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Medizin
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Vorhofflimmern (atrial fibrillation, AF) ist die häufigste kardiale Arrhythmie in der Gesamtbevölkerung. Es ist definiert als eine supraventrikuläre Tachyarrhythmie mit unkoordinierter elektrischer Aktivierung des Vorhofs und folglich ineffektiver Vorhofkontraktion. Es wird nach dem 4S-AF-Schema charakterisiert, das das Schlaganfallrisiko, den Schweregrad der Symptome, den Schweregrad der AF-Last und die Schwere des Substrats (Begleiterkrankungen/kardiovaskuläre Risikofaktoren und Vorhof-Kardiomyopathie) berücksichtigt.

Die Behandlung des Vorhofflimmerns sollte dem ABC-Pfad folgen. A steht für die Antikoagulation zur Schlaganfallvermeidung, B für eine bessere Kontrolle der Symptome und C für das Management von kardiovaskulären Risikofaktoren und Begleiterkrankungen.

Zur Symptomkontrolle wird versucht, den Sinusrhythmus wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten. Die Strategie der Rhythmus-Erhaltung kann eine Kombination von Behandlungsansätzen beinhalten, einschließlich Kardioversion, Antiarrhythmika und Katheterablation. Die primäre Indikation zur Rhythmus-Erhaltung ist die Verringerung der mit dem AF verbundenen Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität.

Symptomkontrolle durch Ablation

Die Ablation ist ein Verfahren, bei dem durch Blutgefäße in der Leiste ein Katheter in das Herz vorgeschoben wird und gezielt Bereiche innerhalb der Herzvorhöfe verödet werden, die für die Entstehung von Vorhofflimmern von Bedeutung sind. Das Verfahren ist schonender als eine klassische Herzoperation, da kein offener Eingriff am Herzen erforderlich ist.

Da bisher keine randomisierte Studie eine signifikante Reduktion der Gesamtmortalität, des Schlaganfalls oder schwerer Blutungen durch die AF-Katheterablation nachweisen konnte (mit Ausnahme von Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion), wurde die Indikation für das Verfahren nicht über die Symptomlinderung hinaus erweitert.

Ein für die Entstehung von Vorhofflimmern wichtiger Ort sind die Lungenveneneinmündungen in den linken Herzvorhof, diese sind das primäre Ziel von Ablationsbehandlungen. Durch die Ablation wird eine Zellschädigung der Herzmuskelzellen an diesem Übergangsbereich hervorgerufen, die eine Weiterleitung der ungeordneten Vorhofflimmer-Ströme aus den Lungenvenen auf das gesamte Herz verhindern sollen. Unterstützt wird dies durch dreidimensionale Mapping-Systeme, die eine genaue Orientierung in den Herzkammern erlauben. Für die Ablation werden verschiedene Techniken verwendet:

  • Bei der Radiofrequenzablation mit dem “high-power/short-duration”-Protokoll wird für sehr kurze Zeitintervalle Hochfrequenzstrom abgegeben, der zu einer starken Erhitzung der oberflächlichen Gewebeschichten führt.

  • Bei der Kryo-Ablation wird statt mit Hitze mit einer starken Abkühlung des Gewebes eine Zellschädigung und schließlich Narbenbildung hervorgerufen. Genutzt werden hierfür spezielle Ballon-Katheter.

  • Die Pulsed-field-ablation (PFA) beruht nicht auf der Nutzung thermischer Reize, sondern auf einer elektrisch vermittelten Schädigung der Zellmembranen

Die Rezidivraten von Vorhofflimmern nach einer solchen Pulmonalvenenisolation (PVI) sind relativ hoch. Daher gibt es Ansätze wie die zusätzliche Substrat-Ablation von atrialen Low-Voltage-Arealen, um die Ergebnisse zu verbessern.

Indikation zur Ablation im Wandel

Einigkeit in den internationalen Leitlinien besteht darin, dass die Ablation nach Scheitern einer medikamentösen antiarrhythmischen Therapie zur symptomatischen Therapie des Vorhofflimmerns eingesetzt werden sollte. In der aktualisierten US-amerikanischen Leitlinie zum Vorhofflimmern wurden die Indikationen zur Ablationsbehandlung erweitert, sie wird jetzt als Erstlinientherapie von Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern sowie einer größeren Gruppe von AF-Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz empfohlen. Dies basiert auf Evidenz zum Beispiel aus der STOP-AF-First-, und der EARLY-AF-Studie.

Die Ablation ist in der US-Leitlinie jetzt auch die Erstlinienempfehlung für Patienten mit Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Funktion, wenn die Person nach individueller Einschätzung höchstwahrscheinlich von der Behandlung profitieren wird. Als Kriterien dafür gelten, dass sich die Person in einer frühen Phase von Vorhofflimmern befindet, sich keine Hinweise auf eine ventrikuläre oder atriale Fibrosierung im MRT ergeben, ein junges Patientenalter vorliegt oder wenn es sich vermutlich um eine Tachymyopathie handelt. Für Patienten mit vermuteter Tachymyopathie ist auch in den europäischen ESC-Leitlinien für Vorhofflimmern schon eine Klasse-I-Empfehlung zur Ablations-Behandlung gegeben.

Aggressive Kontrolle modifizierbarer Risikofaktoren

Mehrere AF-Risikofaktoren wie Hypertonie, obstruktive Schlafapnoe, Hyperlipidämie oder Alkoholkonsum und Rauchen können zur Entwicklung von Substraten des linken Vorhofs beitragen und somit das Ergebnis einer AF-Katheterablation beeinflussen, was zu einer höheren Rezidivrate prädisponiert. Eine aggressive Kontrolle der modifizierbaren Risikofaktoren kann die Rezidivrate senken. Zum Beispiel wird bei adipösen Patienten mit Vorhofflimmern generell eine Gewichtsreduktion empfohlen, insbesondere aber wenn eine AF-Ablation durchgeführt werden soll.

Nachsorge nach der Katheterablation

Schlüsselthemen der Nachsorge nach Vorhofflimmer-Katheterablation sind die Erkennung und Behandlung von Komplikationen wie atrioösophagealen Fisteln oder Pulmonalvenenstenose, die Überwachung zur Beurteilung des Verfahrenserfolgs und zur Korrelation des Symptomstatus mit dem Herzrhythmus, das Management der Antiarrhythmika-Medikation und der Antikoagulationstherapie sowie die Behandlung von AF-Rezidiven. Im Allgemeinen wird die orale Antikoagulation bei allen Patienten nach der Ablation für zwei Monate fortgesetzt. Nach dieser Zeit wird die Entscheidung zur Fortsetzung primär durch das Vorhandensein von CHA2DS2-VASc-Schlaganfall-Risikofaktoren und weniger durch den Rhythmusstatus bestimmt.

Quelle:

Höer A. et al. Häufigkeit und Kosten von ischämischen Schlaganfällen und Vorhofflimmern in Deutschland (GKV) unter Berücksichtigung von Versorgungsaspekten; IGES Institut, 2023

Hindricks G et al. ESC Guidelines for the diagnosis and management of atrial fibrillation. Eur Heart J. 2021 Feb 1;42(5):373-498.

Joglar JA et al. ACC/AHA/ACCP/HRS Guideline for the Diagnosis and Management of Atrial Fibrillation. Circulation. 2024 Jan 2;149(1):e1-e156