärt. Wenig attraktiv und für viele gar nicht zugänglich seien strukturierte längere Einheiten von traditionellen intensiven Bewegungsübungen, obwohl sie eine zeiteffiziente Möglichkeit sind, den für die Krebsprävention empfohlenen Bewegungsumfang zu erreichen.

Den Effekt von Treppensteigen und zügigem Gehen nicht unterschätzen

Die Studie untersuchte daher stattdessen den Einfluss kurzer in den normalen Alltag integrierter Bewegungsphasen von einer bis zwei Minuten Länge auf das Auftreten von Krebserkrankungen. Diese Vigorous Intermittent Lifestyle Physical Activity (VILPA) genannten Alltagssport-Happen können Abschnitte sehr schnellen Gehens oder schnellen Treppensteigens sein und seien von den üblichen Bewegungsfragebögen nicht zu erfassen, geben die Autoren zu bedenken. Vielmehr brauche es hierfür die mittlerweile weitverbreiteten Fitnesstracker. 

Genau solche Daten stehen in der UK Biobank Wrist Accelerometry Substudy zur Verfügung. Die Forscher schlossen daraus 22.398 im Mittel 62 Jahre alte Teilnehmende ein, die als Nichtaktive klassifiziert waren: Sie hatten keinerlei Freizeitbewegungsaktivitäten berichtet und nur einen oder weniger Spaziergänge pro Woche. Ausgeschlossen waren Menschen, die bereits an Krebs erkrankt waren oder innerhalb des ersten Jahres nach Baseline Krebs entwickelten.

Im Median erreichten die Teilnehmenden 4,5 Minuten an intensiver Alltagsbewegung pro Tag. Die Wissenschaftler analysierten dabei intensive Bewegungsphasen von bis zu einer und von bis zu zwei Minuten Länge: Für beide Intervalllängen fanden sie eine nahezu lineare Assoziation mit der Inzidenz von Krebs insgesamt und von Krebsarten, von denen ein Zusammenhang mit Bewegung bekannt ist. Für Letztere waren die Dosis-Wirkungs-Kurven steiler und die Größenordnung der Risikoreduktion deutlicher als für Krebs insgesamt. So war zum Beispiel die mediane VILPA-Dauer von täglich insgesamt 4,5 Minuten mit einer Hazard Ratio von 0,80 für Krebs insgesamt und von 0,69 für bewegungsabhängige Krebsarten assoziiert. 

Selbst wenig Bewegung hat bereits einen positiven Effekt

Die Minimaldosis an intensiven Alltagsaktivitäten, definiert als Dosis mit 50 Prozent der optimalen Risikoreduktion, lag bei den bis zu einminütigen Einheiten bei 3,4 Minuten pro Tag für Krebs insgesamt und bei 3,7 Minuten für bewegungsabhängige Krebsarten. Teilnehmende, die dies erreichten, erzielten eine 17- bis 18-prozentige Reduktion des Krebsrisikos verglichen mit jenen ohne intensive Alltagsbewegung.

Bis zu 16 Minuten intensive Alltagsbewegungen verzeichneten die Studienautoren. Zwar war die Risikoreduktion im unteren Bereich der Verteilung bis vier oder fünf Minuten pro Tag steiler, doch auch höhere VILPA-Umfänge erzeugten einen zusätzlichen Benefit. Als Vergleich geben die Autoren an, dass ein Anstieg der kardiorespiratorischen Fitness um ein metabolisches Äquivalent (3,5 ml Sauerstoffaufnahme pro Kilogramm und Minute) mit einer Reduktion des Krebsrisikos insgesamt von sieben Prozent assoziiert ist.

Die UK-Biobank-Kohorte

Die UK Biobank ist eine biomedizinische Datenbank mit seit 2006 gesammelten anonymisierten genetischen Daten von 500.000 Einwohnern Großbritanniens sowie deren Lebensstil- und Gesundheitsinformationen. Sie kann von Forschenden weltweit genutzt werden; die Autorinnen und Autoren der vorliegenden Arbeit kommen zum Beispiel aus Australien.

Quelle:

Stamatakis E et al. JAMA Oncol. 2023;9:1255–1259