Der zweite Berliner Patient: Erneute HIV-Heilung an der Charité
Marzena SickingEin Team der Charité – Universitätsmedizin Berlin hat es geschafft, einen weiteren Patienten von HIV zu heilen. Dieser Erfolg wurde im Vergleich zum ersten Fall mit einer leicht abweichenden Methode erzielt, was neue Perspektiven für zukünftige Behandlungen eröffnet.
Revolutionäre Stammzelltransplantation bei HIV-Patientin
2008 wurde der erste Berliner Patient geheilt. Nun hat ein weiterer Patient eine Stammzelltransplantation von einer Spenderin erhalten, die sowohl normale als auch mutierte Versionen des CCR5-Rezeptors trägt. Diese Mutation verhindert normalerweise das Eindringen des HI-Virus.
„Weil es für die Stammzellspende leider keine geeignete HIV-immune Person gab, haben wir eine Spenderin ausfindig gemacht, die auf ihren Zellen neben der normalen Version des CCR5-Rezeptors zusätzlich auch die mutierte Version der Andockstelle trägt“, erklärt Prof. Olaf Penack, Oberarzt an der behandelnden Klinik.
Unerwarteter Erfolg trotz fehlender vollständiger Immunität
Der Patient setzte 2018 die antivirale Therapie ab, und bis heute wurde keine HIV-Aktivität mehr festgestellt. Dies zeigt, dass das Virus aus seinem Körper entfernt wurde, obwohl die Spenderin nicht vollständig immun gegen HIV war.
„Der Patient ist in erfreulich guter gesundheitlicher Verfassung“, sagt Olaf Penack. „Die jetzt mehr als fünfjährige virusfreie Beobachtungszeit deutet darauf hin, dass das HI-Virus aus dem Körper des Patienten tatsächlich komplett entfernt werden konnte.“
Die Rolle des CCR5-Rezeptors bei der Heilung
Das HI-Virus nutzt den CCR5-Rezeptor, um in Immunzellen einzudringen. Bisherige Heilungen erforderten einen Spender mit der Delta-32-Mutation, die das Eindringen des Virus verhindert. Der zweite Berliner Patient beweist, dass Heilung auch ohne diese Mutation möglich ist.
„Das bedeutet, dass die Heilung wohl nicht auf die genetische CCR5-Ausstattung der Stammzellspenderin zurückzuführen ist, sondern darauf, dass die transplantierten Immunzellen der Spenderin alle HIV-infizierten Zellen des Patienten beseitigt haben“, erklärt Prof. Christian Gaebler.
Neue Perspektiven für HIV-Behandlungen
Dieser Fall eröffnet neue Möglichkeiten für die HIV-Behandlung. Die Forscher wollen die zugrunde liegenden Mechanismen weiter erforschen, um neue Therapien zu entwickeln.
„Unser Ziel ist weiterhin, HIV-Infektionen in Zukunft nicht nur im Einzelfall, sondern in der Breite heilen zu können“, sagt Christian Gaebler. Die gewonnenen Erkenntnisse könnten zur Entwicklung neuartiger zellbasierter Immuntherapien und therapeutischer Impfstoffe beitragen.
Weitere Details zur Studie und den umfassenden Daten werden auf der Welt-Aids-Konferenz in München vorgestellt.