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Allgemeinmedizin
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Die fachsprachlich „aviäre Influenza“, und umgangssprachlich „Vogelgrippe“ oder „Geflügelpest“ genannte Erkrankung, sorgt aktuell wieder für Schlagzeilen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Vogelgrippe, von der Krankheitsdefinition und Verbreitung bis hin zu den aktuellen Fallzahlen und Präventionsmaßnahmen. Besondere Aufmerksamkeit wird den Infektionswegen und der Situation in Deutschland gewidmet.

Was genau ist die Vogelgrippe?

Die aviäre Influenza tritt weltweit vor allem bei (Wasser-)Vögeln auf und wird durch Influenza-A-Viren verursacht. Dabei gibt es niedrig- und hochpathogene Virusvarianten, die bei Vögeln zu unterschiedlich stark ausgeprägten Erkrankungen führen. Wild- und Zugvögel verbreiten die Viren auf Nutzgeflügel. Es können sich Säugetiere und damit auch Menschen anstecken. Bei Menschen sind die Influenza-Subtypen H5N1 und H7N9 am häufigsten.

Ist Deutschland von der Vogelgrippe betroffen?

In Deutschland gibt es seit Jahren immer wieder Wildvögel, die an Vogelgrippe verenden und es gibt auch immer wieder Ausbrüche der Erkrankung in Geflügelzuchtbetrieben. Laut Bericht des Friedrich-Loeffler-Instituts ist das hochpathogene Aviäre Influenzavirus (HPAI) A(H5) im Juni 2024 bei zwei Wildgänsen in Kleve vorgekommen. Am 2. Juli bestätigte das Institut die Infektion mit dem Influenzatyp H7N5 in einem Legehennenbetrieb bei Bentheim. Es gab keinen Nachweis von Vogelgrippe bei wildlebenden Säugetieren. Bei Menschen ist in Deutschland bisher kein Fall von aviärer Influenza aufgetreten.

Wie hoch ist die Gefahr, sich mit Vogelgrippe anzustecken?

Die Gefahr, an aviärer Influenza zu erkranken, ist laut WHO für die Allgemeinbevölkerung nicht sehr hoch. Es scheint dazu eine hohe Virenlast nötig zu sein. 1997 wurde in Asien zum ersten Mal das Vogelgrippevirus H5N1 bei Menschen nachgewiesen. Insgesamt sind laut WHO über 2600 Menschen weltweit zwischen 2003 und 2023 an aviärer Influenza unterschiedlicher Subtypen erkrankt, größtenteils in Asien, dem Nahen Osten und Afrika.

Das „Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten“ (ecdc) gibt für die Zeit zwischen dem 13. März und dem 20. Juni 2024 weltweit 14 neue Fälle von Infektionen mit unterschiedlichen Vogelgrippeviren beim Menschen an.

Wie stecken sich Menschen mit H5N1 an?

Die Ansteckung erfolgt vom Tier zum Mensch vermutlich über eine Schmierinfektion durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen oder möglicherweise auch durch das Einatmen virushaltiger Staubteilchen.

Gibt es Risikogruppen für Vogelgrippe?

Am häufigsten sind Menschen betroffen, die engen Kontakt zu infiziertem Nutzgeflügel haben. Zum Beispiel Arbeiter auf Geflügelzuchtfarmen und Weiterverarbeitungsbetrieben oder Veterinärmediziner. Seit März 2024 sind erstmals auch Milchviehbetriebe in den USA von der Vogelgrippe betroffen. Einige Mitarbeiter haben sich dort wahrscheinlich an infiziertem Melkgeschirr angesteckt. Bei Rindern scheint sich die Infektion vor allem im Euter zu konzentrieren mit einer hohen Viruslast in der Milch.

Infektionsweg von Mensch zu Mensch bei Vogelgrippe möglich?

Bisher gab es nur ganz wenig Fälle, bei denen eine Übertragung von Mensch zu Mensch stattgefunden haben könnte. H5N1 ist nicht über Tröpfcheninfektion übertragbar. Aber da Viren sich ständig verändern, vor allem wenn sie Zwischenwirte befallen, ist es durchaus möglich, dass sich H5N1 an den Menschen anpasst und dann leichter von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.

Wie kann man sich vor einer Infektion mit dem Vogelgrippevirus schützen?

Sind Nutztiere in deutschen Betrieben von der Vogelgrippe betroffen, gelten spezielle Schutzvorgaben für deren Beschäftigte. Die Tiere selber werden gekeult und es wird eine großflächige Schutzzone rund um den betroffenen Betrieb errichtet.

Für die Allgemeinbevölkerung gilt: Kranke oder tote Wildvögel und Wildtiere nicht berühren und keine gefundenen Federn mitnehmen. Wenn man sie doch berührt hat, sollte man seine Hände gründlich mit Seife waschen ebenso wie die getragene Kleidung.

Kann Vogelgrippe durch Fleisch, Eier oder Milch infizierter Tiere übertragen werden?

Eine Ansteckung über infizierte Lebensmittel lässt sich nicht ausschließen. Bisher gibt es dafür allerdings keine Belege. Da Influenzaviren hitzeempfindlich sind, empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Fleisch für mindestens zwei Minuten auf über 70 Grad zu erhitzen, so dass es auch im Kern diese Temperatur errreicht. Eier sollte man nur gut durchgekocht verwenden. Von pasteurisierter Milch scheint keine Gefahr auszugehen.

Welche Symptome hat man bei einer Infektion mit H5N1?

Nach einer Inkubationszeit von ein bis fünf Tagen kommt es zuerst zu hohem Fieber mit Husten und Atemnot. Jeder zweite Erkrankte bekommt auch gastrointestinale Symptome, wie Übelkeit und Erbrechen, aber vor allem Durchfall. Auch Konjunktivitis ist möglich. Hals-, Kopf- und Gliederschmerzen sind eher selten. Es entwickelt sich oft eine schwere Lungenentzündung, die zu respiratorischer Insuffizienz, Multiorganversagen und septischem Schock führen kann. Etwa 50 Prozent der Patienten sterben an Vogelgrippe – zwischen 2003 und 2023 weltweit etwa 1100 Menschen . Vor allem Jüngere sind von schweren Erkrankungen betroffen. Daneben gibt es auch leichte Verläufe, die etwa zwei Wochen dauern und asymptomatische Verläufe.

Wie diagnostiziert man Vogelgrippe?

Besteht aufgrund Anamnese und Symptomen der Verdacht auf eine Infektion mit H5N1 sollten die Patienten mittels PCR auf Influenza A getestet werden. Laut RKI ist dazu ein Nasen- und Rachenabstrich erforderlich oder eine Materialentnahme aus den tieferen Atemwegen. Bei Durchfall sollte zusätzlich Stuhl, bei Konjunktivitis ein Bindehautabstrich und bei Enzephalitis Liquor untersucht werden. Dabei ist es wichtig, sich selbst bei der Probenentnahme mindestens mit Einmalhandschuhen, FFP3-Maske, Schutzkittel und Schutzbrille zu schützen.Meldepflichtig beim Gesundheitsamt sind der Verdacht auf Vogelgrippe sowie die Erkrankung und der Tod.

Wie wird Vogelgrippe therapiert?

Aufgrund des häufig schweren Verlaufs empfiehlt die WHO, Patienten mit Vogelgrippe mit antiviralen Neuraminidasehemmern zu behandeln, wie zum Beispiel Oseltamivir, Zanamivir oder Baloxavir. Wichtig ist der frühzeitige Behandlungsbeginn, vorzugsweise in den ersten 48 Stunden.

Gibt es eine Impfung gegen aviäre Influenza?

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat im Februar 2024 der Zulassung von zwei Impfstoffen gegen H5N1 zugestimmt, die aus inaktivierten Viren gewonnen werden. Die Impfungen müssen zweimal im Abstand von drei Wochen erfolgen.

Den einen Impfstoff kann man schon verabreichen, bevor eine drohende Pandemie beginnt. Der andere Impfstoff wird erst bei einer bestehenden Pandemie an das aktuell zirkulierende Virus angepasst.

Die Europäische Kommission hat sich im Juni 665.000 Dosen des aktuellen Prä-Pandemie-Impfstoffs mit der Option auf weitere 40 Millionen Dosen gesichert. Der Impfstoff ist vor allem für Personen bestimmt, die durch ihre Arbeit besonders gefährdet sind.

Quelle:

https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Influenza_zoonotisch.html?nn=2382078

https://www.ecdc.europa.eu/en/publications-data/avian-influenza-overview-march-june-2024

https://www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/aviaere-influenza-ai-gefluegelpest/

https://www.bfr.bund.de/de/ausgewaehlte_fragen_und_antworten_zur_hygiene_bei_lebensmitteln_und_bedarfsgegenstaenden_in_zeiten_der_vogelgrippe___wie_kann_ich_mich_und_meine_familie_schuetzen_-7187.html

https://www.who.int/publications/m/item/cumulative-number-of-confirmed-human-cases-for-avian-influenza-a(h5n1)-reported-to-who-2003-2022-26-jan-2023

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_24_3168