Arzthaftpflicht: Auch im Ruhestand haften sie für Behandlungsschäden
A&W RedaktionNatürlich machen auch Ärzte Fehler. Viele Haftpflichtfälle sind aber auf das Mitverschulden des Patienten zurückzuführen. Gerade Internisten sind davon oft betroffen. Sie sollten daher nicht versäumen, richtig zu dokumentieren und aufzuklären.
Anbieter von Berufshaftpflichtversicherungen berichten zunehmend über Fälle, bei denen Patienten Ärzte verklagen, obwohl sie selbst für erlittene „Behandlungsschäden“ verantwortlich sind.
Zum Beispiel nimmt ein Patient mit Hypertonie seine Blutdrucktabletten nicht, weil ihm ein unseriöser Heilpraktiker davon abgeraten hat. Ein halbes Jahr später sitzt der Patient nach einem Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung im Rollstuhl. Ein anderer hält sich nicht an Vorgaben der Diabetes-Behandlung, es kommt später zur Fußamputation.
Vorwürfe muss sich aber dennoch der Arzt bzw. die Ärztin anhören, schließlich war der Betroffene ja in Behandlung. Immer öfter wird daraus sogar ein Fall für die Arzthaftpflichtversicherung. Um das Risiko zu minimieren, sollten Ärzte die Behandlung und die Gespräche mit dem Behandelten genau dokumentieren. Sei es, dass der Patient ein Medikament nicht einnahm oder Hinweise auf Risiken nicht beachtete. So können sie Ansprüche gegen sich und ihre Berufshaftpflichtversicherung meist ausschließen.
Ärzte müssen über mögliche Schäden und Risiken aufklären
Vor der Dokumentation kommt die Aufklärung. Patrick Weidinger, Leiter Arzthaftpflichtversicherung des Marktführers DBV-Winterthur meint dazu, die Verletzungen der Aufklärungspflicht seien im internistischen Bereich nicht überdurchschnittlich häufig. Insbesondere betroffen seien Diagnosemethoden wie Magenspiegelung, Darmspiegelung, Katheder-Untersuchungen und die Entnahme von Gewebeproben. Schutz bieten hier schriftliche Vorlagen: Für die Aufklärung vor invasiven Eingriffen gäbe es Formulare der Fachverlage, anhand derer zumindest in vielen Fällen der Arzt im Gespräch aufkläre.
Berufshaftpflicht greift auch in der Rente
Die Nachhaftung ist für Internisten ebenfalls wichtig. Ein Fall aus den Akten der DBV-Winterthur: Ein Mann wird wegen tiefer Beinvenenthrombose zur Rezidivprophylaxe mit Marcumar nachbehandelt. Bei einer Marcumarisierung ist die regelmäßige Kontrolle der Blutgerinnung unerlässlich. Der Internist verzichtet wiederholt darauf. Nach der letzten Rezept-Ausgabe setzt sich der Arzt aus Altersgründen zur Ruhe.
Damit liegt eine endgültige Berufsaufgabe vor, der Versicherungsschutz der Arzthaftpflicht endet. Für künftige Schadenereignisse besteht kein Versicherungsschutz mehr. Der Patient erleidet anschließend eine Hirnblutung und wird zum Pflegefall. Hier greift normalerweise die Nachhaftungsversicherung. Sie umfasst Schmerzensgeld, einen Ausgleich für den Wegfall des kompletten Einkommens sowie die Erstattung der lebenslangen Heil- und Pflegekosten.
Versicherung für die Zeit nach der Praxisaufgabe aufrechterhalten
„Die meisten Ärzte sind sich gar nicht bewusst, dass nach der Praxisaufgabe noch Haftpflichtansprüche auf sie zukommen könnten“, sagt Raimund Frenzel von der Maklerfirma Baumhauer & Frenzel GmbH. “Im schlimmsten Fall kann das Privatvermögen weg sein!“ Beim Versicherungsschutz sollten Ärzte deshalb auch darauf achten, dass die Nachhaftung versichert ist.
Wie die Versicherung bei einem Schaden reagiert
Schaden verursachende Ärzte müssen bei manchen Versicherern mit Risikozuschlägen, schlimmstenfalls mit Kündigung rechnen. Dann ist es schwer, eine neue Versicherung für die Arzthaftpflicht zu finden. Auf jeden Fall muss der Arzt damit rechnen, dass ihn die künftige Leistung der Berufshaftpflicht deutlich mehr kosten wird als bisher.
Grundsätzlich gilt, nach einem Schaden haben sowohl Kunde als auch Versicherer das Recht, den Vertrag außerordentlich zu kündigen. Das muss innerhalb eines Monats geschehen, nachdem die Entschädigungsverhandlungen abgeschlossen sind. Manche Versicherungen lassen sich darauf ein, dieses Kündigungsrecht auszuschließen.