Warum Überstunden bei Minijobbern für Ärzte teuer werden können
A&W RedaktionOb Reinigungskraft oder Büroaushilfe: Viele Praxen in Deutschland beschäftigen Minijobber. Der höhere Mindestlohn, der seit Anfang des Jahres gilt, stellt Ärzte allerdings vor Herausforderungen. Vor allem bei Überstunden ist hier Vorsicht angebracht.
Dass alle Beschäftigten einer Arztpraxis – auch jene mit 450-Euro Job – den gesetzlichen Mindestlohn erhalten müssen, ist nicht neu. Praxisinhaber, die solche „geringfügig Beschäftigten“ in ihrem Team haben, müssen seit Anfang des Jahres allerdings sehr genau hinschauen, in welchem Umfang sie die Dienste der fleißigen Helfer in Anspruch nehmen. Der Grund: Zum Jahreswechsel ist der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro auf 8,84 Euro gestiegen. Und das bedeutet: Um die sozialversicherungsrechtlichen Privilegien des Minijobs nicht zu riskieren müssen Ärzte ihre geringfügig Beschäftigten nun deutlich früher nach Hause schicken als bisher.
Durfte eine geringfügig beschäftigte Reinigungskraft bislang pro Monat bis zu 52,94 Stunden fegen und feudeln, (8,50 Euro x 52,94 = 449,99 Euro) sind es seit 1. Januar höchstens 50,90 Stunden (8,84 Euro x 50,90 = 449,96 Euro). Fürs gleiche Geld bekommt der Arzt also rund zwei Stunden weniger. Damit nicht genug: Um sicherzustellen, dass diese neuen Vorgaben eingehalten werden, verpflichtet das Gesetz alle Arbeitgeber, und damit auch Praxisinhaber, für ihre Minijobber detaillierte Stundenaufzeichnungen zu führen. Eine Ausnahme gilt lediglich für Minijobber in Privathaushalten – hier besteht keine Aufzeichnungspflicht. Mit anderen Worten: Die Perle für zu Hause darf weiterhin auf Vertrauensbasis ihre Stunden abarbeiten. Die Mitarbeiterin, die in der Praxis saubermacht, unterliegt hingegen der Dokumentationspflicht.
Stundenzettel sind verpflichtend
Für Ärzte bedeutet das Folgendes. Da es in den wenigsten Praxen maschinelle Zeiterfassungssysteme geben wird, müssen sie manuelle Aufzeichnungen erstellen. Die Aufzeichnungen sind mindestens wöchentlich zu führen, denn der Arbeitgeber ist verpflichtet, „Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren“.
Wichtig: Ärzte sollten in ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse penibel darauf achten, dass Minijobber in ihrer Praxis keine (bezahlten) Überstunden machen. Der Grund: Übersteigt ein Minijobber die Entgeltgrenze von monatlich 450 Euro, gilt er nicht mehr als Minijobber, sondern wird unter Umständen zum voll sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter.
So gelten zum Beispiel für Beschäftigte die mehr als 450 aber maximal 850 Euro Monatsbrutto erzielen die Bestimmungen zur Versicherungspflicht in der sogenannten Gleitzone. Die in diesem Bereich gezahlten Gehälter sind versicherungspflichtig. Doch während der Arbeitnehmer nur einen reduzierten Beitragsanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen hat, wird der Arbeitgeberbeitrag unverändert aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt berechnet.
Tipp: Ärzte, die gegen die Regelungen des Mindestlohngesetzes verstoßen, können im Nachhinein zu Nachzahlungen verpflichtet werden. Wer unangenehme Überraschungen vermeiden will, sollte daher genau nachrechnen, ob und wie sich die neuen Regelungen auf ihre geringfügig beschäftigten Mitarbeiter auswirken und – gegebenenfalls zusammen mit einem Arbeitsrechtler – die Verträge entsprechend anpassen. Denkbar ist zum Beispiel eine Verringerung der Arbeitszeit, um weiterhin unter der 450 Euro-Gehaltsgrenze zu bleiben.
Welche Ausnahmeregeln für Ärzte relevant sein können
Grundsätzlich gilt: Der Mindestlohn ist zwingend. Einige Ausnahmen macht das Gesetz aber doch – ein Überblick.
- Auszubildende und ehrenamtlich Tätige sowie junge Arbeitnehmer unter 18 Jahren ohne Berufsabschluss erhalten auch künftig keinen Mindestlohn.
- Schwierig ist die Sachlage bei Praktikanten: Sie können den Mindestlohn nur dann verlangen, wenn sie kein Pflichtpraktikum im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium absolvieren. Die Dauer solcher Praktika ist dabei irrelevant
- Auch im Rahmen von freiwilligen berufs- oder hochschulbegleitenden Praktika ist in der Regel. kein Mindestlohn zu bezahlen. Allerdings gilt das nur, wenn die Praktika nicht länger gehen als drei Monate.
- Schnupper- bzw. Orientierungspraktikum für die Wahl einer Ausbildung / eines Studiums sind bis zu einer Dauer von drei Monaten ebenfalls von der Neuerung ausgenommen.
- Ferner gilt: Ärzte, die Langzeitarbeitslose einstellen, also Personen, die zuvor länger als zwölf Monate arbeitslos waren, müssen diesen Mitarbeitern in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung keinen Mindestlohn bezahlen.