Warum Fremdwährungskonten ab Januar zur Steuerfalle werden können
Gerd HübnerWer bislang Einkünfte aus Fremdwährungskonten verschwiegen hat, könnte ab diesem Jahr ein Problem bekommen. Denn seit Anfang 2025 müssen Banken auf Erträge aus Fremdwährungskonten die Abgeltungssteuer abführen. Wie Betroffene reagieren können.
Fremdwährungskonten sind durchaus keine Seltenheit bei den Anlegern. „Laut Bundesbank-Schätzung gibt es rund 30 Millionen Wertpapierdepots hierzulande und wenn man davon ausgeht, dass nur fünf Prozent davon ein Fremdwährungskonto haben, was durchaus realistisch ist, wäre das mehr als eine Million“, informiert Rolf Müller von der fintegra GmbH Steuerberatungsgesellschaft in Nürnberg.
Gründe, ein Fremdwährungskonto zu haben, gibt es tatsächlich reichlich. „Das reicht von attraktiveren Zinsen, die es in einer Fremdwährung gibt, über die Diversifikation des Portfolios gegenüber dem Euro bis hin zur Einsparung von Kosten, wenn jemand in einem anderen Währungsraum Geld anlegt“, erklärt Stefanie Dyballa von der KSW Vermögensverwaltung in Nürnberg.
Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 19. Mai 2022
Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 19. Mai 2022 dürfte deshalb für viele Anleger von Bedeutung sein. Davor mussten sich Besitzer solcher Konten über die steuerliche Behandlung der dort angefallenen Währungsgewinne nämlich keine großen Gedanken machen. „Bei den angefallenen Zinsen wurde die Abgeltungssteuer von den Banken direkt an den Fiskus abgeführt, Erträge aus Fremdwährungen aber fielen unter die Spekulationseinkünfte und waren damit nach einem Jahr steuerfrei, wobei Verluste folglich auch nicht steuerlich geltend gemacht werden konnten“, erklärt Müller.
Doch mit dem genannten Schreiben hat sich das geändert. Demnach fallen Einkünfte aus verzinsten Fremdwährungskonten nun nicht mehr unter die Spekulations- sondern unter die Kapitaleinkünfte. „Das bedeutet, dass auf realisierte Währungsgewinne in solchen Konten jetzt die Abgeltungssteuer fällig wird“, erklärt Dyballa. Die Crux an der Sache: Banken müssen die Abgeltungssteuer auf Währungsgewinne erst ab 1. Januar 2025 an den Fiskus abführen, wobei einige Kreditinstitute auch schon in diesem Jahr damit begonnen haben.
Für Anlegerinnen oder Anleger, die in den vergangenen Jahren Fremdwährungseinkünfte verschwiegen haben, kann dies Folgen haben. „Das Finanzamt kann so nachvollziehen, wer Währungskonten hat und dies nachverfolgen“, sagt Dyballa. Was also können Anleger tun? „Zunächst einmal sollte man sich anschauen, welche Art von Währungskonto man besitzt“, rät Müller.
Erträge aus unverzinsten Währungskonten sind Spekulationsgewinne
Erträge aus unverzinsten Währungskonten fallen weiter unter die Spekulationsgewinne, hier ändert sich nichts. Anders sieht es bei verzinsten Währungskonten ohne Zahlungsfunktion, also zum Beispiel Termingeldanlagen, aus. Hier kommt die neue Regelung zum Tragen, das heißt, Währungsgewinne müssen nun versteuert werden.
„Wer bei einem solchen Konto in der Vergangenheit Währungsgewinne nicht angegeben hat, dem droht nun die Nachverfolgung durch die Steuerbehörde“, sagt Dyballa. „In diesem Fall muss man sich überlegen, ob man dem Fiskus zuvorkommt und eine Selbstanzeige stellt, um sich vor negativen Folgen zu schützen.“ Das heißt, die nicht angegebenen Währungsgewinne würden dann nachversteuert werden.
Kompliziert und unklar wird es bei der dritten Variante, die zugleich am häufigsten auftritt: den Zahlungsverkehrskonten. „Solche Konten sind gedacht, um Zahlungen zu tätigen, also vergleichbar einem Girokonto“, sagt Müller. Und hier besteht die Unklarheit darin, ob die Erträge bei einem Zahlungskonto, wenn es verzinst ist, unter die Spekulations- oder unter die Kapitaleinkünfte fallen.
Zwar kann die Bank die Erträge als Kapitaleinkünfte einstufen. „Für den Anleger bleibt aber ein Interpretationsspielraum und er kann diesen unabhängig von der Einstufung durch die Bank für sich nutzen“, erklärt Müller. „Ob nun aber im Einzelfall die Einstufung nach Kapitalerträgen oder Spekulationsgewinnen vorteilhafter ist, ist schwer zu sagen. Hier sollten Anleger besser einen Steuerberater zu Rate ziehen.“
Fremdwährungskonten aus steuerlichen Gründen auflösen?
Grundsätzlich gibt es noch eine weitere Möglichkeit: So wird häufig geraten, Fremdwährungskonten aufzulösen. „Natürlich wird damit aber nicht das Problem für die Vergangenheit beseitigt. Allenfalls die Wahrscheinlichkeit der Nachverfolgung durch das Finanzamt würde etwas sinken“, sagt Müller. Auf jeden Fall aber sollten Besitzer von Währungskonten jetzt aktiv werden, die Einkünfte der Vergangenheit von einem Experten aufarbeiten lassen und dann – je nachdem – Selbstanzeige stellen.
Exkurs: Fremdwährungsgewinne – besser als Kapitalertrag oder als Spekulationsgewinn behandeln?
Nicht wenige Anleger hierzulande besitzen ein verzinstes Zahlungsverkehrskonto. Doch stellt sich mit dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 19. Mai 2022 die Frage, ob die dort realisierten Währungsgewinne unter den § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) fallen und damit nach Ablauf der Spekulationsfrist von einem Jahr steuerfrei sind, oder ob sie als Kapitaleinkünfte nach § 20 EStG besteuert werden. Im zweiten Fall unterliegen sie der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent, die auf alle Kapitaleinkünfte wie Zinserträge, Dividenden oder Kursgewinne entrichtet werden muss und von der jeweiligen Bank automatisch an den Fiskus abgeführt wird.
„Tatsächlich ist es so, dass das genannte Schreiben nicht eindeutig ist, ob realisierte Währungsgewinne bei verzinsten Zahlungsverkehrskonten als Kapital- oder Spekulationsgewinne eingeordnet werden müssen“, macht Rolf Müller von der fintegra GmbH Steuerberatungsgesellschaft in Nürnberg klar. „Und damit hat der Anleger einen Interpretationsspielraum.“ Zwar fallen verzinste Zahlungsverkehrskonten nach Meinung der Finanzverwaltung unter § 23 EstG, da diese davon ausgeht, dass bei Zahlungsverkehrskonten bezüglich potenzieller Fremdwährungsgewinne keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. „Dem muss sich der Steuerpflichtige aber nicht anschließen“, erläutert der Experte. Das ist deshalb wichtig, weil es je nach Einordnung realisierter Währungsgewinne zu zum Teil erheblichen Unterschieden bei der Steuerbelastung kommen kann.
„Wichtig ist dabei, dass nicht immer der eine oder der andere Weg besser ist, sondern es auf die individuelle Situation des Anlegers ankommt“, sagt Müller. So bietet zwar die Behandlung nach §20 mit der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent den niedrigeren Steuersatz, dafür aber ist die Bemessungsgrundlage breiter. „Beim § 23 hingegen kommt der individuelle Steuersatz zum Tragen, die Bemessungsgrundlage aber ist weniger breit“, so Müller. „Und damit hängt das Ergebnis, was günstiger ist, auch von weiteren Faktoren wie der Struktur des Kontos, von den anderen anfallenden Kapitalerträgen und dem sogenannten ‚First-in-first-out‘-Verfahren, das bei der Behandlung der Währungsgewinne angewandt wird, ab.“
Warum § 20 EStG tendenziell günstiger ist
Zumindest lassen sich Tendenzaussagen treffen, was vorteilhafter ist. „So dürfte tendenziell § 20 EStG günstiger sein, wenn Fremdwährungsverluste und gleichzeitig höhere Einkünfte aus Zinsen, Dividenden und anderen Kapitalanlagen vorliegen“, sagt Müller. „Und das gilt auch, wenn wenig Privatzahlungen von dem jeweiligen Fremdwährungskonto erfolgen, wenig Zinsen, Dividenden oder ähnliches auf dem Fremdwährungskonto erzielt werden oder wenn überwiegend oder sehr häufig ein Zeitraum von weniger als einem Jahr zwischen der Veräußerung und Anschaffung liegt.“ Genau umgekehrt verhält es sich im Fall des § 23.
Wie ein solcher Vergleich zwischen der Behandlung von Fremdwährungsgewinnen nach § 20 und nach §23 exemplarisch aussehen kann, wird im Folgenden in einer Musterrechnung dargestellt. In dem Beispiel wird am 28.09.2022 ein Betrag von 47.000 US-Dollar vom Euro-Konto auf das Fremdwährungskonto überwiesen. Aus dem Verkauf eines Fonds am 27.02.2023 und einer Dividendenzahlung am 02.06.2023 fließen insgesamt weitere 28.500 Dollar zu. Mit der auf dem Fremdwährungskonto vorhandenen Summe werden am 17.07.2023 Aktien erworben, woraus sich ein Gewinn ergibt.
Die Ermittlung des zu versteuernden Gewinns aus der Fremdwährung nach § 23 EStG sieht folgendermaßen aus:
Transaktionsart | Handelsdatum | Ergebnisrelevant | Betrag in USD | Devisenkurs | Betrag in EUR |
---|---|---|---|---|---|
Kauf Aktie | 17.07.2023 | √ | -75.500,00 | 1,1230 | -67.230,63 |
Umbuchung | 12.07.2022 | X | 47.000,00 | 1,1230 | 41.852,18 |
Verkauf Fonds | 27.02.2023 | √ | 25.000,00 | 1,0554 | 23.687,70 |
Dividende | 02.06.2023 | X | 3.500,00 | 1,1230 | 3.116,65 |
Zu versteuernder Gewinn aus Fremdwährung: | 1.425,90 |
Quelle: fintegra GmbH Steuerberatungsgesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Nach § 23 EStG lösen Käufe und Verkäufe ein steuerliches Ergebnis aus. Bei Dividendenzahlungen ist dies jedoch nicht der Fall, da diese keine Anschaffung bzw. Veräußerung eines Wirtschaftsguts darstellen. Wichtig ist, dass es nach § 23 EStG eine einjährige Spekulationsfrist gibt. Transaktionen, die länger als ein Jahr zurückliegen, unterliegen im Gegensatz zum § 20 EStG nicht der Steuerpflicht. Durch den Kauf einer Aktie kommt es dann zu einem Fremdwährungsabgang auf dem Konto, was zu einem Fremdwährungsgewinn in Höhe von 1.425,90 Euro führt.
Nach § 20 EStG hingegen sind alle aufgeführten Transaktionsarten steuerrelevant, sodass hier der Gewinn aus Fremdwährungen 6.512,38 Euro beträgt.
Transaktionsart | Handelsdatum | Ergebnisrelevant | Betrag in USD | Devisenkurs | Betrag in EUR |
---|---|---|---|---|---|
Kauf Aktie | 17.07.2023 | √ | -75.500,00 | 1,1230 | -67.230,63 |
Kontoübertrag | 12.07.2022 | √ | 47.000,00 | 1,0042 | 46.803,43 |
Verkauf Fonds | 27.02.2023 | √ | 25.000,00 | 1,0554 | 23.687,70 |
Dividende | 02.06.2023 | √ | 3.500,00 | 1,0763 | 3.251,88 |
Zu versteuernder Gewinn aus Fremdwährung: | 6.512,38 EUR |
fintegra GmbH Steuerberatungsgesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Fazit: In diesem exemplarischen Fall führt das Ergebnis nach § 20 EstG für den Anleger zu einem höheren zu versteuernden Gewinn. Es würde also in diesem Fall Sinn machen, den oben angedeuteten Interpretationsspielraum dahingehend zu nutzen, dass der Anleger seine Fremdwährungsgewinne als Spekulationsgewinn behandelt und nicht als Kapitaleinkünfte.