Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis

Leistungsträger wie Praxischefs und andere Führungsverantwortliche neigen dazu, ihre Arbeit über alles andere zu stellen. Mit höchster Intensität und Disziplin widmen sie sich ihrer Aufgabe – und vernachlässigen das Leben außerhalb des Jobs. Wer aber ständig unter Spannung steht, verliert irgendwann seine Spannung, seine Leistungsfähigkeit.

Höchste Drehzahlen sind nur über einen begrenzten Zeitraum möglich, nicht als Dauerzustand. Das menschliche Leben braucht den Wechsel von An- und Entspannung, von Arbeit und Freizeit, von Leistung und Faul sein. Eine gesunde Lebensbalance erhält Lebensfreude und Leistungskraft.

Schwerpunkte überprüfen und anders setzen

Doch selbst wer das voller Überzeugung seinen Patienten anrät, lebt nicht immer nach dieser Devise. Hand aufs Herz: Wie ist das bei Ihnen? Gehören Sie zu den Menschen, die in ihrer Zeitplanung ausschließlich die beruflichen Termine stehen haben? Behandlungen, Besprechungen, Projekte, Aktionen, Führungsaufgaben … – also die alltäglichen beruflichen Pflichten? Die gewichtigen Brocken, die Sie Kraft und Energie kosten, die Sie geistig und körperlich stark fordern, die Ihren Leistungspegel nach unten drücken? Dann prüfen Sie, ob Sie nicht die Schwerpunkte etwas anders setzen wollen. Denn: Ein ausgefüllter Terminkalender ist noch lange kein ausgefülltes Leben!

1. Sorgen Sie dafür, dass es Ihnen gut geht

Ihr Auto bringen Sie regelmäßig zum Kundendienst und lassen es durchchecken. Es soll ja schließlich jederzeit beste Leistung bringen! Und sobald ein rotes Lämpchen aufleuchtet oder Sie ein ungewohntes Motorengeräusch hören, fahren Sie zur Werkstatt und lassen es in Ordnung bringen. Doch wie steht es mit Ihnen selbst? Mit der Leistungsfähigkeit Ihres persönlichen „Motors“? Kümmern Sie sich regelmäßig darum, dass es Ihnen gut geht? Sie fit und leistungsfähig sind und bleiben? Was tun Sie, wenn das erste rote Warnlämpchen blinkt?

Nutzen Sie die Fragen der folgenden Kurzanalyse, um Ihre persönliche mentale Stabilität von Zeit zu Zeit auf den Prüfstand zu stellen und bei Bedarf gezielt die nötigen Stellschrauben zu drehen. Am besten analysieren Sie einmal im Monat Ihre persönliche Stabilität und schreiben Sie Ihre Gedanken auf. Und gehen Sie dort in die Tiefe, wo Sie aktuell den größten Bedarf verspüren.

Checkliste zur Prüfung der mentalen Stabilität

  • Wie steht es um mein Wohlbefinden? Geht es mir wirklich gut?
  • Was belastet mich derzeit beruflich oder privat?
  • Was tue ich für meine Gesundheit? Wie halte ich mich fit?
  • Wie sieht es mit der finanziellen Situation aus? Alles im grünen Bereich?
  • Und im zwischenmenschlichen Bereich (Lebenspartner, Familie, Freunde, Kollegen …)?
  • Kann ich mich ausreichend selbst entfalten? Passt das, was ich tue? Gibt es meinem Leben Sinn?
  • Habe ich genügend Anerkennung (privat und beruflich)?
  • Habe ich begeisternde Visionen, Ziele, Wünsche, die mich stärken und beflügeln?
  • Welche Erkenntnisse nehme ich aus dieser kurzen Analyse?
  • Welche To-dos ergeben sich nun daraus für mich?

2. Achten Sie auf Ihr Well-being

Ihr persönliches Wohlbefinden und damit auch die Wirkung auf Ihr Umfeld wird aus zwei Quellen gespeist: aus Ihrer körperlichen Gesundheit und Leistungsfähigkeit sowie aus Ihrer mentalen Stabilität. Achten Sie darauf, dass beide Quellen reichlich sprudeln! Gehen Sie also pfleglich und förderlich mit Ihrem Körper um. Ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung sollten selbstverständlich sein.

Ihr mentales Wohlbefinden können Sie wirkungsvoll unterstützen durch soziale Kontakte. Diese bringt Ihnen mit Freundschaft, Liebe, Zuneigung, Vertrauen, Anerkennung oder Freude vielfältige emotional stärkende Erfolgserlebnisse. Doch auch durch eine aktive Gestaltung Ihres Arbeitstages können Sie viel für Ihr körperliches wie geistiges „Well-being“ tun. Die wichtigste Empfehlung: Lassen Sie sich Ihr Leben nicht ausschließlich von Anspannung, also von Aufgaben und Pflichtbewusstsein, diktieren. Schaffen Sie durch bewusste Auszeiten ein harmonisches Gleichgewicht.

3. Planen Sie persönliche „Muße“-Termine ein

Gerade wenn Ihr beruflicher Alltag sehr straff organisiert und bis ins Kleinste durchgeplant ist, sollten Sie gezielt für einen Ausgleich sorgen: regelmäßige Auszeiten zum Entspannen, Abschalten und Auftanken. Überlassen Sie solche Momente der Erholung aber nicht dem Zufall: Nehmen Sie die „Muße“-Termine neben Ihren „Muss“-Terminen mit in Ihre Tagesplanung auf. Blockieren Sie sich beispielsweise die Zeit für sportliche Aktivitäten oder soziale Kontakte – und behandeln Sie diese als Priorität 1. Verplanen Sie aber nicht jede Minute Ihrer freien Zeit, sondern lassen Sie in Ihrer Tagesplanung ausreichend Luft für ungeplante, spontane Aktivitäten.

4. Gönnen Sie sich wirkliche Entspannung

Wenn Sie beruflich sehr viel leisten müssen, sollten Sie sich nicht auch noch in Ihrer Freizeit unter Leistungsdruck setzen. Also nicht unbedingt jeden Abend nach der Arbeit zwei Stunden extremes Fitnesstraining – weil Sport doch so gesund ist. Und auch nicht eine Fortbildung nach der anderen – weil Sie doch Karriere machen wollen. Gönnen Sie sich vielmehr wirkliche Entspannungsphasen, in denen Sie sich entweder ganz dem süßen Nichtstun hingeben oder spontan entscheiden, wo­rauf Sie gerade Lust und Laune haben.

5. Genießen Sie den Augenblick

Lernen Sie, den Augenblick zu genießen – wie auch immer Ihnen das angenehm ist: ein gutes Buch oder eine unterhaltsame Zeitschrift, ein anregendes Gespräch oder ein lustiger Spieleabend mit guten Freunden, ein frisch gepresster Saft oder ein Glas Ihres Lieblingsweines, Füße hochlegen oder spazieren gehen, einfach mal Blick und Gedanken schweifen lassen. Tun Sie etwas, bei dem Sie sich wohlfühlen und entspannen können.

6. Nehmen Sie sich Zeit zum Luftholen

Übrigens sollten Sie Entspannungspausen nicht nur für abends oder die Freizeit vorsehen. Nehmen Sie sich auch bei der Arbeit immer wieder mal Zeit zum Luftholen, zum Durchschnaufen, zum Sammeln, Abschalten und Konzentrieren. Wichtig: Gönnen Sie sich eine Entspannungsphase, bevor Sie eine Erschöpfung spüren und bevor die Leistung abnimmt. Machen Sie lieber mehrere kurze Pausen als eine größere, die dann vielleicht zu spät kommt. Jede Stunde mal für zwei, drei Minuten unterbrechen, aufstehen, bewegen, eventuell einige tiefe Züge Frischluft tanken. Einfach mal kurz abschalten und entspannen, schon geht es wieder leichter.

7. Trauen Sie sich, auch mal auf „Aus“ zu drücken

Dank Smartphone, Tablet & Co. sind wir immer und überall erreichbar. Mit der Praxis verbunden und stets mit der Arbeit vernetzt, auch wenn wir ganz woanders sind. So hilfreich das manchmal sein mag, so belastend kann es sein. Unser Leben wird zunehmend hektischer, unruhiger, virtueller. Weil Sie ständig erreichbar sein können, erwartet man, dass Sie auch ständig erreichbar sind – sofern Sie nicht konsequent gegensteuern.

Haben Sie den Mut, dies zu tun! Drücken Sie rechtzeitig auf den „Aus“-Knopf. Schaffen Sie sich persönliche Freiräume, indem Sie nicht auf jeden Post und auf jede E-Mail unverzüglich reagieren. Und indem Sie Ihr Smartphone zeitweise stumm oder ganz ausschalten, indem Sie sich aus Newslettern oder cc-Verteilern streichen lassen, indem Sie weniger Zeit in sozialen Netzwerken verbringen.

Fahren Sie den – allzu häufig selbst gemachten – Druck aus Information und Kommunikation also sehr bewusst zurück. Nehmen Sie sich die Freiheit, auch mal nicht erreichbar zu sein, ungestört arbeiten zu können oder einfach nur in aller Ruhe zu relaxen. Merke: Abschalten hilft Ihnen, abzuschalten!

Autor: Christoph Beck