Bei Gewitter droht Thunderstorm-Asthma
Dr. Dagmar van ThielGewitter können bei Menschen, die gegen aerogene Allergene sensibilisiert sind, Asthma-Anfälle oder schwere Formen einer allergischen Rhinitis auslösen. Aber auch Personen mit saisonaler allergischer Rhinitis ohne bisherige Asthma-Symptome können im Verlauf eines Gewitters schwere Bronchialobstruktionen erleiden.
Was ist ein Gewitter- oder Thunderstorm-Asthma?
Wenn etwa 20 bis 30 Minuten nach Ausbruch eines Gewitters heftige allergische Symptome auftreten, sprechen Wissenschaftler von einem Gewitter- oder auch Thunderstorm-Asthma. Von dem Phänomen sind in der Regel Patienten betroffen, die bereits an allergischem Asthma oder allergischer Rhinitis leiden. Aber Gewitter-Asthma kann auch bei Personen auftreten, die bis dahin keine Asthma-Symptome entwickelt hatten. In diesen Fällen führt offensichtlich die besonders starke Ballung von Allergenen in der Atmosphäre zu einem erstmaligen Anfall eines bislang unentdeckten Asthmas.
Geballte Allergenladung kann Asthma-Attacke auslösen
Die Vorgänge bei der Entstehung von Thunderstorm-Asthma werden unter anderem in Publikationen des Helmholtz Zentrums München und des Polleninformationsdienstes damit erklärt, dass die Gewitterwinde viele Allergene wie Pollen und Pilzsporen sowie Schadstoffe gleich einem Staubsauger ansaugen und durch die Luft wirbeln. Zusammen mit Fallwinden wird die hoch konzentrierte Teilchenmixtur dann in die Bodennähe geblasen. Diese Verdichtung des Gemisches aus Reizstoffen scheint verantwortlich für die Häufung allergischer Symptome zu sein. Die Experten raten, gefährdete Personen sollten bei Gewitter den Aufenthalt im Freien meiden oder über die Nase durch ein Tuch einatmen und über den unbedeckten Mund ausatmen.
Eingrenzbares Phänomen Gewitter-Asthma
Ein Gewitter lässt die Konzentration aerogener Allergene, vor allem Pollen, vorübergehend ansteigen, wohingegen die Pollen bei normalem Regenwetter gänzlich aus der Luft gewaschen werden.
Am häufigsten kommt Asthma oder starke Symptome einer allergischen Rhinitis während Gewittern im Frühling und im Sommer vor, also in Phasen, in denen ohnehin ein starker Pollenflug herrscht.
Ein gesteigertes Risiko für Gewitter-Asthma haben besonders Menschen mit Bronchialasthma, die nicht ausreichend therapiert sind.
Für Menschen mit Pollenallergie, die während eines Gewitters in Innenräumen verbleiben, besteht kein Risiko eines Gewitter-Asthmas.
Eine unmittelbare Behandlung von Gewitter-Asthma entspricht den Maßnahmen wie bei jedem Asthma-Anfall. Die Akutapplikation von Bronchodilatatoren entlastet die Patienten rasch von der bedrohlichen Symptomatik.
Fatales Gewitter-Asthma-Ereignis
Das Thunderstorm-Asthma machte weltweit traurige Schlagzeilen, als 2016 im australischen Melbourne nach einem schweren Gewittersturm mehrere Tausend Personen wegen asthmatischer und allergischer Beschwerden stationär eingewiesen werden mussten und acht Menschen starben. In Deutschland trat das Phänomen Gewitter-Asthma bisher nur selten auf.
Zukunftsszenario: Mehr Patienten mit Thunderstorm-Asthma
Forscher erwarten, dass Menschen mit Heuschnupfen und Asthma aufgrund des Klimawandels und gehäufter extremer Wetterereignisse zukünftig vermehrt von Gewitter-Asthma betroffen sein könnten. Dabei könnten auch infolge der Erderwärmung eingewanderte Pflanzen (Neophyten) eine verstärkte Rolle spielen.