Betriebliche Gesundheitsförderung: Gesünder leben für Profis
A&W RedaktionIm Praxisalltag vernachlässigen viele Ärztinnen, Ärzte und MFA die eigene Gesundheit sträflich. Wie Praxisinhaber durch Gesundheitsförderung gegensteuern können.
Schuster haben die schlechtesten Schuhe lautet ein altes Vorurteil. Der dahinterstehende Grundgedanke lässt sich auch aufs Gesundheitswesen übertragen. Obwohl Ärztinnen, Ärzte und MFA genau um die Risiken wissen, die der moderne Lebens- und Arbeitsstil mit sich bringt, achten viele von ihnen viel zu wenig auf eine gesunde Ernährung oder ausreichend Bewegung. Von einer ausgewogenen Work-Life-Balance ganz zu schweigen.
Das sollte sich ändern. Nicht umsonst heißt es in der Deklaration des Genfer Gelöbnisses von 2017: Ärzte sollten auf ihre eigene Gesundheit, ihr Wohlergehen und ihre Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können. Dasselbe gilt für das Praxisteam. Wie aber lässt sich im stressigen Praxisalltag sicherstellen, dass neben der Patientengesundheit auch das eigene Wohlbefinden nicht in Vergessenheit gerät? Und das auch noch während der Pandemie.
An betriebliche Gesundheitsförderung denken
Eine Möglichkeit, sich dem Thema zu nähern, ist es, auf Verfahren zu setzen, die in der Wirtschaft immer häufiger zum Einsatz kommen. Es hat schließlich einen Grund, dass große internationale Konzerne ihren Mitarbeitern umfassende Möglichkeiten der betrieblichen Gesundheitsförderung anbieten. Sie beteiligen sich an den entstehenden Kosten oder übernehmen sie sogar ganz. Das ist keine Nächstenliebe, sondern wirtschaftliches Kalkül. Denn längst ist bewiesen, dass Über- und Unterforderung von Beschäftigten Stress und Demotivation verursachen. Das kann im schlimmsten Fall sogar krank machen.
Mit System zum Erfolg
Um optimale Ergebnisse zu erzielen, sollten Praxisinhaber, die in die betriebliche Gesundheitsförderung einsteigen wollen, Alleingänge und Schnellschüsse vermeiden. Am besten geht man hier systematisch vor. Schon kleine Schritte können viel bewirken. Maßgeblich ist jedoch, auf Instrumente zu setzen, die zur eigenen Praxis und zur eigenen Belegschaft passen. In einem ersten Schritt sollten Ärztinnen und Ärzte daher den Bedarf für bestimmte Maßnahmen ermitteln. Dazu empfiehlt es sich, Mitarbeiter gezielt nach ihren Problemen und Wünschen zu fragen. Auf diese Weise lassen sich die Faktoren identifizieren, die die Gesundheit der Beschäftigten beeinflussen und damit den Krankenstand erhöhen oder das Engagement verringern können. Stellt sich etwa bei den Befragungen heraus, dass viele Mitarbeiter in Stresszeiten dazu neigen, die Süßigkeiten in ihren Schubladen zu plündern, kann es sinnvoll sein, einmal pro Woche einen üppigen Obstkorb in die Praxis liefern zu lassen. Dieser kann im Aufenthaltsraum platziert werden und alle dürfen sich kostenlos daraus bedienen.
Nikotinjunkies, die ihre Pausen auf dem Balkon oder vor der Tür verbringen, kann ein Nichtraucherseminar helfen, endlich aufzuhören. Für Kolleginnen und Kollegen mit Schlafproblemen bieten sich Entspannungskurse an, die in Pandemiezeiten sogar online angeboten werden.
Private Nöte berücksichtigen
Ein wichtiger Beitrag zur Gesunderhaltung der Belegschaft ist zudem, nach Möglichkeit auf deren familiäre Situation Rücksicht zu nehmen. Auch wenn viele Arbeiten in der Arztpraxis nur im Präsenzdienst zu leisten sind, gibt es doch, gerade im Bereich der Verwaltung, auch Gelegenheiten, im Homeoffice zu arbeiten. Dies werden gestresste Eltern in Zeiten von Homeschooling und geschlossenen Kitas sicher zu schätzen wissen.
Weiterer positiver Nebeneffekt: Praxen mit einem attraktiven Gesundheitsförderungssystem halten nicht nur ihre Belegschaft fit. Sie tun nebenbei auch etwas fürs Betriebsklima, stärken die Mitarbeiterbindung und können sich bei der Suche nach neuen Kollegen als fortschrittliche moderne Arbeitgeber präsentieren.
Tipp: Wer unsicher ist, welche Möglichkeiten sich in Sachen Gesundheitsförderung bieten, kann sich kostenlos beraten und unterstützen lassen. Ansprechpartner sind die BGF-Koordinierungsstellen der Krankenkassen.
Der Fiskus hilft mit |
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Arbeitgeber, die die Gesundheit ihrer Mitarbeiter fördern, unterstützt auch das Finanzamt. Pro Beschäftigten und Jahr können sie bis zu 600 Euro für qualitätsgesicherte Maßnahmen zur verhaltensbezogenen Primärprävention und zur betrieblichen Gesundheitsförderung aufwenden, ohne dass die Mitarbeiter diese Zuwendungen als geldwerten Vorteil versteuern müssen. Überschreitet die Leistung 600 Euro, ist nur der Mehrbetrag steuer- und sozialversicherungspflichtig. |