Gewerbesteuer: Gefährliche Abfärbung der Einkünfte einer Ärzte-GbR
Dennis Janz LL.M.Ärzte, die als Freiberufler gemeinsam mit mindestens einem Kollegen ihre Praxis in Form einer Personengesellschaft führen, müssen beim Thema Gewerbesteuer aufpassen. Schon kleine Fehler der Selbstständigen können zur Folge haben, dass ihre Tätigkeit als gewerblich eingestuft wird, wie Steuerberater Dennis Janz zeigt.
Ein Arzt geht als Heilberufler grundsätzlich einer freiberuflichen Tätigkeit nach. Der Status als Freiberufler kann aber schnell gefährdet sein, wenn das Finanzamt eine Pflicht zur Gewerbesteuer vermutet. Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit einem Urteil (BFH v. 30.03.2016 – VIII R 62/13) zum Thema Abfärbung der Einkünfte einer Ärzte-GbR auf die Gewerbesteuer Stellung zu der Problematik genommen. Dieses Urteil sollten alle selbstständigen Ärzte kennen, die Diskussionen mit dem Finanzamt vermeiden wollen.
Warum ist eine Abfärbung der Einkünfte für den Arzt gefährlich?
Freiberufler und dazu zählen insbesondere nach den Katalogberufen des § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Ärzte, haben nach wie vor das steuerrechtliche Privileg, keine Gewerbesteuer zahlen zu müssen. Allerdings versucht die Finanzverwaltung immer wieder, freiberufliche Einkünfte des Arztes in gewerbliche Einkünfte nach § 15 EStG umzuqualifizieren. Dadurch will man ein „Mehr an Gewerbesteuer“ für die klammen Kassen der Gemeinden generieren. Vor allem Selbstständige, denen eine Betriebsprüfung ins Haus steht, müssen damit rechnen, dass nicht nur die Umsatzsteuer, sondern auch die Gewerbesteuer als Thema auftauchen.
Kein Arzt möchte gerne als Gewerbetreibender eingestuft werden. Tatsächlich ist man als Freiberufler deutlich besser dran als mit einem Gewerbe. So bedeutet die Umqualifizierung des Unternehmers zum Gewerbebetrieb je nach Hebesatz der Gemeinde eine steuerliche Mehrbelastung von ca. 15 % für das laufende Jahr. Außerdem kann es dem Arzt passieren, dass der Status als Freiberufler auch rückwirkend aberkannt wird. Durch die Rückbeziehung der geprüften Jahre und der Verzinsung der Steuernachzahlung kann so eine teilweise existenzbedrohliche finanzielle Belastung (und das im Übrigen in einer GbR „Gesamtschuldnerisch“) für den Selbstständigen entstehen.
Worauf ist nach Ansicht des BFH zu achten?
Das Problem hat jetzt auch eine Ärzte-GbR, die das Finanzamt zu einer Gewerbeanmeldung zwingt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass es sich nicht um eine freiberufliche ärztliche Praxis, sondern um ein Gewerbe handelte. Vor Gericht sollte dann geklärt werden, ob die Einkünfte und Gewinne der Ärzte-GbR tatsächlich als gewerblich gelten müssen.
Hierzu wurde durch die Richter des erkennenden Senates Folgendes ausgeführt:
– Bedient sich ein Freiberufler (Arzt, Architekt, Steuerberater…) einer entsprechenden Mithilfe in seinem Unternehmen, muss er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werden.
– Für den entsprechenden Berufsträger bedeutet dies, dass er eine höchstpersönliche, individuelle Arbeitsleistung (hier am Patienten) schuldet und deshalb einen wesentlichen Teil der freiberuflichen (ärztlichen) Tätigkeit selbst erbringen muss. Wird sie von einem angestellten Dritten übernommen, handelt es sich um ein Gewerbe.
– Erbringen die Gesellschafter einer Personengesellschaft ihre Leistungen teilweise freiberuflich (mangels Eigenverantwortlichkeit) gewerblich, so ist die gesamte Tätigkeit des Unternehmens und der Unternehmer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als gewerblich einzustufen. Das gilt auch für den Fall, dass es sich eigentlich um einen Freien Beruf handelt.
– (Wichtig) Vergütungen aus der Tätigkeit, die von einem freiberuflich tätigen Gesellschafter, der nicht als Mitunternehmer anzusehen ist, erbracht werden, führenebenfalls zur Gewerblichkeit der gesamten Personengesellschaft.
Im vorliegenden Urteil stellt der BFH klar, dass des sich um einen Gewerbebetrieb handelte. Ausschlaggebend war, dass die GbR auch Vergütungen aus ärztlichen Leistungen erzielte, die ohne leitende und eigenverantwortliche Beteiligung der Gesellschaftern erbracht wurden.
Praxishinweis:
Der Begriff des Mitunternehmers in diesem Kontext ist gesetzlich und durch die ständige Rechtsprechung vorgegeben, Der Fiskus verlangt, dass nur als Mitunternehmer einer Personengesellschaft gelten darf, wer auch Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative entfaltet.
– Dabei versteht man unter Mitunternehmerrisiko die Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens (regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust und weiter an den stillen Reserven einschließlich Geschäftswert).
– Unter Mitunternehmerinitiative in diesem Zusammenhang wird die Teilnahme an den unternehmerischen Entscheidungen, z.B. das Ausüben von Rechten, die über die eines bloßen Darlehensgebers hinausgehen, verstanden.
Wenn diese Tatbestandsmerkmale nicht vorliegen, kann der beteiligte Arzt zwar als Gesellschafter angesehen werden, jedoch nicht (was wichtig ist) als Mitunternehmer.
Praxisbeispiel:
Ein beteiligter Arzt ist an der GbR (oder andere BGB Gesellschaft) nur insoweit beteiligt, dass er nur prozentual (wie im Urteilsfall) an seinen eigenen Honorarumsätzen beteiligt ist. Am Gewinn und Verlust und an den stillen Reserven einschließlich eines Geschäftswertes ist er nicht beteiligt. Die Konsequenz aus dieser gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung ist, dass es sich aus steuerrechtlicher Sicht nicht um einen Mitunternehmer handelt.
Warum ist dieses Urteil für den praktizierenden Arzt so wichtig?
Zum einen kann im Vorfeld unter Beachtung der im Urteil aufgestellten Grundsätze eine Abfärbung für die Zukunft vermieden werden, zum anderen ist dieses Urteil hilfreich zur Prüfung, ob ggf. die in der eigenen Praxis vorhandenen Verhältnisse ein Gefahrenpotential zur Abfärbung bereithalten. Um Probleme mit dem Finanzamt und ggf. auch Nachzahlungen, die für Gewerbetreibende fällig werden, sollte ein Steuerberater in die Prüfung involviert werden.
Fazit:
Nach Deutung dieses Urteils reicht es meines Erachtens für eine Abfärbung der Einkünfte bereits aus, wenn ein freiberuflich tätiger Gesellschafter-Arzt die Patienten zwar „eigenverantwortlich“ behandelt, jedoch eine Überwachung bei der Behandlung durch die als Mitunternehmer anzusehenden Ärzte unterbleibt. Sollte dieses Urteil durch die Finanzverwaltung in dieser Form Anwendung finden, würde dies das „Aus“ derartiger Gesellschaften im ärztlichen Bereich darstellen.