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Es sollte eigentlich ab dem 15. Januar 2025 soweit sein: Ab da sollte jeder gesetzlich Versicherte automatisch eine elektronische Patientenakte (ePA) erhalten und sie nutzen können. Nur wer bei seiner Krankenkasse aktiv Widerspruch einlegt, kann darauf verzichten. Nun gab es allerdings eine Planänderung. Denn ab dem 15. Januar startet zunächst eine Testphase in Franken, Hamburg, Nordrhein und Westfalen-Lippe.

Erst wenn die Testphase in den vier Modellregionen positiv verlaufen ist, soll der bundesweite Rollout und damit auch die Nutzungsverpflichtung für Ärztinnen und Ärzte erfolgen. In logischer Konsequenz müssen nun auch die Softwarehersteller das ePA-Modul nicht mehr bis zum 15. Januar bereitstellen, sondern haben dafür Zeit, bis die Erprobung erfolgreich verlaufen ist. Aber was bedeutet die Einführung der ePA konkret für Niedergelassene? So viel sei schon mal verraten: Es gehören bald neue Befüllungs- und Aufklärungspflichten zum Berufsalltag.

 

Wer Zugriffsrechte auf die ePA hat

Grundsätzlich werden in den ePA Medikations-, Befund- und Labordaten der Patienten archiviert. Die Patienten bestimmen selbst, welche Informationen gespeichert werden sollen und welche Praxen auf welche Daten Zugriff haben. Diese Zugriffsrechte können sie entweder über die ePA-App oder die Ombudsstelle ihrer Krankenkasse verwalten. Sie können zum Beispiel über die ePA-App einer bestimmten Arztpraxis den Zugriff generell verweigern oder nur auf bestimmte Dokumente und Daten. Auch das Löschen von Dokumenten oder eines kompletten Anwendungsfalls der ePA wie ein Medikationsprozess ist möglich. Nur einzelne Einträge aus dem Medikationsplan können Patienten nicht löschen.

Weitere Möglichkeiten sind: Die zeitliche Einschränkung des Zugriffsrechts zwischen einem Tag und unbegrenzt. Das Verbergen von Dokumenten oder Anwendungsfällen. Dies kann allerdings nicht für einzelne Praxen eingerichtet werden, alle verborgenen Dokumente sind nur noch für den Patienten sichtbar. Außerdem gibt es eine Widerspruchsmöglichkeit, damit Krankenkassen keine Daten in die ePA stellen oder Daten daraus für Forschungszwecke verwendet werden.

Befüllungspflichten für Ärzte

Steckt ein Patient seine eGK in das Kartenlesegerät einer Arztpraxis, erhält diese automatisch Zugriff auf die ePA-Inhalte für einen Zeitraum von 90 Tagen. Gibt es von Seiten des Patienten keine Einschränkungen, was die Datenspeicherung in der ePA betrifft, sind Ärztinnen und Ärzte gesetzlich dazu verpflichtet, sie mit bestimmten Daten zu füllen. Dazu gehören alle, die während der aktuellen Behandlung des Versicherten erhoben werden und elektronisch vorliegen. Zum Pflichtprogramm gehören:

  • Daten zur Unterstützung des Medikationsprozesses wie Daten des elektronischen Medikationsplans oder zur Prüfung der Arzneimitteltherapiesicherheit als MIO

  • Daten zu Laborbefunden

  • Befunddaten aus bildgebender Diagnostik

  • Befundberichte aus invasiven und chirurgischen sowie nichtinvasiven oder konservativen Maßnahmen

  • elektronische Arztbriefe

  • Ergebnisse genetischer Untersuchungen oder Analysen. Hier sollten Ärztinnen und Ärzte aber aufpassen. Um solche Daten speichern zu dürfen, benötigen sie zusätzlich immer ausdrücklich die schriftliche oder elektronische Einwilligung des Patientenrf5

Was ist MIO?

Für die ePA müssen Medikations-, Befund- oder Labordaten automatisch so strukturiert werden, dass Ärzte in Praxen und Kliniken sie leicht finden und nutzen können. Reine PDF-Dateien sind wenig hilfreich. Damit das funktioniert, werden Dokumente wie beispielsweise der Medikationsplan als so genannte Medizinische Informationsobjekte, kurz MIOs, aufbereitet. Damit sind die Daten standardisiert und können einheitlich in der ePA abgelegt werden.

Befüllungsaufgaben auf Patientenwunsch

Neben den Daten, die Ärztinnen und Ärzte laut Gesetz einstellen müssen, gibt es auch Informationen, die auf Wunsch des Patienten erfasst werden müssen. Voraussetzung ist auch hier, dass die Daten in der aktuellen Behandlung durch den Arzt erhoben und elektronisch verarbeitet wurden. Zudem muss der Patient in die Übermittlung und Speicherung der Daten in die ePA eingewilligt haben und der Arzt muss diese Einwilligung in der Behandlungsdokumentation protokollieren. Zu diesen Daten zählen Befunddaten, Diagnosen, durchgeführte und geplante Therapiemaßnahmen, Früherkennungsuntersuchungen, Behandlungsberichte und sonstige untersuchungs- und behandlungsbezogene medizinische Informationen. Aber auch Daten zur pflegerischen Versorgung, AU-Bescheinigungen, elektronische Abschriften der vom Arzt geführten Patientenakte, Daten aus DMP-Programmen, zu Heilbehandlungen und Reha-Maßnahmen oder Erklärungen zur Organ- und Gewebespende.

Es können aber auch noch weitere Informationen in der ePA abgelegt werden. So können Patienten Daten aus Fitnesstrackern speichern oder von ihrer Krankenkasse verlangen, dass sie Daten über die von ihnen in Anspruch genommenen Leistungen in der ePA ablegt.

Aufklärungs- und Dokumentationspflichten der Praxen

Patienten können auch beim Besuch in der Praxis widersprechen, dass die gerade erhobenen Daten in die ePA eingestellt werden. Auf dieses Widerspruchsrecht müssen Ärzte ihre Patienten vor dem Speichern der Daten hinweisen. Sie müssen zudem sagen, welche aktuellen Daten sie abspeichern möchten. Weiterhin müssen sie Patienten über ihren Anspruch aufklären, dass auf ihren Wunsch hin noch weitere Daten erfasst werden können. Möchte der Patient das, müssen Ärzte die Einwilligung in der Behandlungsdokumentation festhalten.

Hochsensible Daten sind ein Sonderfall

Bei allen Daten, die eine stigmatisierende Wirkung haben könnten, müssen Ärzte besonders sorgfältig sein und Patienten ausdrücklich auf ihr Widerspruchsrecht bezüglich der Speicherung in der ePA hinweisen. Widerspricht der Patient tatsächlich, müssen Ärzte das eindeutig in ihrer Behandlungsdokumentation festhalten. Laut Gesetz sind Daten zu sexuell übertragbaren Infektionen, psychischen Erkrankungen und Schwangerschaftsabbrüchen auf jeden Fall hochsensibel. Wie oben bereits beschrieben, gelten bei genetischen Untersuchungen noch strengere Vorschriften. Hier benötigen Ärzte immer eine schriftliche Einwilligung des Patienten.

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