Lauterbach kündigt schrittweisen Rollout der ePA an
Marzena SickingDie elektronische Patientenakte (ePA) soll in den kommenden Wochen über die bisherigen Modellregionen hinaus ausgeweitet werden. Das kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am 8. April 2025 auf der Digitalmesse DMEA in Berlin an.
Der Minister sprach von einer „Hochlaufphase“ der ePA, die zunächst freiwillig erfolgen solle. Ursprünglich war ein verpflichtender bundesweiter Start im April vorgesehen. „Ich gehe davon aus, dass wir in den kommenden Wochen in eine Hochlaufphase außerhalb der Modellregionen eintreten können, sodass wir dann die nächste Stufe der Testung der ePA erleben werden“, so Lauterbach. Eine gesetzliche Nutzungspflicht für Arztpraxen soll erst zu einem späteren Zeitpunkt greifen. „Sicherheit geht immer vor“, betonte der Minister. Niemand solle sanktioniert werden, „wenn etwas nicht funktioniert, was man nicht kontrollieren kann“.
Testlauf in Modellregionen zufriedenstellend
Seit dem 15. Januar 2025 wird die ePA in drei Modellregionen – Hamburg mit Umland, Franken sowie Teilen Nordrhein-Westfalens – im Praxisalltag getestet. Rund 300 Einrichtungen beteiligen sich an der Pilotphase. Nach Angaben des Ministeriums wurden bislang wöchentlich rund 280.000 ePAs geöffnet. Insgesamt seien bereits über 70 Millionen elektronische Akten angelegt worden.
Sicherheitsbedenken, die der Chaos Computer Club (CCC) im Februar öffentlich gemacht hatte, seien laut Lauterbach behoben worden. Die Testphase verlaufe insgesamt positiv, so der Minister auf der DMEA. Eine förmliche Verlängerung der Modellphase sei nicht geplant – der bundesweite Rollout stehe unmittelbar bevor.
Kritik von Krankenkassen: „Ambitionslos“
Für Unverständnis sorgt der neue Zeitplan beim AOK-Bundesverband. Vorstandsvorsitzende Dr. Carola Reimann zeigte sich enttäuscht über die fehlende Verbindlichkeit. „Die AOK und die anderen Kassen haben ihre Aufgaben fristgerecht erledigt. Die Versicherten waren zu Anfang Februar mit der ePA ausgestattet. Zwischenzeitliche Probleme beim Zugriff der Arztpraxen konnten behoben werden, die aufgezeigten Sicherheitsprobleme sind technisch gelöst“, so Reimann.
Die angekündigte Freiwilligkeit für Ärztinnen und Ärzte sei ein Rückschritt: „Bisherige Erfahrungen zeigen, dass es verbindlicher Fristen und Vorgaben bedarf, um endlich voranzukommen.“ Der vage formulierte „Hochlauf“ widerspreche der viel beschworenen „Aufholjagd“ bei der Digitalisierung, so die AOK-Chefin weiter.
Kinder- und Jugendmedizin mit Vorbehalten
Kritische Stimmen kommen auch vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Präsident Dr. Michael Hubmann äußerte datenschutzrechtliche Bedenken: Solange die Rechte von Kindern und Jugendlichen nicht in akzeptabler Weise abgebildet seien, könne man Eltern nur raten, sich aktiv gegen die Nutzung der ePA zu entscheiden. Lauterbach kündigte an, den besonderen Anforderungen für Minderjährige künftig stärker Rechnung tragen zu wollen.
KBV: Schrittweise und zunächst freiwillige Einführung der ePA ist folgerichtig
Dr. Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der KBV begrüßt hingegen die Ankündigung des Gesundheitsministers: „Eine schrittweise und zunächst freiwillige Einführung der ePA, wie heute vom geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister angekündigt, ist folgerichtig und konsequent. Es ist gut, dass sowohl die Erfahrungen aus den Testpraxen als auch unsere Hinweise aufgenommen bzw. gehört wurden. Positiv werte ich die Aussage des Ministers, dass auch künftig niemand sanktioniert werden soll, der unverschuldet die ePA nicht einsetzen kann.“
Quelle:bvkj.de, kbv.de, dmea, apotheke adhoc