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Gesetzlich Versicherte geben in Deutschland deutlich mehr als bisher gedacht für Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) aus. Das ermittelte der IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes Bund anhand einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage. Dafür befragte das Marktforschungsinstitut forsa im Online-Panel 2.013 gesetzlich Versicherte im Alter von 18 bis 80 Jahren. Die Ergebnisse wurden auf die gesamten 57 Millionen gesetzlich Versicherten im Alter von 18 bis 80 hochgerechnet.

Wie hoch sind die Ausgaben für IGeL in Deutschland?

„Unsere Studie belegt, dass gesetzlich Versicherte mindestens 2,4 Milliarden Euro für IGeL-Angebote ausgeben“, sagt Prof. Dr. Jonas Schreyögg, Lehrstuhl für Management im Gesundheitswesen an der Universität Hamburg, in einer Pressemitteilung des IGeL-Monitors. Schreyögg hat die Befragung wissenschaftlich begleitet und ausgewertet.

Diese Summe ist deutlich höher als frühere Schätzungen, nach denen die Ausgaben für IGeL-Leistungen bei ein bis eineinhalb Milliarden Euro liegen, so der Report. Dazu kommt, dass die tatsächliche Summe vermutlich noch höher liege. So sei etwa bei über 80-Jährigen ein hoher IGeL-Umsatz zu erwarten. Diese Altersgruppe sei aber nicht befragt worden, da sie im Online-Panel unterrepräsentiert sei.

Beliebteste Selbstzahlerleistungen der Versicherten

Am häufigsten wurden Leistungen in der Gynäkologie in Anspruch genommen. Darauf folgten die Allgemeinmedizin und die Augenheilkunde. Den höchsten Umsatz dagegen machte die Augenheilkunde. Denn dort werden zum Teil sehr teure IGeL, wie etwa LASIK-Operationen, verkauft. Darauf folgten die Gynäkologie sowie die Orthopädie und Unfallchirurgie.

Die am häufigsten genutzte IGeL war der transvaginale Ultraschall der Gebärmutter und/oder der Eierstöcke, gefolgt von der Augeninnendruckmessung mit oder ohne Augenspiegelung zur Glaukom-Früherkennung und das Blutbild zur Gesundheitsvorsorge (siehe Tabelle).

Diese zehn IGeL nutzten Versicherte am häufigsten und so viel Geld wurde in Deutschland damit umgesetzt (Quelle: IGeL-Report 2024):

IGeL

Hochrechnung Personen

Hochrechnung in Euro

Ultraschall (transvaginal) der Gebärmutter und/oder der Eierstöcke

3,3 Mio.

143 Mio.

Augeninnendruckmessung mit oder ohne Augenspiegelung zur Glaukom-Früherkennung

2,4 Mio.

100 Mio.

Blutbild zur Gesundheitsvorsorge

1,5 Mio.

69 Mio.

Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs (Dünnschichtzytologie)

1,4 Mio.

51 Mio.

PSA-Bestimmung zur Früherkennung von Prostatakrebs

1,2 Mio.

52 Mio.

Ultraschall der Brust zur Krebsfrüherkennung

1,2 Mio.

61 Mio.

Hautkrebsscreening außerhalb der Hautkrebsvorsorge der gesetzlichen Krankenversicherung, ggf. computergestützt

0,9 Mio.

65 Mio.

Vitamin-D-Messung zur Gesundheitsvorsorge

0,6 Mio.

18 Mio.

Osteopathie bei Schmerzen

0,6 Mio.

104 Mio.

reisemedizinische Impfungen

0,4 Mio

59 Mio.

Quelle:

Forsa

Regionale und soziodemografische Unterschiede bei der IGeL-Nutzung

Verschiedene Faktoren beeinflussten, ob Versicherte die Selbstzahlerleistungen in Anspruch nahmen. So wurden die Leistungen in Bayern und Baden-Württemberg am häufigsten genutzt. 37 Prozent der Befragten gaben hier an, dass sie in den letzten zwölf Monaten IGeL in Anspruch genommen hatten.

Zudem nutzten Frauen die Leistungen etwa doppelt so häufig wie Männer. Bei beiden Geschlechtern nahm die Nutzung von IGeL mit steigendem Alter zu. Je höher Einkommen und Schulbildung waren, desto häufiger wurden außerdem auch die Selbstzahlerleistungen in Anspruch genommen. Etwa nutzten 40 Prozent der Personen, deren Haushaltsnettoeinkommen über 5.000 Euro im Monat betrug, IGeL. Bei Personen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von unter 2.000 Euro im Monat waren es dagegen nur 26 Prozent.

Wie werden Selbstzahlerleistungen angeboten und wahrgenommen?

Ein großer Teil der Selbstzahlerleistungen wurde den Versicherten explizit als Individuelle Gesundheitsleistung angeboten. Allerdings gab ein Teil der Befragten an, dass ihnen IGeL als “notwendige Leistung, deren Kosten nicht von der Krankenkasse übernommen werden” verkauft wurden. 66 Prozent der Befragten, die IGeL in Anspruch genommen hatten, stimmten außerdem der Aussage zu: “Viele medizinisch notwendige Leistungen werden von Krankenkassen nicht (mehr) angeboten.”

„Ökonomisch betrachtet, ist zunächst nichts gegen das Angebot und die Nachfrage nach IGeL einzuwenden“, kommentiert Prof. Dr. Jonas Schreyögg in einem Statement, „Allerdings sollte beim Angebot immer transparent werden, dass dies keine medizinisch notwendigen Leistungen sind. Problematisch wird es dann, wenn der zweifelhafte medizinische Nutzen dieser Leistungen den Kunden nicht transparent gemacht wird.“

Versicherte wissen zu wenig über IGeL

In der Befragung gaben außerdem 70 Prozent der Befragten an, kein oder nur teilweise umfangreiches Wissen über IGeL zu haben, um eine begründete Entscheidung darüber zu treffen. „Dieses Wissen ist aber notwendig, damit Versicherte Nutzen und Risiken einer IGeL individuell abwägen können", sagt Schreyögg, „Das trifft insbesondere auf das Risiko von Folgeuntersuchungen und mögliche Eingriffe zu, die durch falsch-positive Ergebnisse bei Früherkennungsuntersuchungen ausgelöst werden können.“

Der IGeL-Monitor

Der IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes Bund bewertet auf seiner Website Selbstzahlerleistungen, die in Praxen von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten angeboten werden. Angebote von Krankenhäusern und auch von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern werden nicht berücksichtigt. Für die Bewertungen wägt das Team des IGeL-Monitors Nutzen und Schaden einer Leistung anhand von wissenschaftlichen Studien gegeneinander ab. Für Ärztinnen und Ärzte sowie Versicherte hat der IGeL-Monitor ein Merkblatt mit 15 Regeln bei Individuellen Gesundheitsleistungen erstellt.

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