Klinikärzte am Limit: Ein Fünftel denkt bereits über einen Berufswechsel nach
A&W RedaktionÜberstunden, fehlendes Personal und zunehmender Zeitdruck zehren an der Gesundheit der Ärztinnen und Ärzte. Wie die Mitgliederbefragung „MB-Monitor“ des Marburger Bundes zeigt, stehen auch immer mehr Klinikärzte am Rande eines Burnouts.
Jeder fünfte Klinikarzt (21 %) empfindet die Belastung als so hoch, dass er inzwischen über einen Berufswechsel nachdenkt. Das geht aus der Mitgliederbefragung MB-Monitor des Marburger Bundes hervor. An der vom Institut für Qualitätsmessung und Evaluation (IQME) durchgeführten Online-Befragung beteiligten sich bundesweit rund 6.500 angestellte Ärztinnen und Ärzte.
Stress schlägt sich auf die Gesundheit
Rund drei Viertel der Befragten (74 %) haben das Gefühl, dass die Gestaltung der Arbeitszeiten sie in ihrer Gesundheit beeinträchtigt, z.B. in Form von Schlafstörungen und häufiger Müdigkeit. 15 Prozent der angestellten Ärztinnen und Ärzte waren durch ihre Arbeit schon einmal so stark psychisch belastet, dass sie sich in ärztliche bzw. psychotherapeutische Behandlung begeben mussten, z.B. wegen eines Burnouts. Durch die hohe Arbeitsverdichtung, den Personalmangel und den ökonomischen Erwartungsdruck der Klinikbetreiber kommen immer mehr Ärztinnen und Ärzte an ihre Grenzen: Knapp die Hälfte der Befragten (49 %) sagt, sie seien häufig überlastet; jeder zehnte stimmt der Aussage zu: „Ich gehe ständig über meine Grenzen“.
Zu wenig Zeit für Patienten
Viel Zeit für die Patientenversorgung geht durch administrative Aufgaben verloren, die über ärztliche Tätigkeiten hinausgehen. Der tägliche Zeitaufwand für Datenerfassung, Dokumentation und organisatorische Tätigkeiten ist im Vergleich zu früheren Befragungen des Marburger Bundes stark angestiegen. Gaben im Jahr 2013 erst 8 Prozent der Krankenhausärzte an, mindestens vier Stunden am Tag mit Verwaltungstätigkeiten befasst zu sein, so sind es jetzt 35 Prozent. 25 Prozent sagen, sie würden täglich drei Stunden mit Verwaltungsarbeit verbringen; 26 Prozent schätzen den täglichen Zeitaufwand auf zwei Stunden und 14 Prozent der Befragten sind eine Stunde pro Tag mit administrativen Tätigkeiten befasst.
Teilzeit sichert ein wenig Freizeit
Vollzeittätige Ärztinnen und Ärzte arbeiten im Durchschnitt 56,5 Stunden pro Woche, inklusive aller Dienste und Überstunden. 26 Prozent der Befragten geben an, einen Teilzeitvertrag zu haben. Damit setzt sich ein Trend fort, der bereits in zurückliegenden Mitgliederbefragungen des Marburger Bundes zu beobachten war. Die Verringerung der tariflichen Wochenarbeitszeit um etwa 8 bis 10 Stunden scheint oft für viele Ärztinnen und Ärzte die einzige Möglichkeit zu sein, regelmäßig mindestens einen freien Tag in der Woche zu haben.