Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Nachdem das Bundessozialgericht (BSG) einen Poolzahnarzt in Baden-Württemberg als abhängig beschäftigt eingestuft hat, nehmen viele Kassenärztliche Vereinigungen (KV) ihre rechtlichen Regelungen zum Ärztlichen Bereitschaftsdienst genauer unter die Lupe. Denn was in dem südwestlichen Bundesland passiert ist, soll sich nicht wiederholen (24.10.2023, Az. B 12 R 9/21 R).

 

In Baden-Württemberg wurden als direkte Folge des Urteils acht Standorte von Notfallpraxen geschlossen und alle Poolarztvereinbarungen formal beendet. Das bedeutet, dass die dortige KV nun ausschließlich zugelassene Vertragsärzte oder vom MVZ zur Dienstübernahme bestimmte, angestellte Ärzte zum Dienst einteilt. Poolärzte sind dagegen Ärzte, die freiwillig am Bereitschafsdienst teilnehmen, zum Beispiel Privatärzte oder Ruheständler. Ihre Eingliederung in den Notdienst ist in verschiedenen KVen unterschiedlich geregelt. Manche erhalten einen Stundenlohn, andere erstellen eine eigene Abrechnung.

Poolärzte im Bereitschaftsdienst: Modelle sorgen für Flickenteppich

Auch die KV Schleswig-Holstein hatte Ende 2023 insgesamt 400 Poolärzten – ein Drittel der Ärzte im Bereitschaftsdienst – gekündigt. Seit Januar kommen auch dort nur noch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte für den Notdienst infrage. Sie müssen diesen nun mit verringerter Teilnehmerzahl stemmen. In Niedersachsen ist die Zusammenarbeit mit Poolärzten derzeit ausgesetzt. Dort soll die Deutsche Rentenversicherung zunächst bestätigen, dass die 160 Poolärzte einer rein selbstständigen Tätigkeit nachgehen. In Hessen dagegen sind die Poolärzte anders in den Bereitschaftsdienst integriert als beispielsweise in Baden-Württemberg. Sie erhalten für ihre Arbeit keinen Stundensatz, sondern rechnen selbst ab. Auch in Bayern werden Poolärzte weiter beschäftigt.

Die KVen möchten nun erreichen, dass die Poolärzte dem Bereitschaftsdienst erhalten bleiben. Sie fordern vom Gesetzgeber, Poolärzte von der Sozialversicherungspflicht auszunehmen. Doch im Bundesministerium für Arbeit scheint man sich vehement dagegen zu sperren.

In Baden-Württemberg krempelt man derweil den Bereitschaftsdienst um. Die geschlossenen Notfallpraxen sollen auch weiterhin geschlossen bleiben. Außerdem will man mit „bedarfsorientierten Öffnungszeiten“ arbeiten. Auch der Fahrdienst soll neu geordnet werden. Aus den Poolärzten sollen sogenannte Kooperationsärzte werden, für die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden. 

Fahrtkostenbeteiligung für Poolärzte rechtmäßig

Die Arbeit als Poolarzt verliert allerdings weiter an Attraktivität. Ende 2023 hatte das Landessozialgericht Berlin Brandenburg entschieden, dass einem Nichtvertragsarzt, der den Fahrdienst in Anspruch nimmt, um zu Patienten zu fahren, eine sogenannte Fuhrkostenbeteiligung in Höhe von 30 Prozent abgezogen werden darf. Das Gericht wies damit die Klage einer Allgemeinärztin aus Berlin ab. Sie hatte sich dagegen gewehrt, 30 Prozent ihres Honorars für die abgerechneten EBM-Besuchsziffern für den Fahrdienst abgeben zu müssen. Gegen die Höhe sei jedoch rechtlich nichts einzuwenden, sagte das Gericht (06.12.2023, Az. L 7 KA 24/21).

Bereitschaftsdienst: Wer nicht antritt, muss drastische Strafe zahlen

Sächsische Ärztinnen und Ärzte müssen seit Januar dieses Jahres hohe Strafen zahlen, wenn sie ihren Bereitschaftsdienst nicht antreten und auch keinen Vertreter benannt haben. Das gleiche gilt, wenn sie während ihres Bereitschaftsdienstes nicht erreichbar sind. Diese Nachlässigkeiten schlagen mit 100 Euro pro Stunde zu Buche, bezeichnet als Aufwandsersatz. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns geht gegen Bummelanten vor. Wer dort den Bereitschaftsdienst nicht antritt und keine Vertretung organisiert, wird mit pauschal 800 Euro zur Kasse gebeten. Das gilt unabhängig vom Verschulden. Unglücksfälle oder höhere Gewalt sollen aber ausgeschlossen sein.

Ina Reinsch

Ina Reinsch

Stellvertretende Ressortleiterin Wirtschaft, ARZT & WIRTSCHAFT

ina.reinsch@medtrix.group