Warum Rechtsschutz für Ärzte keine „Luxuspolice“ ist
Marzena SickingKrankenkassen, Versicherungen – ja selbst die eigenen Patienten sorgen immer wieder dafür, dass sich Ärzte vor Gericht verantworten müssen. Ein trauriger Befund. Doch zumindest lässt sich das Risiko hoher Prozesskosten mit einer Rechtsschutz-Police minimieren.
Zugegeben: Es gibt Policen, die sind wichtiger als eine Rechtsschutzversicherung. Die Berufshaftpflicht zum Beispiel. Oder eine leistungsstarke Absicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit. Dass viele Verbraucherschützer eine Rechtsschutzversicherung als eine Art „Luxuspolice“ für Sicherheitsverliebte abtun, ist in dieser Absolutheit allerdings nicht nachzuvollziehen.
Gerade für Niedergelassene sind die Gefahren von Rechtsstreitigkeiten erheblich, fast jeder Arzt muss im Laufe seines Lebens den einen oder anderen Gerichtsprozess durchfechten – schließlich bewegen sich Praxisinhaber bei ihrer täglichen Arbeit in mehreren juristischen „Hochrisikogebieten“.
Gefahrenquelle Nummer eins: das Personal
Egal, ob eine gekündigte MFA gegen ihren – vermeintlich ungerechtfertigten – Rauswurf klagt oder eine abgelehnte Bewerberin vor Gericht Schadenersatz verlangt, weil sie sich durch die Nichteinstellung diskriminiert fühlt: Arbeitsrechtliche Streitigkeiten lassen sich gerade in größeren Praxen nicht immer vermeiden. Wer sich dann anwaltlich beraten lässt, hat deutlich bessere Karten auf einen erfreulichen Ausgang des Verfahrens.
Gefahrenquelle Nummer zwei: die Patienten
Allein im Jahr 2015 (Statistiken für 2016 lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor) haben die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bundesweit insgesamt 7.215 Entscheidungen zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern getroffen. Anders ausgedrückt: Pro Tag landen rund 20 Beschwerden auf den Schreibtischen der Schlichter und Gutachter. Die Zahl der einschlägigen Anwaltsschreiben dürfte nochmal um ein Vielfaches höher liegen. Die meisten Behauptungen, ein Arzt habe einen Behandlungs- oder Aufklärungsfehler begangen, erweisen sich im Laufe der Verfahren zwar als unhaltbar. Ohne anwaltlichen Unterstützung aber lässt sich ein solcher Prozess kaum erfolgreich führen.
Gefahrenquelle Nummer drei: Versicherungen und Kassen
Streit um Abrechnungen, Budgetüberschreitung und Ähnliches sind inzwischen fast schon ein fixer Bestandteil der Arbeit im Gesundheitswesen. Um Regressforderungen und andere Krisenlagen gut zu überstehen, ist juristischer Beistand unerlässlich.
Gefahrenquelle Nummer vier: allgemeine Widrigkeiten
Der Eigentümer der Praxisräume setzt auf einmal eine horrende Mieterhöhung fest, die MFA hat einen (unverschuldeten) Crash mit dem Praxis-Auto, aber der Unfallgegner zahlt nicht… Auch in solchen Fällen ist es angenehm, als Anwalts Liebling zu firmieren.
Welche Rechtsschutzversicherungen gibt es?
Angesichts der Vielfalt potenzieller Rechtsstreitigkeiten bieten die meisten Versicherer Policen nach dem Bausteinprinzip an. Standard sind meist
- der Berufsrechtsschutz,
- der Privatrechtsschutz und
- der Verkehrsrechtsschutz.
Nicht automatisch versichert sind bei den meisten Anbietern hingegen Steuerrechts-, Datenrechts- oder Internetrechtsschutz. Auch der Vertrags- und Sachrechtsschutz (wichtig bei Ärger mit den Lieferanten teurer Geräte) ist nicht in allen Verträgen enthalten, sondern muss gegen Aufpreis dazu gebucht werden.
Auf die Kosten der Rechtsschutz-Police achten
Klären sollten Ärzte zudem, ob der Praxisrechtsschutz in einer Gemeinschaftspraxis auch Streitigkeiten zwischen den Partnern abdeckt bzw. ob ein solcher Schutz überhaupt nötig ist. Auch ein Forderungs- und Inkassorechtsschutz ist nicht in allen Policen enthalten. Er kann sich für aber gerade für Praxen lohnen, die viele Selbstzahler unter ihren Patienten haben und nicht mit privatärztlichen Verrechnungsstellen kooperieren.
Tipp: Eine leistungsstarke Rechtsschutz-Police kann – je nach Praxis – schnell ein paar hundert Euro Jahresprämie verursachen. Überprüfen Sie, bevor Sie einen Vertrag unterschreiben, ob ihr Berufsverband womöglich Sonderkonditionen für eine Rechtsschutzversicherung anbietet. Oft besteht zudem die Chance, die Kosten durch einen Selbstbehalt zu reduzieren.