Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis
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CDU/CSU: Fokus auf Dualität im Gesundheitswesen und Frauengesundheit

Die Unionsparteien setzen in ihrem Programm auf „Grundpfeiler des deutschen Gesundheitssystems mit seiner bewährten Selbstverwaltung“ und wollen die Dualität von gesetzlicher und privater Krankenversicherung beibehalten. Dazu möchten sie den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen stärken und Beitragsgelder effizienter einsetzen. Im ambulanten Sektor sollen Haus- und Kinderarztpraxen innovativ weiterentwickelt werden. Ihnen soll eine stärkere Steuerungsfunktion der Patienten zuteilwerden – mit dem Ziel, die Wartezeiten auf Arzttermine zu senken und Behandlungsabläufe besser zu koordinieren.

Die Gesundheit von Frauen will die Union laut Wahlprogramm stärker in den Blick nehmen. Es bestünden zwischen Männern und Frauen „zum Teil noch große Unterschiede bei Prävention, Entstehung, Diagnose, Therapie und der Erforschung von Erkrankungen“. Bei einer möglichen Regierungsbeteiligung soll es deshalb Konzepte und Maßnahmen geben, um Frauen in der Gesundheitsversorgung und -bildung besser zu erreichen. In diesem Zusammenhang sprechen die Christdemokraten auch von einem „differenzierten und geschlechtergerechten Vorgehen in Forschung und Versorgung“. Was die Gesundheit aller Patientinnen und Patienten betrifft, plant die Partei verbesserte Präventionsangebote und ein einheitliches Antragsverfahren für Reha-Maßnahmen.

Im stationären Bereich soll ein kalter Strukturwandel in der Krankenhauslandschaft verhindert werden. Die von der Ampel-Regierung noch beschlossene Krankenhausreform möchte die Union dem Vernehmen nach korrigieren. Ziel sei es, die stationäre Versorgung mit einer flächendeckenden Grund- und Regelversorgung insbesondere im ländlichen Raum zu erhalten.    

Wie es mit der vom Bundestag beschlossenen Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen im Zuge des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes weitergeht, lassen CDU und CSU in ihrem Wahlprogramm offen.

SPD: Entbudgetierung, Termingarantie und Bürgerversicherung im Wahlprogramm

Die SPD stellte in der vergangenen Legislaturperiode den Gesundheitsminister mit Karl Lauterbach und dessen Handschrift wird im Wahlprogramm auch erkennbar. So will die Partei zur Stärkung der ambulanten Versorgung die vorbereitete Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte umsetzen und die Gründung von kommunalen MVZ erleichtern. Gleichzeitig planen die Sozialdemokraten, Wartezeiten für Arzttermine durch eine Termingarantie zu verringern. Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen sollen zu dieser verpflichtet werden, bei Nichteinhaltung der Termingarantie sollen gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf Beitragsreduzierungen haben. Die sogenannten Gesundheitskioske, für die sich Lauterbach zuletzt immer wieder stark gemacht hat, werden im Wahlprogramm auch wieder erwähnt.

Bei der Krankenversicherung setzt die SPD weiterhin auf eine Bürgerversicherung. Zu diesem Zweck sollen die privaten Krankenversicherungen zum Risikostrukturausgleich der gesetzlichen Krankenkassen untereinander beitragen. Um die Beiträge für Versicherte sowie Arbeitgeber stabil zu halten, sollen versicherungsfremde Leistungen der Kassen verstärkt aus Steuermitteln finanziert werden.

Die SPD will außerdem die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter voranbringen. Große Chancen für eine verbesserte Versorgung sieht die Partei in der Einführung der elektronischen Patientenakte und in der Dokumentation und Diagnostik durch KI. Die ePA soll „zu einem persönlichen Gesundheitsberater für die Versicherten“ werden, heißt es im Programm.    

Die Grünen: Bessere Vernetzung der Gesundheitsberufe und mehr Forschung bei Long COVID

Ein großes Ziel im Wahlprogramm der Grünen ist eine gute Gesundheitsversorgung auch in unterversorgten Gebieten. Dieses Vorhaben will die Partei unter anderem durch Gesundheitsregionen sowie gemeinsame Versorgungszentren, in denen verschiedene Therapie- und Pflegeberufe unter einem Dach zusammenarbeiten, lösen. Die Primärversorgung durch Haus-ärztinnen und -ärzte soll gestärkt werden.

Ähnlich wie die SPD plädieren die Grünen ebenfalls für eine Bürgerversicherung. Sie wollen die privaten Krankenversicherer stärker in den solidarischen Finanzausgleich einbeziehen und die Beitragsbemessung reformieren, indem sie laut Wahlprogramm auch Kapitaleinnahmen zur Finanzierung des Gesundheits- und Pflegesystems heranziehen.

Die vom Ampel-Bündnis auf den Weg gebrachte Krankenhausreform soll nach dem Willen der Grünen nachgebessert werden: Konkret möchten sie die Länder in der Umsetzung stärker mit einbeziehen und sowohl gesetzliche als auch private Krankenversicherungen an den Kosten beteiligen. Weiter setzt sich die Partei für eine Reform der Notfallversorgung und des Rettungsdienstes ein, außerdem sollen Gesundheitsberufe mehr Kompetenzen erhalten, ohne hier Details zu nennen.

Einen weiteren inhaltlichen Schwerpunkt in ihrer Gesundheitspolitik wollen die Grünen bei der Forschung zu ME/CFS und Long COVID setzen. Geplant ist demnach, Projekte zur Ursachen- und Versorgungsforschung zu finanzieren und voranzutreiben. Die Parteivertreter schlagen zudem einen Bund-Länder-Pakt für mentale Gesundheit vor, um möglichst niedrigschwellige Zugänge zu psychosozialen und therapeutischen Angeboten zu gewährleisten.

FDP: GKV-Leistungen auf Wirtschaftlichkeit prüfen,digitale Angebote zur Prävention nutzen

In der ambulanten Versorgung sollen laut der FDP Haus- und Kinderärzte die erste Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten sein. Damit befürwortet die Partei in ihrem Wahlprogramm auch ein Primärarztsystem. Sie betont die Freiberuflichkeit im Gesundheitswesen, in der Leistungserbringer „in medizinischen Fragen autonom und frei von Weisungen Dritter entscheiden können“. Die Therapiefreiheit der Behandlung ohne Budgetierungszwang komme den Patientinnen und Patienten zugute, so die Liberalen. Um die ambulante Versorgung weiter zu stärken, müsse eine ungekürzte Vergütung aller Gesundheitsberufe leistungsgerecht erfolgen, heißt es weiter.

Das duale System aus gesetzlicher (GKV) und privater Krankenversicherung soll beibehalten werden. Eine Bürgerversicherung lehnt die FDP ab. In beiden Versicherungssystemen ist laut FDP-Programm eine Stärkung der Wechsel- und Wahlfreiheit der Versicherten geplant. GKV-Leistungen sollen auf ihre Wirtschaftlichkeit, Evidenz und Effizienz untersucht und gegebenenfalls aus dem Katalog gestrichen werden.    

In ihrer Präventionsstrategie setzen die Liberalen auf digitale Angebote wie Gesundheits-Apps, Telemedizin und Wearables. Wer entsprechende Vorsorge betreibt, soll nach Angaben der FDP die Möglichkeit bekommen, von der Krankenkasse einen reduzierten Zusatzbeitrag als Belohnung zu erhalten. Niedrigschwellige, digitale Angebote kündigt die Partei außerdem für den Bereich Mental Health an.

AfD: Gesundheitsleistungen auf dem Prüfstand, harte Linie bei Geschlechtsbehandlungen

Die AfD sieht die ambulante Versorgung, insbesondere im fachärztlichen Bereich, an ihre Grenzen gestoßen. Verantwortlich dafür macht die Partei die Budgetierung ärztlicher Leistungen. Diese will sie laut ihrem Wahlprogramm beenden sowie gestaffelte Bonus- und Rückvergütungssysteme einführen. Diese Maßnahme soll die „ungesteuerte Leistungsausweitung durch Bagatellbehandlungen“ eindämmen, heißt es im AfD-Papier. Sie befürwortet die Speicherung eines Notfalldatensatzes, einschließlich eines Medikamentenplans und einer Patientenverfügung auf der Krankenversicherungskarte.

Eingriffe im Zusammenhang mit der Geschlechtsidentität will die AfD, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird, verbieten. Dies betreffe zum Beispiel die Verschreibung von Pubertätsblockern. Als Begründung führt die Partei in ihrem Programm „lebenslang psychische und physische Schäden“ an, die solche Maßnahmen bewirkten. Auch eine Legalisierung der Sterbehilfe lehnt die AfD ab und verweist darauf, alle Möglichkeiten der palliativmedizinischen Behandlung zu nutzen. Ebenso will die Partei Schwangerschaftsabbrüche weitgehend einschränken.    

Medizinisches Fachpersonal soll nach dem Willen der AfD über sehr gute Deutschkenntnisse (Sprachniveau C1) verfügen und in ihrer fachlichen Qualifikation dem deutschen Standard entsprechen. Das Angebot an Studienplätzen in der Human- und Zahnmedizin soll ausgeweitet werden, hier seien „Studienplatzbewerber mit deutscher Staatsangehörigkeit“ zu bevorzugen.

Die Linke: Schaffung eines solidarischen Gesundheitssystems

„Beim Zustand des Gesundheitssystems in Deutschland bleibt nur die Hoffnung: Bloß nicht krank werden.“ Mit diesen drastischen Worten leitet die Linkspartei ihr gesundheitspolitisches Programm ein. Sie fordert mehr Solidarität statt Wettbewerb, erreichen will sie das unter anderem mit einer solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung. Hier sollen alle Einkommensgruppen einzahlen, die Beitragsbemessungsgrenze soll wegfallen und auch Privatversicherte sollen mit einbezogen werden.

Im ambulanten Bereich tritt Die Linke für eine flächendeckende, barrierefreie und bedarfsdeckende gesundheitliche Versorgung in Stadt und Land ein. Geplant ist laut Wahlprogramm, die ambulante Versorgung in kommunalen Versorgungszentren mit weiteren Behandlungen zu verbinden – darunter akutstationäre, notfallmedizinische und psychotherapeutische Behandlungen. Investorengetragenen MVZ will die Partei ein Ende bereiten.

Eine zentrale Forderung im Gesundheitsprogramm ist die vollständige Abschaffung der Fallpauschalen. Betreiber von privaten Krankenhäusern sollen ihre Einrichtungen leichter in die öffentliche Hand überführen können. Zu diesem Zweck plant die Linkspartei einen Re-Kommunalisierungsfonds für Kommunen und Länder.

Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): Keine Investorengetriebene Versorgung

„Schluss mit Rendite-Orientierung und Zwei-Klassen-Medizin!“ So formuliert das Bündnis Sahra Wagenknecht die gesundheitspolitische Zielsetzung für die Premiere im Bundestagswahlkampf. Ein Ende der Zwei-Klassen-Medizin will das BSW durch die Abschaffung der Zusatzbeiträge und die Einführung einer Bürgerversicherung, in die „alle Bürger mit ihren Einkommen“ einzahlen sollen.

Mit einer staatlichen Infrastruktur-Garantie soll nach dem Willen des BSW die ambulante und stationäre Versorgung gesichert werden. Krankenhausprivatisierungen und Finanzinvestoren in Arztpraxen lehnt das Bündnis ab. Es fordert stattdessen, Hausärzte „als Ansprechpartner der Patienten“ höher zu vergüten, außerdem will es die Krankenhausreform rückabwickeln. Das Wahlprogramm beinhaltet auch die Forderung nach mehr Medizinstudienplätzen

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