Kapitalmarktausblick 2022 – wie kann ich richtig investieren?
A&W RedaktionDie anhaltende Corona-Pandemie, eine im Vergleich zum vergangenen Jahrzehnt deutlich höhere Inflation und internationale Spannungen haben die Realwirtschaft auch in diesem Jahr fest im Griff. Aber es gibt Aspekte, die für das Anlagejahr 2022 Mut machen. Chris-Oliver Schickentanz, Chef-Anlagestratege der Commerzbank, gibt dazu seine Einschätzung.
Konjunktureller Frühling
Spätestens im zweiten Quartal sollten die pandemiebedingten Negativfolgen abklingen und eine spürbare Konjunkturerholung einsetzen. Durch das Ausklingen der Lieferengpässe erwarten wir in 2022 – insbesondere in Europa – höhere Wachstumsraten als in 2021. Dies zeigt sich bereits im jüngsten ifo-Geschäftsklimaindex, bei dem sich die Stimmung in der deutschen Industrie spürbar aufgehellt hat.
Inflationsdebatte entspannt nur leicht
Wir erwarten im Jahresverlauf 2022 einen Rückgang der aktuell sehr hohen Inflationsrate. Sie dürfte sich aber auf einem Niveau einpendeln, das deutlich über dem Vor-Krisen-Bereich liegt. Ab 2024 erwarten wir dann sogar wieder steigende Teuerungsraten. Damit ist unser Plädoyer vom
Sparer zum Anleger brandaktuell.
US-Notenbank mit schneller Zinswende, EZB zögert
Nachdem die US-amerikanische Notenbank bereits vor Weihnachten 2021 mit der Reduzierung ihrer Anleihekäufe begonnen hat, lässt sie im März die erste Zinserhöhung folgen. Damit reagiert sie als erste große Notenbank auf den hohen Inflationsdruck. Die EZB dagegen wird in diesem
Jahr lediglich ihre Anleihekäufe zurückfahren und die Zinswende bis ins nächste Jahr verschieben. Wichtig: Sie startet im ersten Quartal 2023 damit, den deutlich negativen Einlagenzins Richtung Null zu schleusen. Eine erste „echte“ Zinserhöhung folgt erst zum Jahresende 2023.
Was heißt das konkret für die Kapitalanlage?
Die Mischung macht’s auch 2022: ein breit gestreuter Wertpapiermix über Aktien, Anleihen, Immobilienanlagen und Rohstoffe
liefert auf mittlere Sicht den besten Schutz gegen eine nachhaltig höhere Inflation.
An Aktien führt kein Weg vorbei – neue DAX-Höchststände erwartet
Wir erwarten für 2022 ein positives, wenn auch nicht überdurchschnittliches Aktienjahr – allerdings bei stärkeren Schwankungen als 2021. Nach dem durchwachsenen Start rechnen wir ab März – getrieben durch die konjunkturelle Erholung ab dem zweiten Quartal – mit einem neuen Aufwärtstrend. Wir sehen gute Chancen, dass der Dax die 17.000 Punkte-Marke durchbricht und bei knapp unter 18.000 Punkten einen neuen historischen Höchststand markiert. Die Konjunkturerholung sollte für hohe Unternehmensgewinne und Dividendenzuwächse sorgen. Entsprechend raten wir Anlegern dazu, die jüngste Kurskorrektur für Aufstockungen zu nutzen.
Anleihen bleiben eher unattraktiv
Wir erwarten auf der Anleihen-Seite nur moderate Renditesteigerungen, sprich Kursverluste, sodass sich die relative Alternativlosigkeit der Aktienanlage weiter fortsetzen dürfte. Unter Risikogesichtspunkten sollte man aber nicht ganz auf sie verzichten.
Megatrends Mobilität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Der Kampf gegen den Klimawandel steht weit oben auf der politischen Agenda. Dadurch profitiert der Anleger von der politischen Incentivierung. Gleichzeitig wächst der Druck auf Industrieunternehmen, die konkret Auskunft über ihren Nachhaltigkeits-Abdruck geben müssen. Da hier die wenigsten angreifbar sein wollen, wächst die Nachfrage nach Öko-Strom aus Wind- und Solarparks. Das spricht für Direktbeteiligungen in erneuerbare Energien. Aber auch Investitionen in Mobilitätslösungen der Zukunft oder künstliche Intelligenz sind aus unserer Sicht interessante Depotbausteine.
Goldpreis wird steigen
Ob Elektrofahrzeuge oder Wind- und Solarparks – ohne Industriemetalle wie Kupfer geht hier nichts. Mit einer Beimischung von Edelmetallen dürften Anleger 2022 ebenfalls gut fahren. Wir gehen für 2022 von einem steigenden Goldpreis aus. Die Marke von 2.000 US-Dollar könnte dabei wieder ins Visier genommen werden.
Immobilien auch nach der Krise attraktiv
In den letzten acht Jahren konnte man eigentlich nur eines falsch machen: nicht in Immobilien zu investieren. Aufgrund eines knappen Angebots sind die Preise für Wohn- und Gewerbeimmobilien spürbar gestiegen. Die Pandemie hat diesen Preisanstieg der letzten Jahre abgebremst und sorgt für stärkere Preisunterschiede bei Wohn- und Gewerbeimmobilien. Daher raten wir neben reinen Wohnimmobilien auch gewerbliche Immobilien aus den verschiedenen Anwendungsbereichen zu allokieren.
Bitte beachten Sie: Der Beitrag gibt die Meinung des Experten wieder und beinhaltet Prognosen. Er ersetzt keine individuelle Anlageberatung und dient nur der allgemeinen Information.