Schutz für Grundstückseigentümer vor späten Geldforderungen
A&W RedaktionKosten für die Erschließung neuer Grundstücke werden auf die Anlieger umgelegt. Aber das kann dauern: Manchmal ist ein Straßenabschnitt schon viele Jahre fertig – und dann kommt die Rechnung. Jetzt zieht das Bundesverfassungsgericht eine rote Linie.
(dpa) Grundstückseigentümer dürfen nach dem Bau einer Straße oder anderer Anlagen zur Erschließung nur für begrenzte Zeit an den Kosten beteiligt werden.
Eine Vorschrift, die das auch noch viele Jahre im Nachhinein ermöglicht, verstoße gegen das Gebot der Belastungsklarheit, teilt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit. Im konkreten Fall ging es um eine Regelung in Rheinland-Pfalz, sie muss nun überarbeitet werden. (Az. 1 BvL 1/19)
25 Jahre später kommt die Rechnung
Die Prüfung der Landesvorschrift hatte das Bundesverwaltungsgericht angestoßen. Dort ist der Fall eines Eigentümers anhängig, der sogenannte Erschließungsbeiträge in Höhe von mehr als 70.000 Euro zahlen soll. Seine Grundstücke in einem Gewerbegebiet hatten schon 1986 eine Straßenanbindung bekommen. Den finalen Bescheid erhielt er allerdings erst 2011. Denn in voller Länge fertiggestellt und offiziell gewidmet wurde die Straße im Jahr 2007.
Das rheinland-pfälzische Kommunalabgabengesetz sieht eine vierjährige Verjährungsfrist vor, die erst mit der Widmung der Straße zu laufen beginnt. Das ist nach der Entscheidung der Verfassungsrichterinnen und -richter nicht zulässig. Maßgeblich muss demnach der Zeitpunkt sein, zu dem für den einzelnen Grundstückseigentümer der Vorteil entsteht. Dieser sei für die Betroffenen erkennbar. Es dürfe niemand im Unklaren gelassen werden, ob noch mit Belastungen zu rechnen sei.
In Rheinland-Pfalz muss nun bis Ende Juli 2022 eine Neuregelung gefunden werden. Bis dahin dürfen Gerichte und Verwaltungsbehörden die verfassungswidrige Norm nicht mehr anwenden. Von der Änderung profitieren alle Grundstückseigentümer im Land, deren Bescheide über die Erschließungsbeiträge noch nicht bestandskräftig sind.
Unterschiedliche Fristen in Bundesländern
Eine konkrete Vorgabe für die zeitliche Höchstgrenze machten die Richterinnen und Richter des Ersten Senats nicht. Der Gesetzgeber habe hier einen weiten Spielraum. Eine Frist von 30 Jahren, wie sie manche Gerichte bisher aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz abgeleitet hatten, ist ihnen aber eindeutig zu lang.
Wie in der Entscheidung ausgeführt wird, haben sich andere Bundesländer überwiegend für Fristlängen von 10 bis 20 Jahren entschieden. Genannt werden Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In anderen Ländern bestehe keine ausdrückliche Regelung.