Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Finanzen

Bei einer Scheidung geht es nicht nur emotional ans „Eingemachte“, sondern oft auch finanziell. Dem Partner oder der Partnerin will man nichts schenken, auch nicht beim Trennungsunterhalt. In den Fokus tritt dabei oft die Frage, ob die Person, die sich mehr um Kinder und Haushalt gekümmert hat, nun wieder in Vollzeit arbeiten muss. 

So ging es auch einer Ärztin. Sie zog nach dem Ende der Beziehung mit ihren beiden Söhnen, fünf und neun Jahre alt, aus dem gemeinsamen Haus aus, das ihrem Mann gehörte. Bislang hatte sie in Teilzeit freiberuflich gearbeitet, zuletzt 22 Stunden. Ihr Mann meinte, sie könne ja nun in Vollzeit arbeiten und verweigerte ihr den Unterhalt. Sie klagte.

Trennungsunterhalt berechnen: so geht's

Trennungsunterhalt ist der Unterhalt für die Zeit zwischen Trennung und Scheidung. Er soll dem Übergang in die wirtschaftliche Selbstständigkeit des Ehepartners dienen und ist in § 1361 BGB geregelt. Voraussetzung ist, dass die Ehepartner getrennt leben. Davon zu unterscheiden ist der nacheheliche Unterhalt. Bei diesem gilt der Grundsatz, dass jeder Ehegatte nach der Scheidung im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren für seinen eigenen Unterhalt sorgen muss. Nur wer seinen eigenen Unterhaltsbedarf nicht bestreiten kann, hat einen Anspruch auf Unterhalt gegen den anderen. 

Doch wie berechnet sich der Trennungsunterhalt und was wird vom weniger leistungsfähigen Ehepartner an Anstrengungen erwartet? Die Höhe des Unterhalts orientiert sich an den ehelichen Lebensverhältnissen, also am beiderseitigen Einkommen. Der Bedarf jedes Ehegatten wird nach dem sogenannten Halbteilungsgrundsatz ermittelt. Dabei wird das Einkommen jedes Ehepartners um Steuern, Schulden und den Kindesunterhalt bereinigt. Zusätzlich werden von den Einkünften zehn Prozent als sogenannter Erwerbstätigenbonus abgezogen. Anschließend werden beide Einkommen zusammengerechnet und die Summe halbiert. Kann einer den Bedarf nicht durch sein eigenes Einkommen decken, hat er Anspruch darauf, den Einkommensunterschied vom anderen Ehepartner ausgeglichen zu bekommen.

Bei der Frage, ob nach einer Trennung unterhaltsrechtlich eine Ausweitung der Berufstätigkeit geschuldet ist, kommt es auf die Zumutbarkeit an. Kriterien sind:

  • die Notwendigkeit zur Betreuung gemeinschaftlicher Kinder

  • eigenes Alter

  • Gesundheitszustand

  • Dauer der Ehe

22 Stunden sind genug

Im Falle der Ärztin winkte das Oberlandesgericht Hamm in puncto 40-Stunden-Job aber ab (04.07.2024, Az. 4 UF 35/24). In einer Anhörung vor Gericht hatte die Medizinerin geschildert, wie ihr Alltag mit den beiden Kindern aussah. Die Betreuungszeiten ließen ihr nur ein enges Zeitkorsett. Der ältere Sohn hatte eine Lernschwäche, die größere Unterstützung bei den Hausaufgaben erforderlich machte. Zudem mussten sportliche Aktivitäten und Arztbesuche koordiniert werden. Ab wann bei älteren Kindern eine Ausweitung der Arbeit zumutbar ist, hat das Gericht nicht entschieden. Seit der Trennung und bis heute genügte hier die freiberufliche Arbeit für 22 Stunden pro Woche. Auch eine Festanstellung durfte der Ex-Partner nicht verlangen. Die Selbstständigkeit gebe der Ärztin die nötige Flexibilität, die Übernahme einer Kassenpraxis stünde kurz bevor.

Scheidungsrate bei Ärztinnen und Ärzten

Zur Scheidungsrate von Ärztinnen und Ärzten liegen für Deutschland keine Daten vor. Ein Blick in den US-Zensus von 2015 zeigt aber interessante Aspekte. Demnach lassen sich 24 Prozent der Ärzte scheiden, bei den Apothekern sind es 23 Prozent, bei den Rechtsanwälten 27 Prozent. Lange Arbeitszeiten erhöhten das Scheidungsrisiko nicht — jedenfalls bei Männern. Anders bei Ärztinnen. Bei ihnen stieg mit der Wochenarbeitszeit das Scheidungsrisiko. Die Scheidungsrate von Ärztinnen lag generell um 50 Prozent höher als bei Ärzten.