Gewalt gegen Ärzte: Hausarzt in Spenge brutal angegriffen
Marzena SickingEin Hausarzt aus Spenge wurde vor wenigen Tagen von einem Patienten krankenhausreif geprügelt. Politik und Ärzteverbände reagieren entsetzt. Doch leider ist es nicht der erste Vorfall dieser Art.
Ein schockierender Vorfall erschüttert die Ärzteschaft und die Region Ostwestfalen-Lippe: Ein Hausarzt in Spenge wurde von einem Patienten angegriffen und schwer verletzt. Der Mediziner erlitt unter anderem Gesichtsverletzungen und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Der Angriff hat eine breite Welle der Bestürzung ausgelöst – Ärzteverbände, darunter auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), fordern Konsequenzen. „Wir verurteilen diese abscheuliche Tat aufs Schärfste“, erklärt Ärztekammerpräsident Dr. Hans-Albert Gehle. „Gewalt hat in Arztpraxen nichts zu suchen, und das muss endlich auch im Strafrecht deutlich werden.“
Die Tat: Hausarzt von Patient bewusstlos geschlagen
Der Angriff ereignete sich in der Praxis des betroffenen Hausarztes. Laut Berichten der Polizei und Augenzeugen betrat ein Patient die Praxisräume und geriet mit dem Mediziner in eine heftige Auseinandersetzung. Im Verlauf der Eskalation schlug der Täter auf den Arzt ein und verletzte ihn so schwer, dass er bewusstlos zusammenbrach. Ersthelfer kümmerten sich um das Opfer, während der Angreifer überwältigt wurde. Die genauen Hintergründe der Tat sind derzeit Gegenstand polizeilicher Ermittlungen.
Reaktionen: Entsetzen und Forderungen nach Schutzmaßnahmen
Der Angriff auf den Hausarzt in Spenge löste eine breite Welle der Empörung aus. Die KVWL sowie zahlreiche Ärzteverbände äußerten sich bestürzt und fordern verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in Praxen. „Wir sind fassungslos und wütend“, erklärte ein Sprecher der KVWL. Auch die Politik schaltete sich ein: Es müsse geprüft werden, wie Ärztinnen und Ärzte besser vor Gewalt geschützt werden könnten.
Gewalt in Arztpraxen: Ein wachsendes Problem
Tatsächlich sind medizinische Fachkräfte immer häufiger verbalen und körperlichen Angriffen ausgesetzt. Studien zeigen, dass besonders Hausarztpraxen betroffen sind, da dort täglich eine hohe Zahl von Patientinnen und Patienten betreut wird – oft in emotional aufgeheizten Situationen. Experten warnen seit Jahren vor einer zunehmenden Aggression gegenüber medizinischem Personal und fordern mehr Schutzkonzepte sowie eine gesellschaftliche Debatte über den respektvollen Umgang mit medizinischem Personal.
Ärztinnen und Ärzte werden immer häufiger Opfer von Gewalt
Hier einige Beispiele aus den vergangenen 12 Monaten, die aufzeigen, dass der aktuelle Fall leider kein Einzelfall ist:
Tödlicher Angriff auf Ärztin in Offenburg (Februar 2024): Ein Patient griff eine Allgemeinmedizinerin in ihrer Praxis mit einem Messer an und tötete sie. Der Täter war bereits polizeibekannt.
Gewaltvorfälle in Berliner Krankenhäusern (März 2024): Mehrere Notaufnahmen meldeten eine Zunahme von Übergriffen auf medizinisches Personal, vor allem durch aggressive Patienten oder Angehörige.
Angriff in einer Klinik in Hamburg (Januar 2024): Ein Patient attackierte einen Oberarzt während der Visite und verletzte ihn schwer.
Bedrohung einer Kinderärztin in Bayern (November 2023): Eine Ärztin wurde von einem Vater bedroht, weil sie sein Kind impfen wollte. Der Mann musste von der Polizei abgeführt werden.
Laut einer Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) von 2023 gaben über 60 % der niedergelassenen Ärzte an, bereits verbale oder körperliche Angriffe erlebt zu haben. Besonders betroffen sind Notaufnahmen, psychiatrische Einrichtungen und Hausarztpraxen. Die Bundesärztekammer und andere medizinische Institutionen warnen seit Jahren vor einer Zunahme solcher Vorfälle.
Forderungen nach politischen Maßnahmen
Als Reaktion auf den aktuellen Vorfall fordern Ärztevertreter (wieder einmal) schärfere Maßnahmen. Dazu gehören unter anderem mehr Sicherheitspersonal in stark frequentierten Praxen, schnellere juristische Konsequenzen für Gewalttäter und Aufklärungskampagnen über Gewaltprävention im Gesundheitswesen. Auch die Einführung eines „Praxenschutzgesetzes“ steht zur Debatte, das eine bessere Absicherung für Medizinerinnen und Mediziner gewährleisten soll. In vielen europäischen Ländern gibt es bereits vergleichbare Regelungen, um das medizinische Personal besser zu schützen. In Deutschland hatte zwar der Bundestag im vergangenen Jahr noch über eine Strafrechtsverschärfung zum besseren Schutz von Rettungskräften und des Personals in Notaufnahmen beraten, Arztpraxen waren jedoch nicht im Gesetzentwurf enthalten.
Quelle:WDR, Westfalen-Blatt, Neue Westfälische, MSN, Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), BR24, NDR, SWR