Praxisnachwuchs: Ja zur Niederlassung – wenn die Bedingungen stimmen
Heiko FeketeEine eigene Praxis zu gründen, das können sich Medizinstudierende laut einer aktuellen Umfrage durchaus vorstellen. Für den Nachwuchs sind allerdings auch bestimmte Rahmenbedingungen wichtig.
Es sind Zahlen, die auf den ersten Blick sehr positiv sind: Rund 70 Prozent der Medizinstudierenden im Bereich Humanmedizin können sich eine Niederlassung in Zukunft vorstellen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank), an der 176 Studierende teilgenommen haben. Vor allem angehende männliche Ärzte zeigen sich offen für eine Niederlassung: Hier planen 79 Prozent eine Praxisgründung, während es bei jungen Ärztinnen 66 Prozent sind. Ein Nein zur eigenen Arztpraxis sagen lediglich zwölf Prozent der befragten Frauen und 13 Prozent der befragten Männer. Das Umfrageergebnis sorgt für Zuversicht. „Denn die angehenden Medizinerinnen und Mediziner werden für die zukünftige wohnortnahe ambulante Versorgung dringend benötigt“, kommentiert Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmarkt und Beteiligungen bei der apoBank.
Wie wichtig das Interesse des Nachwuchses ist, zeigen auch aktuelle Zahlen der Bundesärztekammer: Demnach sind bereits 41 Prozent der Ärztinnen und Ärzte über 60 Jahre alt und damit in absehbarer Zeit im Ruhestand. Für Praxisinhaber ist es zudem immer schwieriger, am Ende ihres Berufslebens einen Nachfolger für die Praxis zu finden. Es ist also medizinischer Nachwuchs gefragt, um hier keine Versorgungslücke entstehen zu lassen. Zehnich räumt gleichzeitig ein: „Allerdings ist die Niederlassungsbereitschaft der Studierenden durchaus an Bedingungen geknüpft, also sind wir alle gefragt, dafür gute Voraussetzungen zu schaffen und die ärztliche Praxis attraktiv für die nachfolgende Generation zu gestalten.“
Gute Praxisstrukturen erleichtern die Entscheidung
Das entspricht auch dem Wunsch der Befragten, die sich für eine Niederlassung aussprechen: Die Nachwuchsmediziner erhoffen sich unter anderem eine ausgeglichene Work-Life-Balance, sprich mehr Zeit für Familie und Freunde (90 %) oder freie Wochenenden (79 %). Eine entscheidende Rolle spielt auch der Zustand der zu übernehmenden Praxis. Wenn in der Praxis beispielsweise qualifiziertes Personal arbeitet und die Digitalisierung sowie die Ausstattung zufriedenstellend sind, ist das für die Befragten auch sehr viel wert.
Eine vergleichsweise geringere Priorität hat die Praxislage – hier gaben knapp zwei Drittel der Medizinstudierenden an, dass es für sie ein relevantes Entscheidungskriterium ist. Wer sich überlegt, auf dem Land niederzulassen, möchte nach Möglichkeit in die Nähe einer größeren Stadt ziehen und eine gute Anbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln haben – diesen Aspekt haben die Umfrageteilnehmer auch genannt.
Keine Niederlassung „ins Blaue“
Der Wunsch von den Nachwuchsmedizinern, sich niederzulassen, ist auch eng mit dem Wunsch verbunden, während des Medizinstudiums auf die Niederlassung vorbereitet zu werden. Für 90 Prozent der Befragten ist es auch entscheidend, dass rechtliche, steuerliche und unternehmerische Aspekte der Selbstständigkeit im Studium behandelt werden.
Auch die verschiedenen Möglichkeiten zur Niederlassung und zur Kooperation mit anderen Praxen sollten laut der Befragung erörtert werden. Mit den Ergebnissen der Umfrage sieht Zehnich jetzt vor allem die Entscheidungsträger in der Pflicht und fordert geeignete gesundheitspolitische Rahmenbedingungen für die Niederlassung – vor allem im Hinblick auf den Bürokratieabbau.