Unabhängige Vermögensverwalter bewähren sich in turbulenten Zeiten
A&W RedaktionHaben Anleger, die ihr Geld einem Vermögensverwalter anvertraut haben, in turbulenten Zeiten mehr Gewinn gemacht: Prof. Hartwig Webersinke, Dekan an der Technischen Hochschule Aschaffenburg, und Leiter des Instituts für Vermögensverwaltung, weiß es.
Herr Prof. Webersinke, Sie sind Dekan an der Technischen Hochschule Aschaffenburg und leiten dort das Institut für Vermögensverwaltung (InVV). Wie haben sich die unabhängigen Vermögensverwalter 2022 geschlagen?
Prof. Webersinke: Aus der Perspektive der Wissenschaft haben sie den Kunden auch im turbulenten Börsenjahr 2022 einen Mehrwert geboten. Unsere jährliche Untersuchung, bei der 40 Prozent der unabhängigen Vermögensverwalter in Deutschland teilnahmen und die nun zum zehnten Mal stattfand, zeigt dies klar.
Könnten Sie das weiter ausführen?
Prof. Webersinke: Die rund 150 teilnehmenden Vermögensverwaltungen haben mit den Depots der Kunden spürbar weniger verloren als der breite Markt: Der Weltaktien-Index MSCI World verlor 13 Prozent, die Vermögensprofis nach Abzug aller Kosten im Mittel rund acht Prozent. Dies ist bemerkenswert, da auch die Rentenmärkte wegen der massiven Zinsabhebungen sehr unter Druck geraten sind.
Somit waren die Kunden der Vermögensverwalter vom Renten-Crash weniger betroffen?
Prof. Webersinke: Genau, denn in den Kundendepots fanden sich kaum Anleihen mit langen Laufzeiten, deren Kurs bei einem Zinsanstieg deutlich sinkt. Bei den sehr kurzen Laufzeiten, die sich fast parallel zu den Notenbankzinsen entwickeln, profitierten die Depots sogar vom Zinsanstieg.
Wie werden sich die Vermögensverwalter bei den nun deutlich höheren Zinsen positionieren?
Prof. Webersinke: Gut die Hälfte der befragten Vermögensprofis will den Anteil von Anleihen und Anleihe- bzw. Rentenfonds erhöhen. Diese Aufstockung soll zu Lasten der Liquidität gehen, die Aktienquote soll folglich nicht sinken. Angesichts der Tatsache, dass Aktien langfristig die besten Renditetreiber sind, ist dies aus meiner Sicht das erfolgversprechendste Vorgehen.
Zahlt sich das für die Branche aus?
Prof. Webersinke: Je nach Unternehmensgröße haben die Hälfte bis zu drei Viertel der Befragten selbst im schwachen Börsenjahr 2022 neue Kunden hinzugewonnen. Das heißt: Unabhängige Vermögensverwalter gewinnen zunehmend das Vertrauen von immer mehr Anlegern. Die Branche ist zu großen Teilen zuversichtlich, dass sich der Zuwachs in diesem Jahr fortsetzen wird.
Autor: Jürgen Lutz