Umsatzsteuerpflicht der sogenannten Tomatis-Therapie
Dennis Janz LL.M.Behandlungsleistungen nach der sogenannten Tomatis-Therapie sind nicht von der Umsatzsteuer befreit, das hat das Finanzgericht Hamburg bestätigt. Den genauen Sachverhalt erläutert Steuerberater Dennis Janz, Fachberater im ambulanten Gesundheitswesen (IHK).
Was ist die Tomatis-Therapie?
Der französische Arzt Alfred A. Tomatis hat die sogenannte Audio-Psycho-Phonologie (APP), auch Tomatis-Therapie genannt, entwickelt. Anwendungen mit speziell aufbereiteter Musik und Stimmen sollen die Fähigkeit des Patienten zum Zuhören und Kommunizieren fördern. Statistisch gesicherte wissenschaftlich-medizinische Arbeiten dazu liegen allerdings noch nicht vor. Deshalb wird die Therapie nur vereinzelt von Krankenkassen bezahlt.
Nicht als medizinisch notwendige Behandlung anerkannt
Die fehlende Anerkennung als medizinisch notwendige Behandlung hat für Heilberufler auch steuerrechtliche Folgen. Werden Maßnahmen nach der sogenannten Tomatis-Therapie in einer Praxis angeboten, sind sie umsatzsteuerpflichtig. Da hilft es leider auch nicht, dass die Behandlungsmethode nachweislich von einem Arzt entwickelt wurde. Nach dem Umsatzsteuergesetz stellt sie trotzdem keine heilberufliche Tätigkeit dar. Das hat auch das Finanzgericht Hamburg in einem aktuellen Urteil bestätigt (17.3.16, Az.: 2 K 263/14).
Der Sachverhalt des Streitfalls
Geklagt hatte der Betreiber eines Instituts, in dem Patienten mit Hör- und Wahrnehmungsstörungen nach der Tomatis-Therapie behandelt werden. Die Patienten nehmen die dortige Behandlung überwiegend auf ärztliche Empfehlungen in Anspruch. Eine Kostenübernahme durch die Krankenversicherungen der Patienten erfolgt allerdings nur im Ausnahmefällen.
Bereits 1999 wurde in einem vorhergehenden Klageverfahren die ertragsteuerliche Freiberuflichkeit des Betreibers festgestellt. Seine Umsätze wurden anschließend auch als umsatzsteuerfrei behandelt. Für die Jahre 2006 bis 2008 wurde eine Umsatzsteuersonderprüfung durchgeführt, bei der das Finanzamt allerdings zu einem anderen Ergebnis kam. Dem Betreiber wurde die Steuerfreiheit der Umsätze versagt. Das Finanzamt bemängelte , dass kein beruflicher Qualifikationsnachweis vorläge und keine regelmäßige Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung der einzelnen Therapien erfolgen würde. Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
Anmerkungen zu dieser Problematik
Tatsächlich ist die Tätigkeit als sogenannter Tomatis-Therapeut in Deutschland ohne eine entsprechende staatliche Erlaubnis möglich und unterliegt keinen öffentlich-rechtlichen Einschränkungen. Ebenso gibt es keine einschlägigen berufsrechtlichen Regelungen über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung oder Überwachung der Berufsausübung der Therapeuten. Dadurch kann eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit m.E. nicht vorliegen. Weiterhin ist die Therapieform bisher nicht als abrechenbare Leistung in den dafür anwendbaren Katalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen worden. Ein Befähigungsnachweis zur Umsatzsteuerfreiheit kann daher auch nicht durch eine entsprechende Kostenübernahme hergeleitet werden.
Praxishinweise für den Arzt
Die Erzielung von Einkünften aus selbstständiger Arbeit nach § 18 EStG ist nur bei entsprechender beruflicher Qualifikation möglich. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der berufliche Befähigungsnachweis für eine Umsatzsteuerfreiheit automatisch auf diese Therapieform übertragen wird.
Zwar waren die Leistungen nach einer vorherigen Klage als umsatzsteuerfrei behandelt werden, doch das ist nicht mit einer dauerhaften Zusage vergleichbar. So ein Vertrauensschutz des steuerpflichtigen Arztes besteht nicht, falls seinerzeit keine förmliche Zusage (Verbindliche Auskunft) über die künftige Steuerfreiheit gegeben wurde. Durch die Abschnittsbesteuerung besteht somit keine Bindungswirkung für spätere Veranlagungszeiträume.
Ärzte, die entsprechende Tomatis-Therapien anbieten, können diese ggf. unter Berücksichtigung der sogenannten Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG abrechnen. In jedem Fall wäre die Konsultation eines Steuerberaters zu empfehlen.