Masernschutzgesetz: Eltern und Ärzte legen Verfassungsbeschwerde ein
A&W RedaktionPünktlich zum Inkrafttreten des „Masernschutzgesetzes“ am 1. März 2020 wurden gegen die gesetzlichen Bestimmungen die ersten Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Unter den Klagenden sind auch Ärzte.
Insgesamt wollen mindestens vier Familien sowie eine Ärztin und ein Arzt klagen. Die Einsprüche werden unterstützt von den Vereinen „Initiative freie Impfentscheidung e. V.“ sowie „Ärzte für individuelle Impfentscheidung e.V .“
Die ersten Beschwerdeführer sind zwei Familien aus Hessen und Sachsen, die ihr Kind demnächst in eine Kita- oder Kindergarten-Betreuung geben wollen, sowie zwei Familien aus Schleswig-Holstein und Sachsen, die ihr Kind ab 1. April 2020 bzw. 1. Mai 2020 bei einer Tagesmutter zur Kindertagespflege angemeldet haben und deren Kinder nicht aufgenommen werden dürfen, weil die Eltern den Impfzwang ablehnen.
In zwei dringlichen Fällen, in denen die Eltern nach der Elternzeit wieder in ihren Beruf zurückkehren müssen und die Kinderbetreuung deshalb von existenzieller Bedeutung ist, werden die Verfassungsbeschwerden mit einem Antrag auf eine Einstweilige Anordnung zur vorläufigen Aussetzung des „Masernschutzgesetzes“ verbunden.
Weitere Verfassungsbeschwerden sind in Vorbereitung. Sie betreffen unter anderem Kinder, die im Sommer neu in die Schule kommen sollen. Hier geht zwar die Schulpflicht der Impfpflicht vor, sodass die Einschulung nicht in Frage steht; den Eltern von nicht gegen Masern geimpften Kindern drohen jedoch Verfügungen vom Gesundheitsamt und letztlich Bußgelder bis 2.500 Euro und/oder Zwangsgelder, um die Masernimpfung durchzusetzen.
Die Verfassungsbeschwerden der Eltern stützen sich auf das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit der Kinder (Art. 2 Abs. 2 GG), auf das Elternrecht auf Erziehung (Art. 6 Abs. 2 GG) und auf eine Verletzung der Gleichheitsrechte (Art. 3 Abs. 1 GG).
Außer den genannten Eltern klagen eine Kinderärztin aus Sachsen und ein Kinderarzt aus Baden-Württemberg – nicht weil sie selbst der Impfpflicht unterliegen, sondern “wegen des staatlichen Eingriffs in das Arzt-Patienten-Verhältnis, und weil das „Masernschutzgesetz“ die Einwilligung der Eltern in die Impfung dadurch entwertet, dass sie sie erzwingt”.
Parallel sind ab Inkrafttreten des Gesetzes auch mehrere Klagen eines einfachgerichtlichen Rechtsschutzes in Vorbereitung, mit denen die Instanzgerichte zu einer sogenannten Richtervorlage an das Bundesverfassungsgericht (konkrete Normenkontrolle) veranlasst werden sollen, um die Verfassungswidrigkeit einzelner Bestimmungen zu prüfen. Am Ende des Instanzenweges könnte eine sogenannte Urteilsverfassungsbeschwerde erneut den Weg nach Karlsruhe eröffnen.
Wie die beden Vereine betonen, richten sich die von ihnen unterstützten Verfassungsbeschwerden aber trotzdem nicht gegen Impfungen als solche. Es geht allein darum, klären zu lassen, ob das „Masernschutzgesetz“ tatsächlich verfassungskonform oder ein Impfzwang gegen Masern grundrechtswidrig ist.