Blasenkrebs: Lässt sich durch eine zusätzliche Immuntherapie die Blase erhalten?
Constanze PolenzEine Kombination aus Chemotherapie und dem Immuncheckpoint-Inhibitor Nivolumab könnte bei Patienten mit muskelinvasivem Blasenkrebs zu einem Erhalt der Blase beitragen.
Die empfohlene Standardtherapie für Patienten mit muskelinvasivem Blasenkrebs ist die radikale Zystektomie. Zur Ableitung des Urins wird dann häufig ein Ileumkonduit angelegt oder eine Ersatzblase. Die Operation ist nicht nur mit einem 90-Tage-Mortalitätsrisiko von sechs bis acht Prozent verbunden, sondern auch mit einer erheblichen Einbuße an Lebensqualität. Deshalb suchen Forscher eine Möglichkeit, um auf die Zystektomie zu verzichten.
Positive Ergebnisse bei präoperativer Chemo- oder Immuntherapie
Frühere Studien hatten die positiven Auswirkungen einer neoadjuvanten Chemotherapie gezeigt. Dabei hatten die Patienten zuerst eine transurethrale Resektion des Blasentumors (TURBT) erhalten und dann eine Cisplatin-basierte Chemotherapie vor der radikalen Zystektomie. Bei etwa einem Drittel der Patienten waren nach der Blasenresektion keine Tumorzellen in der Blase mehr nachweisbar. Somit hätte auf die Zystektomie verzichtet werden können. Paradoxerweise kann der Nachweis der pathologischen Komplettremission (pCR) aber erst nach der Resektion erfolgen.
Weitere Studien belegten eine pathologische Komplettremission des Blasenkrebses bei einem Teil der Patienten, die eine präoperative Immuntherapie vor der Zystektomie bekommen hatten.
Ein US-amerikanisches Forscherteam, unter Leitung des Tisch Cancer Instituts an der Icahn School of Medicine am Mount Sinai New York, hat jetzt in einer Phase-2-Studie Patienten mit muskelinvasivem Blasenkrebs mit einer TURBT und einer anschließenden Kombination aus Chemotherapie und einem Immuncheckpoint-Inhibitor behandelt. Sie wollten herausfinden, ob dadurch auf eine Zystektomie verzichtet werden kann.
Klinische Komplettremission bei 43 Prozent
An der Studie nahmen 76 Patienten, 16 Frauen und 60 Männer, zwischen 39 und 85 Jahren teil. Die Tumorgröße variierte von Grad T2 – T4. Lymphknoten waren bei keinem Teilnehmer befallen und bei keinem waren Fernmetastasen nachweisbar. Bei allen war der Tumor transurethral reseziert worden.
Die Patienten wurden mit vier Zyklen Chemotherapie mit Gemcitabin und Cisplatin und dem Checkpoint-Inhibitor Nivolumab behandelt. Um den Erfolg zu beurteilen, fand danach bei 72 Patienten ein Re-Staging statt. Dazu erfolgte eine erneute Zytoskopie mit Biopsien, ein MRT des Abdomens und Beckens und ein CT des Brustkorbs.
33 Patienten (43 Prozent) erreichten durch die Behandlung eine klinische Komplettremission (cCR). Das heißt, bei ihnen war kein Hinweis auf Krebswachstum mehr zu finden. Dabei war bei Patienten mit einem kleineren Primärtumor (Ausgangsstadium cT2) die Wahrscheinlichkeit höher, eine cCR zu erreichen. Diesen 33 Patienten wurde vorgeschlagen, auf eine Zystektomie zu verzichten und stattdessen eine weitere Immuntherapie mit acht Zyklen Nivolumab zu erhalten. Einer von ihnen entschied sich dennoch für die OP. Alle anderen für die Immuntherapie.
70 Prozent überlebten ohne Zystektomie mindestens zwei Jahre
Der Nachbeobachtungszeitraum betrug 18 – 42 Monate, im Durchschnitt 30 Monate. Bei acht Teilnehmern war später eine Zystektomie, aufgrund eines lokalen Tumorrezidivs, nötig. Zwei weitere Patienten erhielten eine TURBT bzw. eine BCG-Blaseninstillation, wegen eines nicht-invasiven Lokalrezidivs. Bei zwei Patienten entwickelten sich Fernmetastasen, bei einem davon nach der Zystektomie.
Etwa 70 Prozent der Patienten, die sich gegen die Zystektomie und für die weitergehende Immuntherapie entschieden haben, zeigten auch nach zwei Jahren keinen Hinweis auf erneutes Krebswachstum. Um diesen vielversprechenden Ansatz weiterzuverfolgen, sind inzwischen schon zwei weitere Studien gestartet.
„Die Behandlung von muskelinvasivem Blasenkrebs muss erheblich verbessert werden, sowohl im Hinblick auf die Lebensqualität als auch auf die Wirksamkeit“, sagte Dr. Matthew Galsky, Co-Direktor des Kompetenzzentrums für Blasenkrebs am Tisch Cancer Institute.