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Neurologie

Morbus Parkinson ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach Morbus Alzheimer. In Deutschland sind rund 400.000 Menschen von der Diagnose betroffen, mehr Männer als Frauen. Und die Zahlen steigen, was sich nicht nur auf die steigende Lebenserwartung zurückführen lässt. Als weitere Faktoren vermuten Forscher metabolische-, immunologische- und Umwelteinflüsse.

Neue Diagnose-Wege bei Morbus Parkinson

Bisher konnte man Morbus Parkinson erst diagnostizieren, wenn bereits klinische Symptome aufgetreten waren. „Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende Bewegungsstörung, die durch den Verlust von Gehirnzellen verursacht wird, die Dopamin verwerten. Zum Zeitpunkt der klinischen Diagnose sind jedoch etwa 50-70 Prozent dieser Gehirnzellen bereits verloren gegangen“, so Dr. Kathryn Peall, leitende klinische Dozentin am NMHII.

Forscher des Neuroscience and Mental Health Innovation Institute (NMHII) der Universität Cardiff und des UK Dementia Research Institute haben jetzt im Fachmedium Nature Medicine eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass Wearables, die die Beschleunigung von Bewegungen aufzeichnen, zur Früherkennung von Morbus Parkinson beitragen können.

Aufzeichnung der Bewegungsgeschwindigkeit von Patienten

Die Wissenschaftler untersuchten Daten von 103.712 Teilnehmern der UK Biobank, im Alter von 40 bis 69 Jahren, die in den Jahren 2013 bis 2016 sieben Tage lang einen Aktivitätstracker in medizinischer Qualität getragen haben. Die Geräte zeichneten unter anderem kontinuierlich die durchschnittliche Bewegungsgeschwindigkeit auf.

Anschließend verglichen die Forscher die Daten derjenigen Probanden, die bereits an Morbus Parkinson erkrankt waren, mit Daten der Teilnehmer, die bis zu sieben Jahre nach der Erfassung der Wearable-Daten an Morbus Parkinson erkrankten, sowie mit Daten von gesunden Personen, gleichen Alters und Geschlechts.

Die Akzelerometer (Sensoren, die die Beschleunigung messen) zeichneten die Verlangsamung der Bewegung bereits bis zu sieben Jahre vor Diagnosestellung auf. Diese Verlangsamung war nur bei Morbus Parkinson feststellbar und bei keiner anderen Erkrankung, die mit einer Bewegungseinschränkung einhergeht.

KI-Vorhersage am genauesten

Mit den Beschleunigungsdaten trainierten die Forscher ein KI-gestütztes Auswertungsprogramm. Dabei stellten sie fest, dass die KI in der Lage war, sowohl Patienten mit manifestem Morbus Parkinson als auch Patienten mit Prodromalsymptomen zu identifizieren. Die Vorhersage der KI, ob Personen an Morbus Parkinson erkranken werden, war genauer als jedes andere Frühzeichen der Erkrankung oder andere Risikofaktoren, die die Forscher ebenfalls analysierten. Die KI konnte sogar die Zeit bis zur Diagnosestellung vorhersagen.

Trotzdem sind diese Vorhersagen nicht hundertprozentig sicher. Und eine Früherkennung hätte zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Auswirkungen. Denn noch immer gibt es keine medikamentöse Behandlung, um den Verlauf der Krankheit günstig zu beeinflussen. Aber sobald neue Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, „könnten Smartwatch-Daten ein wertvolles Screening-Instrument für die Früherkennung der Erkrankung sein“, sagt Dr. Kathryn Peall.