Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Abrechnung
Inhaltsverzeichnis

Zunächst einmal stellt sich für die Ärztin oder den Arzt die Frage, zu welchem Zeitpunkt man die Rechnung bei Selbstzahlern stellen sollte. In § 12 der GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) steht dazu nichts. Generell gilt aber, dass die Rechnung in Schriftform gestellt werden muss; mündliche Vereinbarungen gelten nicht. Zwei Aspekte sind besonders wichtig.

Dreijährige Verjährungsfrist und Verwirkung

  • Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 des bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) startet am 1. Januar des Folgejahres, in dem der Anspruch entstanden ist.     Beispiel: Behandlung beendet im November 2022, Rechnung gestellt im März 2023, Verjährungsfrist läuft vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2026.

  • Der zweite Aspekt ist die Verwirkung. Wenn eine Behandlung abgeschlossen ist und keine Rechnung gestellt wird, kann der Anspruch auch nicht verjähren. Wenn der Empfänger der ärztlichen Leistung davon ausgehen kann, dass keine Rechnung mehr kommt, so hat der Erbringer der Leistung seinen Anspruch verwirkt.

So können Sie die Verwirkung verhindern

Der zweite Punkt sorgt immer wieder für juristische Streitigkeiten. Diesen kann man entgehen, wenn man zeitnah nach Ende einer Behandlung oder bei chronisch Kranken mindestens ein- bis zweimal im Jahr eine Rechnung stellt. Dies sollte man schon aus eigenem Interesse machen. Denn solange die Ansprüche nicht gestellt und befriedigt sind, reduziert dies die Liquidität der Praxis. Wenn die Rechnung formal korrekt gestellt wurde, so wird diese fällig. Dabei kommt es nicht auf die inhaltliche Korrektheit an. Falls zum Beispiel GOÄ-Nummern in einer Sitzung abgerechnet wurden, die nebeneinander ausgeschlossen sind, so kann der Rechnungsempfänger das monieren und um Korrektur der Rechnung bitten. Natürlich sollte die Rechnung von vornherein auch inhaltlich korrekt sein.

Steigerungsfaktoren für die Abrechnung

Eine ärztliche Leistungen darf man zwischen dem 1,0-fachen und dem 2,3-fachen Satz abrechnen. Allerdings setzt dies voraus, dass der Rechnungsempfänger keine Sonderregelung mit seiner privaten Krankenversicherung wie etwa den Basistarif vereinbart hat. Darüber muss der Arzt aber vor Behandlungsbeginn aufgeklärt werden. Allgemein akzeptiert ist die Verwendung des 2,3-fachen Satzes. Eine GOÄ-Nummer kann maximal bis zum 3,5-fachen Satz in Rechnung gestellt werden, wenn eine Begründung nach § 5 beigefügt ist. Dort ist ganz klar geregelt, dass nur

  • die Schwierigkeit der jeweiligen Leistung,

  • der Zeitaufwand der einzelnen Leistung oder

  • die Umstände bei der Ausführung

als Begründung für einen Steigerungssatz über 2,3-fach herangezogen werden darf. 

Abrechnungsbeispiel

Betrachten wir dies anhand eines Beispiels. Bei einem Mann mit Verdacht auf Hodentumor mit abdominaler Metastasierung wird man beide Hoden, Prostata und Blase, beiden Nieren, das Abdomen und die Leber schallen, um die Ausbreitung des Tumors und eventuelle Metastasen zu erkennen oder alternativ ein CT oder MRT machen. Bei der Sonografie kann man aber nur einmal die Nr. 410 und maximal dreimal die Nr. 420 jeweils mit Angabe des geschallten Organs abrechnen. Mit der Angabe von zwei Organen bei der Nr. 420 kann man zum Beispiel dafür den 3,0-fachen Satz abrechnen, wegen des höheren Zeitaufwandes. Während dies allgemein akzeptiert wird, ist der höhere Zeitaufwand bei anderen Leistungen schwieriger. Denn vor Gericht wurden teilweise schon der durchschnittliche Zeitaufwand und der Zeitaufwand der abgerechneten GOÄ-Nummer gefordert, um die Begründung zu akzeptieren.

Da kein Arzt mit der Stoppuhr arbeitet, sind andere Begründungen leichter. So kann man bei dementen Patienten eher die Schwierigkeit der Anamnese oder bei vermindert mobilen Personen die Schwierigkeit bei der Untersuchung als Begründung angeben. Generell ist es unwahrscheinlich, dass man in einer Rechnung bei allen GOÄ-Nummern einen maximal gesteigerten Satz angeben kann und von den Kostenträgern auch akzeptiert bekommt. Das bedeutet, dass man einen höheren Satz gezielt einsetzen sollte.

Paragraf 2

Man darf, sofern man es vorher mit dem Rechnungsempfänger schriftlich vereinbart hat, auch eine abweichende Vereinbarung gemäß § 2 treffen. Dabei gelten neben der Bewertung in Punkten auch alle anderen Regelungen der GOÄ. Einzig die Begrenzung auf den 2,3-fachen beziehungsweise mit Begründung maximal 3,5-fachen Satz der Gebühren ist aufgehoben. Wenn ein Mann aus Sorge vor einem Tumor eine eingehende Erläuterung wünscht, welche Optionen es bei einem Prostatakarzinom gibt, so kann man dafür zum Beispiel die Nummer 3 vereinbaren zum zehnfachen Satz. Die Mindestzeit bei Nummer drei beträgt zehn Minuten. Mit der vereinbarten Gebühr hätte man eine Gesprächsdauer von rund 40 Minuten abgedeckt. Aber Achtung: Man muss vorher abschätzen, wie lange die ausführliche Erläuterung dauert, und dementsprechend einen passenden Steigerungssatz vereinbaren. Denn es ist unzulässig, eine abweichende Vereinbarung zu treffen, die je vollendete 15 Minuten läuft und bei einer Gesprächsdauer von 62 Minuten viermal abgerechnet wird. Das erlaubt die GOÄ nicht.

Analogabrechnung

Die GOÄ bildet – abgesehen von der Leichenschau – den Stand von 1996 ab. Damit ist klar, dass neuere Diagnostik- und Behandlungsmethoden darin nicht enthalten sein können. Einen Ausweg bietet der § 6 Abs. 2. Dieser besagt, dass Leistungen, die nicht in der GOÄ enthalten sind, analog zu gleichwertigen GOÄ-Nummern abgerechnet werden dürfen. Damit sind Streitigkeiten nahezu vorprogrammiert. Denn der Rechnungsempfänger kann in der Regel nicht beurteilen, ob die in der Rechnung verständlich beschriebene Leistung der nachfolgend samt Legende aufgeführten Leistung wirklich gleichwertig ist. Für etwas Beruhigung sorgt die Liste der analogen Bewertungen, die sich auf der Homepage der Bundesärztekammer befindet. Diese Liste ist nicht abschließend. Man hat dabei die Sicherheit, dass Kostenträger diese analogen Bewertungen akzeptieren und der Rechnungsempfänger davon ausgehen kann, dass es zumindest von der privaten Krankenversicherung in der Regel keine Probleme mit der Erstattung geben wird. Nach dem Vorgesagten kann jede Ärztin und jeder Arzt selbst Analogien bilden, wenn die Leistung nicht in der GOÄ enthalten ist. Dabei ist es empfehlenswert, nur solche Leistungen zur Analogiebildung heranzuziehen, die man selbst häufig abrechnet. In der Rechnung muss man die erbrachte Leistung verständlich beschreiben, gefolgt von dem Zusatz „analog zu Nr. XY“ samt Legende. Außerdem müssen nach § 12 bei jeder GOÄ-Nummer das Leistungsdatum, eine eventuell genannte Mindestdauer, der Steigerungssatz und die resultierende Summe angegeben werden.

Möglichkeiten bei Ausschlüssen

Sofern zwei GOÄ-Nummern nicht nebeneinander abgerechnet werden dürfen, so ist beim Abrechnungsausschluss in der Regel eine Sitzung gemeint. Denn wenn dabei zum Beispiel der Behandlungsfall oder ein anderer Zeitraum gemeint ist, so steht das bei dem Abrechnungsausschluss in der GOÄ dabei. Die Ärztin oder der Arzt kann bei einem Abrechnungsausschluss frei entscheiden, welche der nebeneinander ausgeschlossenen GOÄ-Nummern sie oder er dann nicht abrechnet. Natürlich hängt das von der Bewertung ab. So rechne ich eine Blutentnahme nicht ab, wenn ich Nr. 3 plus eine Untersuchungsnummer (5 - 8) abrechnen will und der Patient vom Laborarzt eine eigene Rechnung für die Laborleistung bekommt. Wenn ich hingegen die Laborleistungen selbst erbringe und abrechnen will und diese mehr Einnahmen bringen als die Differenz zwischen Nr. 1 und Nr. 3, so rechne ich die Nr. 1 eventuell mit höherem Steigerungssatz ab und verzichte auf die Nr. 3, die viele Abrechnungsausschlüsse hat. Dann rechne ich zusätzlich die Blutentnahme und das Labor ab.