Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Steuern

Das deutsche Steuerrecht ist bekanntermaßen das komplizierteste der Welt. Der Bereich der Umsatzsteuer macht da keine Ausnahme – und er treibt immer mehr Ärzte (sowie deren Steuerberater) zur Verzweiflung.

Der Grund: Normalerweise sind ärztliche Heilbehandlungen von der Umsatzsteuer befreit (siehe § 4 Nr. 14 UStG). Dieses Privileg existiert wohl auch, um Kassen und Versicherungen das Begleichen von Rechnungen mit einem 19-prozentigen Aufschlag zu ersparen.

Allerdings verschwimmen im modernen Gesundheitsbetrieb allzu oft die Grenzen zwischen kurativen Maßnahmen und Behandlungen, die eher im Bereich Wellness/Schönheit anzusiedeln sind, und damit nicht dem Umsatzsteuerprivileg unterfallen: Für kosmetische Operationen, das Entfernen von Tätowierungen oder Botox-Injektionen müssen Ärzte daher ebenso die 19 Prozent Umsatzsteuer berechnen und abführen, wie für bestimmte Gutachter-Tätigkeiten.

Überprüfung der Umsatzsteuerpflicht von Ärzten durch die Finanzämter

Doch offenbar bleiben die Einnahmen, die die Finanzämter mit ärztlichen Umsatzsteuern erzielen, noch immer hinter den Erwartungen zurück. Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) jedenfalls hat in seinem Jahresbericht 2016 moniert, dass die „systematische Überprüfung der Umsatzsteuerpflicht von Ärzten durch die Finanzämter in zu vielen Fällen unterbleibt“. Noch. Denn künftig soll insbesondere „die Abgrenzung zwischen steuerfreien Heilbehandlungen und steuerpflichtigen Umsätzen“ verstärkt geprüft werden.

Die Zeiten, in denen Ärzte wie selbstverständlich auf eine Umsatzsteuererklärung verzichtet konnten, dürften damit vorbei sein. Besonders aufwendig dürfte es für jene Mediziner werden, die regelmäßig als Gutachter arbeiten, einen Schwerpunkt auf ästhetische Behandlungen legen oder im Bereich der Prävention besonders aktiv sind: Denn auch wenn in diesen Bereichen regelmäßig Umsatzsteuer anfällt, erkennen die Gerichte doch auch immer wieder Ausnahmen an. Das macht die Steuererklärung nicht unbedingt einfacher.

Hausärzte im Vorteil beim Thema Umsatzsteuer

Ärzte, die nach wie vor überwiegend kurative Behandlungen erbringen und nur gelegentlich umsatzsteuerpflichtige Tätigkeiten ausüben, können jedoch ungeschoren davonkommen – indem sie sich zu Kleinunternehmern erklären. Die nämlich sind von allen Umsatzsteuer-Verpflichtungen freigestellt.

Um von dieser Regel zu profitieren, darf der gesamte Umsatz mit nicht kurativen Leistungen im vorangegangenen Jahr den gesetzlichen Vorgaben zufolge allerdings 17.500 Euro nicht überstiegen. Der voraussichtliche Umsatz des laufenden Jahres darf nicht oberhalb der 50 000 Euro Grenze liegen.

Wichtig: Wer im laufenden Geschäftsjahr erst eine Praxis eröffnet, muss seinen Umsatz aus Nicht-Heilbehandlungen hochrechnen. Wer plant, sich neu niederzulassen oder eine Praxis zu übernehmen, sollte sich deshalb schon im Vorfeld Gedanken machen, wie die umsatzsteuerpflichtigen Umsätze einzuschätzen sind – und welche Strategien er im Hinblick darauf verfolgt. Hierzu sollte man sich frühzeitig mit einem Steuerberater besprechen.