Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisfinanzierung

Wenn Ärzte mit ihrem Steuerberater zusammensitzen, um die Betriebswirtschaftliche Auswertung zu besprechen oder das Jahresabschlussgespräch zu führen, stellen sie meist die Frage: „Wo ist das ganze Geld hin?“ Der Steuerberater sollte daher gewappnet sein und im Vorfeld geprüft haben, woher die Lücke zwischen dem steuerlich ausgewiesenen Praxisgewinn und dem tatsächlich verfügbaren Geld (Liquidität) stammt.

Ein Grund für diese Lücke können die betrieblichen Bewirtungsaufwendungen sein, da das Finanzamt nur 70 Prozent des Gesamtaufwandes als Betriebsausgabe akzeptiert, obwohl natürlich auch die übrigen 30 Prozent auf dem Praxiskonto als Geldabfluss gebucht werden. Allerdings bleiben diese 30 Prozent bei der steuerlichen Gewinnberechnung unberücksichtigt. Dies gilt ebenfalls für angefallene Reisekosten, sofern deren berufliche Veranlassung im Einzelfall nicht ausreichend dokumentiert werden kann oder wenn deren Höhe steuerlich als unangemessen eingestuft werden muss, da die steuerlichen Höchstgrenzen überschritten werden. Diese Kosten werden ebenfalls dem Praxiskonto belastet (Geldabfluss), ohne dass sie den Praxisgewinn mindern.

Gleiches gilt für Tilgungsleistungen auf betriebliche Darlehen. Zwar sind die Tilgungen in der monatlichen Kapitaldienstrate enthalten, doch nur der in der Rate enthaltene Zinsanteil wird im Rahmen der Betriebsausgaben berücksichtigt. Ebenso verhält es sich mit den Privatanteilen für die private KFZ-Nutzung und dem Privatanteil für die insgesamt anfallenden und auf dem Praxiskonto gebuchten Telefonkosten. Alle diese steuerlich notwendigen Korrekturen erhöhen den Gewinn einer Praxis, obwohl die Kosten für Auto und Telefon vom Praxiskonto abgeflossen sind und somit die Liquidität senken.

Verwirrende Intransparenz

Dies sind nur die klassischen Beispiele, wie die Abweichungen zwischen dem steuerlichen Gewinn und der tatsächlichen Liquidität zustande kommen. Schließlich trägt nicht nur der betriebliche Bereich zur besagten Lücke bei.

Bei Ärzten, die ihren Gewinn nach der Einnahme-Überschuss-Rechnung ermitteln, werden nämlich oftmals nicht nur rein betriebliche Konten, sondern auch gemischte Praxiskonten geführt. Werden nichtbetriebliche Ausgaben von einem solchen Praxiskonto beglichen, können sie jedoch im Rahmen der Praxisgewinnermittlung steuerlich nicht berücksichtigt werden. Das gilt zum Beispiel für die Beiträge an die Krankenversicherung und zum Versorgungswerk.

Diese Kapitalabflüsse vom Praxiskonto müssen als Privatentnahmen erfasst werden, losgelöst davon, ob sie eventuell steuerlich als Sonderausgaben im Rahmen der Einkommensermittlung geltend gemacht werden. Neben diesen angesprochenen “Klassikern” sind auch die vom Praxiskonto getätigten reinen Privatentnahmen zur Finanzierung der Lebenshaltungskosten zu nennen. Vollkommen ohne steuerliche Berücksichtigung bleiben auch eventuell vom Praxiskonto getätigte Zins- und Tilgungsleistungen für die private Immobilienfinanzierung.

Praxis und Privates trennen

Diese Beispiele zeigen: Gemischte Praxiskonten werden in vielen Fällen mit zunächst steuerneutralen privaten Aufwendungen belastet, weshalb ein reiner Überschuss aus der eigentlichen Praxistätigkeit auf dem Konto nicht ohne Weiteres zu erkennen ist. Im Gegenteil, die Steuerberatererfahrung zeigt, dass – aus den genannten Gründen – viele Ärzte und Zahnärzte einen negativen Saldo auf dem Praxiskonto haben. Dadurch entsteht für den Praxisinhaber subjektiv der Eindruck, dass aus der Praxistätigkeit niemals der vom Steuerberater in der BWA oder im Jahresabschluss ausgewiesene Gewinn entstanden sein kann. Was bedeutet das?

Dringend zu empfehlen ist es, für Klarheit und Transparenz in der Organisation der Kontenführung zu sorgen. Dafür ist es wichtig, zwischen Praxiskonten und Privatkonten zu unterscheiden. Die Finanzierung der notwendigen Privatausgaben sollte durch regelmäßige und in der Höhe dem Praxisüberschuss angepasste Privatentnahmen erfolgen. Das bedeutet auch: Die Praxiskreditkarte etwa sollte strikt nur für betriebliche Aufwendungen genutzt werden. Für Transparenz sorgt auch, wenn beispielsweise mögliche Immobilienaufwendungen, ob für das eigengenutzte Objekt oder für vermietete Objekte, über separate Hausbankkonten abgewickelt werden.

Zugegeben, es ist für Mediziner im Alltag nicht immer leicht, diese strikte Trennung zwischen Privatem und Beruflichem einzubehalten. Wer jedoch konsequent ist, profitiert, denn er sieht auf einen Blick, ob auf dem Praxiskonto noch ausreichend finanzielle Deckung für Privatentnahmen vorhanden ist. Die finanziellen Dispositionen werden so erleichtert.

 

Günter Balharek Dipl.-Finw.

Steuerberater, alpha Steuerberatungsgesellschaft mbH