Klarheit für niedergelassene Ärzte in Sachen Gewerbesteuer
A&W RedaktionAuch wenn es sich manchmal anders anfühlt: Ärzte gehören zu den freien Berufen. Doch entfällt damit automatisch die Pflicht, Gewerbesteuer zahlen zu müssen? Ein aktuelles Urteil bringt Licht ins Dunkel.
Zunächst die gute Nachricht. Da niedergelassene Ärzte einen freien Beruf ausüben, fällt auf ihre Honorar im Normalfall keine Gewerbesteuer an. In vielen Praxen kommt der Fiskus trotzdem zum Zug – etwa, wenn ein Arzt seinen Patienten nicht nur bestimmte Hilfsmittel verschreibt, sondern ihnen diese auch gleich verkauft.
Die Gewerbesteuer-Fallen Nummer eins ist jedoch nicht der Verkauf von Medizinprodukten, sondern der eigene Praxiserfolg – zumindest, wenn er mit der Anstellung von Kollegen einhergeht. Der Grund: Eines der elementarsten Elemente der Freiberuflichkeit ist es, dass der Arzt seine Leistung persönlich erbringt. Wer seine Praxis allein betreibt, hat damit meist keine Probleme.
Niedergelassene, die andere Ärzte bei sich beschäftigen, werden vom Fiskus hingegen immer wieder mit Gewerbesteuerforderungen konfrontiert. Das Argument der Behörden lautet dann größtenteils, dass der Arzt die durch Kollegen erbrachten Leistungen mengenmäßig nicht mehr überwachen und daher kaum noch persönlichen Einfluss auf die heilberufliche Tätigkeit der Kollegen ausüben könne.
Dieser recht pauschalen Sichtweise hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun allerdings eine Absage erteilt. AuW.de hat das Grundsatzurteil der Münchner Richter für Sie zusammenfasst.
Mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten
Stellen selbstständige Ärzte Kollegen ein, verlieren sie damit nicht zwangsläufig ihren steuerrechtlichen Status als Freiberufler. Das gilt zumindest dann, wenn sie die patientenbezogene Tätigkeit des angestellten Fachpersonals maßgeblich beeinflussen, so der BFH in seinem jüngsten Urteil zu diesem Thema (Az.: VIII R 41/12).
Ein solcher Einfluss auf die medizinische Versorgung der Patienten liegt nach Ansicht der Bundesrichter zum Beispiel vor, wenn der Praxisinhaber die anstehenden Voruntersuchungen selbst durchführt, im Einzelfall die Behandlungsmethode festlegt und „problematische Fälle“ selbst behandelt.
Anders ausgedrückt: Um beim Finanzamt keine (begründeten) Begehrlichkeiten zu wecken, müssen die Inhaber größerer Praxen darauf achten, dass sie für Patienten auch dann noch eine Bezugsperson bleiben, wenn sie (fachfremde) Kollegen bei sich anstellen. Das gilt umso mehr, wenn diese Kollegen in Zweig- und Filialpraxen zum Einsatz kommen.
Steuerfalle Gemeinschaftspraxis
Nicht nur die persönliche Leistungserbringung kann darüber entscheiden, ob ein Arzt Gewerbesteuer zahlen muss oder nicht. Gerade bei Gemeinschaftspraxen hat der Fiskus noch weitere Ansatzpunkte.
So entschied im vergangenen Jahr das Finanzgericht Düsseldorf: Ist ein Arzt nicht an Gewinn und Verlust einer Gemeinschaftspraxis beteiligt, sondern er erzielt nur eigene Honorarumsätze, kann daraus eine Gewerbesteuerpflicht für alle Beteiligten erwachsen (Az. F11 K 3969/11 G )
Im konkreten Fall hatten zwei Ärzte einer Gemeinschaftspraxis eine neue Kollegin aufgenommen. Vertraglich wurde vereinbart, dass die Frau einen prozentualen Anteil des erzielten Honorarumsatzes erhalten sollte.
Zwar sah der Vertrag die Möglichkeit auf den Erwerb eigener Anteile an der Gemeinschaftspraxis vor. Diese Option nahm die Kollegin jedoch nicht wahr. Auch an Gewinnen oder Verlusten der Praxis war die sie nicht beteiligt.
Verhängnisvolle Vertragsgestaltung
Das Finanzamt stufte die Einnahmen der Ärztin als gewerbesteuerpflichtig und die Gemeinschaftspraxis als Gewerbeunternehmen ein – und wurde vom Gericht bestätigt. Das Argument: Mangels unternehmerischen Risikos sei die neue Kollegin nicht als Mitunternehmerin der Praxis einzustufen und ihre Einnahmen gewerbesteuerpflichtig. Da die Frau zudem von den übrigen Praxisinhabern nicht überwacht wurde, sei sogar die gesamte Gemeinschaftspraxis als Gewerbebetrieb anzusehen. Damit unterlägen sämtliche Einnahmen der Gewerbesteuer.
Fazit: Wer mit seiner Praxis expandieren und Kollegen anstellen möchte, muss bei der Vertragsgestaltung mit äußerster Vorsicht agieren. Zudem ist im Berufsalltag stets darauf zu achten, dass sich die Leistungen des angestellten Arztes für einen neutralen Dritten, die Leistung als solche des Praxisinhabers darstellen.