Abschreibung von Immobilien: Blamage fürs Bundesfinanzministerium
Judith MeisterDer Run auf Immobilien hält auch in der Corona-Krise an. Doch nicht nur die Sicherheit des Betongolds reizt Anleger. Wer sein Haus oder seine Wohnung vermietet, kann auch steuerlich profitieren. Allerdings ist der Weg zur üppigen Abschreibung oft steinig. Das zeigt ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs.
Ein Haus oder eine Wohnung lässt sich in Deutschland normalerweise nur zusammen mit dem Grundstück erwerben, auf dem die Immobilie steht. Das ist noch relativ unkompliziert, solange der Eigentümer selbst darin wohnt. Schwieriger wird es, wenn Immobilien steueroptimiert vermietet werden sollen.
Zwar lassen sich die Anschaffungskosten als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Der Haken ist jedoch, dass eine solche Abschreibung nur auf den Gebäude-, nicht jedoch auf den Bodenanteil möglich ist. Und es ist nicht immer einfach zu ermitteln, welcher Anteil des Kaufpreises aufs Grundstück und welcher aufs Gebäude an sich entfällt.
Das weiß man auch im Bundesfinanzministerium und hat deshalb eine Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung erarbeitet, die Steuerpflichtige bei dieser Aufgabe unterstützen soll. Diese Arbeitshilfe ist aber offenbar nicht besonders gut gelungen. Jedenfalls hat der Bundesfinanzhof vor Kurzem entschieden: Kommt es zwischen dem Finanzamt und dem Steuerzahlenden nach dem Immobilienkauf zum Streit, wie viel des Kaufpreises auf das Grundstück oder das Gebäude entfallen, dürfen die Finanzgerichte (FG) nicht mehr die Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums (BMF) heranziehen (Az. IX R 26/19).
Am Ende muss der Gutachter entscheiden
Konkret ging es um den Streit zwischen einer Immobilieneigentümerin und dem Finanzamt. Die Frau hatte 2017 eine vermietete Eigentumswohnung in einer Großstadt für 110.000 Euro gekauft. Der Kaufpreis setzte sich aus dem Wert von Gebäude und Grundstück zusammen. Auf Letzteres sollten laut Vertrag allerdings nur 20.000 Euro entfallen. Den Gebäudeanteil, also rund 82 Prozent der Summe, gab die Frau in ihrer Steuererklärung für Abschreibungen an. Das Finanzamt kam hingegen nur auf einen Gebäudeanteil von 31 Prozent. Es rechnete dabei mit der Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums. Die Sache wurde streitig.
In erster Instanz unterlag die Frau, denn das Finanzgericht bewertete die Arbeitshilfe als geeignete Schätzungshilfe. Sie reiche aus, um zu widerlegen, dass die vertraglich geregelte Kaufpreisaufteilung marktangemessen sei.
Die höchsten deutschen Finanzrichter sahen das anders. Mit der Arbeitshilfe des BMF könnten die realen Verkehrswerte von Grund und Gebäude nicht ermittelt werden, da sie die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude nicht gewährleistet. Im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung sei daher der Gebäudeanteil durch das Gutachten eines unabhängigen vereidigten Sachverständigen zu ermitteln.
DIE HILFE, DIE KEINE IST |
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Das Finanzgericht darf eine vertragliche Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude, selbst wenn sie in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint, nicht durch eine Aufteilung ersetzen, die auf der Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums fußt. Bei streitigen Grundstücksbewertungen ist vielmehr ein Sachverständigengutachten einzuholen. |