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Medizin

Je älter Menschen werden, desto mehr häufen sich auch Infektionskrankheiten, die mit höherer Wahrscheinlichkeit tödlich verlaufen. Als Ursachen dafür nennen Prof. Roland Nau vom Geriatrischen Zentrum des Evangelischen Krankenhauses Göttingen-Weende und seine Co-Autorinnen und -autoren in einem Fortbildungsbeitrag, dass die Diagnose der Infektion oft verspätet erfolgt. Denn Infektionserkrankungen verlaufen bei älteren Menschen häufig atypisch; so könnten sich eine Pneumonie als Desorientiertheit bis hin zum Delir und ein Harnwegs­infekt als Abgeschlagenheit äußern. Hinzu kommt, dass Ältere meist viele Begleit­erkrankungen aufweisen, dass die Inzidenz für eine Sepsis im Alter steigt und die Körperfunktionen insbesondere von Niere und Lunge sowie des Immunsystems nachlassen. Aber auch die unerwünschten Wirkungen von Medikamenten tragen zur erhöhten Infektanfälligkeit der Senioren bei.

Ist es eine Infektion?    

Es gibt einige Probleme, die laut Nau und Autorenteam bei älteren Personen auf eine Infektion hinweisen können, und denen entsprechend nachgegangen werden muss:

  • ungeklärte Funktions- oder ­Verhaltensänderung,

  • plötzliche Desorientiertheit oder ­Halluzinationen bis zum Delir,

  • erstmaliges Auftreten von ­epileptischen Anfällen,

  • Unruhe oder Apathie,

  • Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Dehydrierung,

  • Schwindel und Stürze,

  • Harninkontinenz,

  • gesteigerte Atemfrequenz, Herzrasen,

  • plötzliche Herzinsuffizienz sowie

  • neu aufgetretene fokal-neurologische Defizite.

Um eine Infektion festzustellen, empfehlen die Expertinnen und Experten die mikrobiologische Diagnostik der Körperflüssigkeit und gegebenenfalls des Sekrets aus dem erkrankten Organ. Zusätzlich sollten im Blut befindliche Krankheitserreger kulturell angezüchtet werden. Hingegen dürfe die Sensitivität von C-reaktivem Protein (CRP) und Procalcitonin im Blutserum nicht überschätzt werden, warnen sie. Denn auch lebensbedrohliche Infektionen könnten mit einem normalen CRP- und Procalcitonin-Wert einhergehen, wenn sie abgekapselt sind.

Infektionsprophylaxe bei älteren Menschen essenziell 

Um Infektionen beim älteren Menschen zu verhüten, empfehlen Nau und sein Autorenteam eine adäquate Ernährung sowie die Diagnose und Behandlung von Schluckstörungen, obgleich bei hochgradigen Schluckstörungen eine Magensonde oder eine perkutane endoskopische Gastrostomie nötig wird. Zudem sollten die Betroffenen frühzeitig dabei unterstützt werden, mobil zu bleiben. Darüber hinaus sollten Blasenkatheter und venöse Zugänge zeitnah entfernt werden. Wichtig seien zudem Impfungen, unter anderem gegen Influenza, Pneumokokken, Varizella-Zoster-Virus und COVID-19.

Warum manche Menschen kein Fieber bekommen

Die Temperaturerhöhung ist bei älteren Patientinnen und Patienten weniger ausgeprägt. Im Verlauf einer Infektions­erkrankung kommt es deshalb im Gegensatz zu jungen Menschen kaum noch zu Fieber. Sogar bei einer Sepsis kann es sein, dass kein Fieber entsteht. Dies erschwert die Diagnose einer Infektion.

Quelle:

Nau R et al. NeuroTransmitter 2021; Ausgabe 1-2