Blaumachen: Darf man Praxismitarbeiter vom Detektiv überwachen lassen?
Judith MeisterDer Verdacht auf Krankfeiern ist ärgerlich – doch dürfen Praxischefs Detektive einsetzen, um Mitarbeitende zu überwachen? Ein aktuelles Urteil zeigt: Das ist heikel und kann teuer werden.
Blaumachen: Ein verbreiteter Verdacht
Ob deutsche Arbeitnehmer wirklich „Weltmeister bei den Krankmeldungen“ sind, bleibt umstritten. Klar ist jedoch: Die Krankenstände erreichten zuletzt Höchstwerte. Manche Praxischefs fragen sich, ob eine bestimmte Kollegin wirklich krank ist – oder nur das lange Wochenende verlängert.
Weil Arbeitgeber den Grund einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) in der Regel nicht erfahren, bleibt das Aufdecken von Blaumachern schwierig. Doch dürfen Chefs einen Detektiv beauftragen, um einen Verdacht zu klären?
Wann ist der Einsatz eines Detektivs erlaubt?
Grundsätzlich können Arbeitgeber bei berechtigtem Verdacht auf „genesungswidriges Verhalten“ eine Detektei einschalten. Das Problem: Eine Überwachung greift massiv in die Persönlichkeitsrechte ein. Daher muss sie verhältnismäßig sein und als einzig sinnvolle Möglichkeit zur Aufklärung des Falls gelten.
Datenschutz und Persönlichkeitsrechte beachten
Besonders der Datenschutz spielt eine große Rolle, wie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigt (Urteil vom 25.07.2024, Az. 8 AZR 225/23). Konkret ging es um einen Außendienstmitarbeiter, der häufig krankgeschrieben war. Auch im Februar 2022 legte er eine AU vor. Sein Arbeitgeber vermutete Betrug und ließ ihn von einem Detektiv überwachen.
Mitarbeiter klagt gegen Detektivüberwachung
Der Arbeitnehmer verklagte daraufhin seinen Arbeitgeber auf Schadenersatz in Höhe von 25.000 Euro. Die Begründung: Die Überwachung sei rechtswidrig gewesen und habe seine Privatsphäre sowie Datenschutzrechte verletzt.
Sowohl das Landesarbeitsgericht Düsseldorf als auch das BAG urteilten, dass die Summe überzogen sei. Dennoch erhielt der Mitarbeiter 1.500 Euro Schadenersatz, weil die Detektivüberwachung nicht den hohen datenschutzrechtlichen Anforderungen entsprach. Besonders heikel: Die Erhebung und Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten ist streng reglementiert.
Überwachung nur in Ausnahmefällen erlaubt
Das Urteil zeigt: Praxischefs müssen äußerst vorsichtig sein, wenn sie Mitarbeitende überwachen lassen. Eine Detektei darf nur dann beauftragt werden, wenn ernsthafte Zweifel an der AU bestehen und keine andere Möglichkeit zur Aufklärung bleibt.
Wann ist eine Kündigung möglich?
Erweist sich der Verdacht als begründet, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein (LG Hamm, Az. 15 SA 437/91). Zudem müssen Arbeitnehmer, die während der Krankschreibung einer anderen Tätigkeit nachgehen, die Detektivkosten erstatten (LAG Rheinland-Pfalz, Az. 5 Sa 549/99).
Wann ist eine Detektivüberwachung erlaubt?
Begründeter Verdacht: Arbeitgeber müssen stichhaltige Hinweise auf ein Fehlverhalten haben.
Verhältnismäßigkeit: Eine Überwachung ist nur zulässig, wenn keine mildere Maßnahme möglich ist.
Datenschutz beachten: Die Erhebung und Verarbeitung von Gesundheitsdaten ist besonders sensibel.
Folgen für Arbeitnehmer: Bei erwiesenem Krankfeiern drohen Kündigung und Rückzahlung der Detektivkosten.
Risiken für Arbeitgeber: Unrechtmäßige Überwachung kann Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.