Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis

Ach Chef, das wusste ich nicht so genau. Können Sie noch mal schauen? Administrative Tätigkeiten sind selten geliebt, auch nicht beim Personal. So landen unter Umständen halbfertige Dokumentationen oder Mitteilungen wieder auf Ihrem Tisch. Bevor Sie sich seufzend darüber beugen und den Abend mal wieder abhaken, lohnt es sich, die Ursache für die Rückdelegation zu erforschen. Möglicherweise können Sie diese aushebeln und so künftig von mehr Entlastung profitieren.

Effizienz braucht Verantwortung

Wenn Sie kommentarlos die Aufgaben selbst zu Ende führen, stellt sich ein Lerneffekt bei Ihrem Personal ein: „Ich muss hier keine Eigenverantwortung aufbringen, mein Chef biegt es wieder gerade.“ Das kann in einem regelrechten Affentheater („Monkey Business“, wie es die Managementberater William Oncken Jr. und Donald L. Wass 1974 in der „Harvard Business Review“ nannten) ausarten. Machen Sie den Zirkus nicht mit. Wenn alle Aufgaben von Ihnen wieder überarbeitet werden müssen, staut sich eben auch vieles und drückt auf die Effizienz der Praxis.

Gründe für Unsicherheit klären

Klassische Ideen zu den Motiven rückdelegierender Mitarbeiter betreffen mangelnde Intelligenz oder das Simulieren dieses Zustandes, um Arbeitsbelastung zu vermeiden – frei nach dem Motto: „Sei schlau, stell dich dumm“. Doch statt Faulheit steckt oft anderes dahinter. Zu den häufigsten Gründen gehört die empfundene Überforderung. Die Aufgabe erscheint komplex, die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter glaubt, nicht über die nötigen Kompetenzen zu verfügen. Grundsätzlich dürfen Aufgaben immer nur Mitarbeitern mit ausreichenden Kenntnissen und Fähigkeiten übertragen werden. Dennoch können sie sich gehemmt fühlen. Vielleicht fragen sie sich auch, ob sie juristisch überhaupt zu etwas befugt sind. Hier hilft ein klärendes Gespräch.

So klappt die Rück-Rückdelegation

  • Fragen Sie genau nach: Wo liegt das Problem? Was ist der Grund dafür?
  • Erinnern Sie rasch an die eigene Verantwortung: Was haben Sie bis jetzt getan, um das Problem selbst zu lösen?
  • Trainieren Sie das Mitdenken: Wie genau soll ich Sie jetzt unterstützen? Was benötigen Sie zum Lösen der Aufgabe?
  • Trainieren Sie Selbstvertrauen: Was ist Ihr Vorschlag? Wie würden Sie vorgehen, wenn ich nicht da wäre?

Auf diese Weise stellen Sie klar, dass die Aufgabe nicht weg ist, wenn sie halb erledigt zu Ihnen kommt. Die Person muss sich weiter aktiv damit auseinandersetzen. Positive Lerneffekte sind so am größten. Stellen Sie sicher, dass alle Nachschlagewerke bekannt sind, und stärken Sie die Persönlichkeit Ihres Personals. Tappen Sie nicht in die Falle, Ihr eigenes hohes Verantwortungsbewusstsein auf jede Kleinigkeit auszudehnen. Verzetteln Sie sich nicht, denn sonst fehlt Ihnen Zeit für das Wesentliche. Übrigens: Man munkelt, dass es das Phänomen Rückdelegation auch im privaten Bereich geben soll. Ärztinnen und Ärzte sollten auch innerhalb der Familie darauf achten, nicht alles für alle zu machen. Schließlich ist es wichtig, dass sie bei Kräften und verfügbar bleiben.

MIKROMANAGEMENT VERMEIDEN
Manchmal schaukelt sich die Dynamik zwischen Chef und Mitarbeitern hoch. Wer überzeugt ist, im Grunde nur selbst eine Aufgabe richtig bewältigen zu können, wird immer wieder bis ins kleinste Detail kontrollieren und kritisieren. Permanente Einmischung aber kann beim Personal zum Phänomen der erlernten Hilflosigkeit führen. Irgendwann reagieren sie bei jeder Kleinigkeit verunsichert – und neigen erst recht zu Fehlern. Delegieren erfordert, Vertrauen zu stärken: beim Personal in sich selbst, aber auch zu Ihnen. Bei ausreichend qualifizierten, aber unsicheren Angestellten kontrollieren Sie die Aufgaben wohlwollend und dann stichprobenartig mit größer werdenden Intervallen dazwischen.