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Steuerrecht

Das Finanzgericht Hamburg hat entschieden, dass die Umsätze eines Laborarztes, der externe Gewebeproben anderer Ärzte beziehungsweise Krankenhäuser analysiert und auch befundet, nach § 4 Nr. 14 Buchst.a UStG von der Umsatzsteuer befreit sind.

Der Sachverhalt des Streitfalls

Im vorliegenden Streitfall betrieb eine ärztliche Gemeinschaftspraxis (GbR) ein eigenes Labor zur Analyse und Befundung von internen und externen Gewebeproben. Sie erbrachte dabei verschiedene Leistungen im Bereich der Allergologie, Dermatologie/operativen Dermatologie, Gefäßchirurgie sowie dermatologischen und allergologischen Labordiagnostik, einschließlich der Histopathologie für eigene Patienten sowie Patienten anderer niedergelassener Ärzte und Krankenhäuser.

Einig waren sich Ärzte und Finanzamt darin, dass die Leistungen im Rahmen der Gewebeproben-Untersuchungen der eigenen (Privat-)Patienten aufgrund der gesetzlichen Normierung von der Umsatzsteuer befreit waren. Das Finanzgericht musste allerdings klären, ob auch die sonstigen Leistungen im Rahmen der Befundung und Analyse von Gewebeproben anderer externer niedergelassener oder privatärztlich tätiger Ärzte und Krankenhäuser (es handelt sich dabei um sogenannte Fremdhistologien) von der Umsatzsteuerbefreiung eingeschlossen sind.

Fällige Umsatzsteuer-Voranmeldung

Die entsprechenden Fremdhistologien werden dabei entweder gegenüber dem Einsender, einem externen niedergelassenen Arzt oder einem Krankenhaus, abgerechnet oder direkt gegenüber dem jeweiligen Patienten. Letzteres nur, wenn es sich um entsprechende Privatpatienten oder um Selbstzahler im Rahmen dieser Untersuchung handelt.

Mit der fälligen Umsatzsteuer-Voranmeldung nach § 18 Abs.1 UStG für den Monat März 2012 meldete die Gemeinschaftspraxis Umsatzsteuer in Höhe von ca. 12.000 Euro an. Sie erklärte in dieser Voranmeldung alle Laborumsätze, auch die aus externen Fremdhistologien, zu umsatzsteuerfreien sonstige Leistungen. Ergänzend hierzu schlüsselte die Praxis die jeweiligen Einnahmen auf und wies diejenigen aus der Fremdhistologie gesondert aus.

Mit Bescheid vom 24.05.2012 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat März 2012 jedoch abweichend fest. Es war überzeugt, dass die Laborleistungen der ärztlichen Gemeinschaftspraxis, die gegenüber anderen externen Ärzten und Kliniken erbracht werden, nicht unter die Regelung des § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) fielen.

Entscheidung des FG Hamburg

Das FG Hamburg entschied erfreulicherweise zugunsten der Ärzte-GbR. Die Richter erklärten, dass die Umsätze aus Fremdhistologien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerbefreit sind. Es handele sich umsatzsteuerrechtlich um Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt werden. Eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient bedürfe es in diesem Fall für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht.

Das FG bestätigte außerdem, dass es sich auch bei den für externe Ärzte oder Krankenhäuser durchgeführten Analysen ebenfalls um Heilbehandlungen handle. Denn auch sie würden der Diagnose, Behandlung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen.

Heilbehandlung und Umsatzsteuer

Der Begriff der Heilbehandlung im Rahmen der Umsatzsteuer (auf EU Ebene über die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie geregelt) sei im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) weit auszulegen. Die jeweiligen histologischen Untersuchungen indizieren unter anderem die Art der weiterführenden Behandlung und dienen damit der Vorbereitung und Unterstützung der Heilbehandlung des einzelnen Patienten durch die einsendenden Ärzte und Kliniken.

Die Heilbehandlungen werden auch im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt, wie das FG zudem erkannte. Die Steuerbefreiung erfordere nach Ansicht des FG im vorliegenden Fall auch kein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen dem Arzt und dem Patienten.

Das Finanzamt hatte die Meinung vertreten, dass sonstige Leistungen von Laborärzten, die nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zum Patienten beruhen, nicht von der Umsatzsteuer befreit seien. Es seien nur solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit, die außerhalb von Kliniken oder ähnlichen Einrichtungen im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen dem Patienten und behandelnden Arzt, z. B. in Praxisräumen, der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort erbracht werden.

Erfordernis eines persönlichen Vertrauensverhältnisses

Das FG Hamburg betonte aber, dass dem Wortlaut des § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG das ausdrückliche Erfordernis eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patienten nicht entnommen werden kann. Dieses entspräche ebenfalls der Rechtsprechung des EuGH. Auch nach der nationalen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist für diese Steuerbefreiung ein Vertrauensverhältnis zum Patienten nicht explizit erforderlich.

In dem vom BFH zu entscheidenden Urteil vom 29.06.2011 – XI R 52/07 wurde vielmehr festgestellt, dass ein Vertrauensverhältnis zum Patienten nicht ausnahmslos Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung sei. Diese Rechtsprechung wurde vom BFH in einer Entscheidung über infektionshygienische Leistungen eines Arztes bestätigt (BFH-Urt. vom 18.08.2011 – V R 27/10).

Das FG hat in seinem Urteil offengelassen, ob die einzelnen Laborärzte der ärztlichen Gemeinschaftspraxis auf Grund der Besonderheiten der von ihnen dabei erbrachten Leistungen von einem Vertrauensverhältnis mit umfasst sind.

Die Finanzverwaltung legte gegen dieses Urteil die Revision ein, das Verfahren war beim BFH unter dem Az.: XI R 48/13 anhängig. Aufgrund einer Fristversäumnis des Beklagten (FA) wurde die Revision durch den BFH jedoch zurückgewiesen, so dass es zu keiner höchstrichterlichen Entscheidung in diesem Fall kam.

Praxis-Tipp:

Laborärzte, die diese sonstigen Leistungen in ihrer Gemeinschaftspraxis unter gleichen Voraussetzungen anbieten, sollten unter Berufung dieses Urteils (FG Hamburg 23.10.2013, 2 K 349/12) die jeweiligen Umsätze als steuerfrei deklarieren und, um Rechtssicherheit zu schaffen, im Vorfeld ein offenes Gespräch mit dem zuständigen Finanzamt führen.

Ein Weg diese Umsätze rechtssicher als umsatzsteuerfrei zu behandeln, wäre etwa die Einholung einer verbindlichen Auskunft durch das Finanzamt, denn Steuerpflichtige haben einen gesetzlichen Anspruch auf verbindliche Auskünfte vom Fiskus über die Beurteilung von genau bestimmten Sachverhalten. Besteht im Hinblick auf die steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse seitens des Arztes, so kann er nach § 89 Abs. 2 AO einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft stellen.

Das Finanzamt ist nach dem Prinzip von Treu und Glauben an die erteilte Auskunft gebunden, auch wenn die Auskunft gegen steuerliche Vorschriften verstoßen sollte. Der in der Antragstellung geschilderte Sachverhalt ist tatsächlich so umzusetzen, wie er im Antrag beschrieben wurde. Sie als Arzt in dieser Situation sollten in jedem Fall zusammen mit Ihrem steuerlichen Berater diese Umsatzsteuerbefreiung im Auge behalten, um Ihre – und die Steuerlast Ihrer Praxis so gering wie möglich zu halten.