OP-Schwester als „freie Mitarbeiterin“: Sozialversicherungsbeiträge sind fällig
Marzena SickingSozialabgaben für Mitarbeiter sind eine lästige Pflicht, die die Praxis- bzw. Klinikkosten ganz schön in die Höhe treiben können. Wie ein aktuelles Urteil des Sozialgerichts Mainz zeigt, ändert auch ein Dienstvertrag über „freie Mitarbeit“ an diesen Verpflichtungen nichts.
So hat das Sozialgericht Mainz entschieden, dass eine OP-Schwester von ihrem regelmäßigen Auftraggeber in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung angemeldet werden muss und die entsprechenden Beiträge zu entrichten sind. Daran änderte auch ein Dienstvertrag als „freie Mitarbeiterin“ für die betroffene Klinik nichts (Urteil vom 18. März 2016, Aktenzeichen S 10 R 205/14).
Die staatlich anerkannte Fachkrankenschwester für operative Funktionsbereiche schloss im Jahr 2013 mit einem Klinikum einen Dienstvertrag ab. Der Vertrag sah unter anderem vor, dass die Klägerin als freie Mitarbeiterin Dienstleistungen als Fachkraft im OP-Dienst zu erbringen hatte. Hierunter fiel die Planung, Durchführung und Dokumentation von OP-Diensten. Die Tätigkeit sollte im Namen des Klinikums erfolgen, allerdings ohne dabei aber ein Arbeitnehmerverhältnis zu begründen. Die Klägerin hatte eigene Berufsbekleidung und ein eigenes Namensschild einsetzen. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle bestand nicht.
Klägerin bekam Berufskleidung von der Klinik
In der Folge wurde die Klägerin mehrfach für die Klinik tätig, wobei sie ausschließlich im OP-Bereich eingesetzt wurde. Aus hygienischen Gründen war dort zwingend sogenannte Bereichskleidung zu tragen, die vom Klinikum gestellt wurde. An dieser Kleidung war ein von der Klägerin gestelltes Namensschild angesteckt, welches sie als Honorarkraft auswies. Im eigentlichen OP-Saal wurde über diese Bereichskleidung dann ein steriler Kittel gezogen, der ebenfalls von der Klinik gestellt wurde. Bei der Operation musste die Klägerin dem operierenden Arzt die von ihm gewünschten Instrumente/Materialien reichen, ohne dass sie hierauf selbst Einfluss nehmen konnte. In welcher Reihenfolge sie das Besteck und die Materialien vor sich auslegte, war der Klägerin hingegen – im Gegensatz zu anderen Schwestern oder Pflegern – freigestellt. Die Klägerin hatte zu keinem Zeitpunkt Kontakt zu Patienten im wachen Zustand.
Nachdem sowohl die Klinik als auch die Klägerin einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gestellt hatten, stellte die Rentenversicherung fest, dass die Klägerin abhängig beschäftigt sei und daher eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehe.
Klägerin scheiterte vor Gericht
Die von der Klägerin hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Die Richter des Sozialgerichts Mainz kamen nach einer Gesamtabwägung aller Umstände zu dem Urteil, dass die Klägerin als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte für die Klinik tätig war.
Zwar spreche der Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung für eine selbstständige Tätigkeit, es sei aber nicht ausschlaggebend, dass diese Form von beiden Vertragsparteien so gewünscht sei. Entscheidend seien vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse, die vorliegend für einen Status als abhängig Beschäftigte sprechen würden.
So habe die Klägerin etwa keinen Einfluss darauf, wann konkret Operationen durchgeführt wurden. Diesbezüglich habe sie sich in den Klinikbetrieb eingliedern müssen. Sie habe auch nicht wie eine Selbstständige ein besonderes unternehmerisches Risiko getragen. Weiter habe sie im Krankheitsfall lediglich dem Klinikum absagen, sich aber nicht weiter um einen Ersatz kümmern müssen, wie dies auch bei normalen Arbeitnehmern der Fall sei. Schließlich habe sie während der Operationen die Krankenhauskleidung der Klinik tragen müssen, sodass von außen eine Unterscheidung von anderen angestellten Mitarbeitern nicht möglich gewesen sei.