Nur jede dritte Arztpraxis für Patienten mit Behinderung geeignet
A&W RedaktionPatienten mit Behinderungen haben in den meisten deutschen Arztpraxen das Nachsehen, weil die Einrichtungen nicht barrierefrei sind. Vor einem entsprechenden Umbau schrecken viele Ärzte und Vermieter wegen der hohen Kosten zurück.
Nach einem Bericht der “Saarbrücker Zeitung” verfügt nur gut jeder dritte Praxisstandort über entsprechende Merkmale wie zum Beispiel ebenerdige Erreichbarkeit, behindertengerechte Toiletten oder spezielle Untersuchungsmöbel. Das Blatt beruft sich dazu auf aktuelle Angaben der Bundesregierung, die von der Linksfraktion abgefragt wurden.
Nicht mal die Hälfte der Arztpraxen ist behindertengerecht
Demnach sind im Bundesarztregister aktuell insgesamt rund 132.000 Praxisstandorte verzeichnet. Für knapp 79.000 liegen Informationen zur Barrierefreiheit vor. Lediglich 36,7 Prozent von ihnen weisen wenigstens ein entsprechendes Merkmal auf. Das sind rund 29.000 Praxisstandorte. Hochgerechnet auf alle Einrichtungen wären es etwa 48.000 mit mindestens einer behindertengerechten Eigenschaft.
Die Sozialexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Sabine Zimmermann, verwies darauf, dass beispielsweise Rollstuhlfahrer bei vielen niedergelassenen Ärzten nicht behandelt werden könnten, weil keine behindertengerechten Parkplätze zur Verfügung stünden, geeignete Aufzüge fehlten oder die Praxisräume nicht rollstuhlgerecht seien. “De facto ist für viele Menschen mit Beeinträchtigung damit die gesetzlich verbriefte freie Arztwahl nicht gewährleistet”, kritisierte Zimmermann.
Umbau scheitert an den Kosten
Allerdings: Die Umbaukosten sind erheblich. Verschiedene Gutachten kommen auf Summen, die im unteren sechsstelligen Bereich liegen. Sie sind von den meisten Ärzten alleine nicht zu stemmen. Deshalb fordern ärztliche Verbände schon seit Jahren, dass der Gesetzgeber nicht nur zinsgünstige Kredite in den Förderprogrammen initiiert, sondern auch Zuschüsse für entsprechende Umbauten vergibt.
Bislang können Ärzte für solche Projekte günstige Unternehmens-Darlehen der KfW oder der Förderinstitute der Bundesländer in Anspruch nehmen, spezielle Ärzte-Programme gibt es dazu nicht.
Dazu kommt: Sind die Praxisräume nicht in der eigenen Immobilie untergebracht, muss auch der Vermieter ins Boot geholt werden. Er muss dem Umbau zumindest zustimmen – finanzieren muss er ihn nicht. Im Zweifelsfall bleibt der Arzt also komplett auf den Kosten sitzen. Im Zweifelsfall sogar zweimal: Wird nichts anderes vereinbart, kann der Vermieter beim Auszug der Praxis einen Rückbau in den ursprünglichen Zustand verlangen.