Bonuszahlungen als Kostenfalle für die Arztpraxis
A&W RedaktionPraxisinhaber, die ihren Mitarbeitern Boni „nach freiem Ermessen“ zahlen, leben gefährlich. Die Vergütungsoptionen sind deutlich unflexibler, als oft angenommen. Fehleinschätzungen werden schnell sehr teuer.
Nicht nur Großunternehmen nutzen flexible Entgeltsysteme, um Leistungsanreize für ihre Mitarbeiter zu setzen und die Belegschaft zu motivieren. Auch immer mehr Ärzte erwärmen sich für diese Variante der variablen Vergütung. Aus gutem Grund: Boni, die nicht ohne Wenn und Aber, sondern nach „billigem Ermessen“ gezahlt werden, scheinen auf den ersten Blick eine risikoarme Methode zu sein, das Team in guten Zeiten bei Laune zu halten. Und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, so die Idee, lassen sich die Bonuszahlungen dann problemlos zusammenkürzen.
Dieses Modell funktioniert – in der Theorie – auch wirklich gut. In der Praxis ergeben sich nur leider große Probleme, wenn Arbeitgeber Bonuszahlungen eindampfen. Gerichte prüfen im Streitfall nämlich sehr genau, ob der Arbeitgeber bei der Bonusberechnung wirklich nach „billigem Ermessen“ (und damit rechtmäßig) gehandelt hat, oder ob er die Summe willkürlich festgelegt hat. Das ist verboten – und kann den Praxisinhaber teuer zu stehen kommen.
Denn in diesem Fall kann das Gericht festlegen, wie hoch die variable Vergütung für den Mitarbeiter ist. Das hat vor kurzem das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschieden (BAG, Az. 10 AZR 266/14 und 10 AZR 710/14).
Wer nicht zahlen will, braucht Gründe
Zwar stellten die Richter klar, dass es grundsätzlich möglich ist, Boni zu reduzieren oder gar auf Null zu setzen. Um einen solch drastischen Schritt zu rechtfertigen, muss der Arbeitgeber aber eine stichhaltige Begründung für seine Entscheidung liefern – etwa existenzbedrohende Verluste. Eine finanzielle Durststrecke oder ein schwächeres Quartalsergebnis dürften im Normalfall nicht genügen.
Zahlt der Arzt einen in Aussicht gestellten Bonus aus, muss zudem ersichtlich sein, dass er alle wesentlichen Umstände des Falles abgewogen hat. Der Niedergelassene darf also nicht nur seine betrieblichen Interessen berücksichtigen, sondern muss auch die Belange des Mitarbeiters in den Entscheidungsprozess einfließen lassen. Tut der das nicht oder kann der Arzt das Gericht nicht überzeugen, dass die Senkung des Bonus „billigem Ermessen“ entsprach, setzt das Gericht die Höhe des Bonus fest.
Zurück in die Zukunft
Um derartigen Probleme zu vermeiden, raten Experten, schon bei der Festlegung des Bonus zu überlegen, welche Umstände im Einzelfall dessen Kürzung rechtfertigen könnten. Ist das nicht möglich, kann es ratsam sein, statt eines Ermessenbonus doch wieder auf variable Vergütungsbestandteile zu setzen, die an messbare Faktoren gekoppelt sind – etwa das Erreichen gewisser Umsatzzahlen.