Känguru-Methode: Bessere Überlebenschancen für Frühchen
Dr. Melanie SöchtigKinder, die zu früh oder mit einem zu geringen Geburtsgewicht auf die Welt kommen, haben einen schweren Start ins Leben. Früher und ausgiebiger Körperkontakt zu den Eltern kann ihr Risiko, bereits in den ersten Tagen nach der Geburt zu versterben, senken. Die WHO empfiehlt die Känguru-Methode.
Weltweit werden schätzungsweise 15 Millionen Babys pro Jahr zu früh geboren. Frühgeborene und Säuglinge mit zu niedrigem Geburtsgewicht tragen ein zwei- bis zehnfach erhöhtes Sterberisiko im Vergleich zu normalgewichtigen Reifgeborenen (≥ vollendete 37. Schwangerschaftswoche; ≥ 2,5 kg). Um dieses Risiko zu mindern, empfiehlt die World Health Organization (WHO) die Anwendung der Känguru-Methode.
Was ist die Känguru-Methode bei Neugeborenen?
Bei der Känguru-Methode (Kangaroo care) liegt das nur mit einer Windel bekleidete Neugeborene für mehrere Stunden täglich auf dem nackten Oberkörper eines Elternteils. Die Methode wird vor allem bei zu früh geborenen Babys angewandt. Ursprünglich wurde sie nur angewandt, wenn Inkubatoren fehlten. Inzwischen weiß man, dass sie deutlich besser funktioniert, als die konventionelle Betreuung im Inkubator.
Welche Vorteile hat die Känguru-Methode?
Welche Vorteile die Känguru-Methode bringt, haben zwei Forscherinnen aus Indien jetzt in einer systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse gezeigt. In ihre Auswertung schlossen sie 31 Studien mit insgesamt 15.559 Frühchen bzw. untergewichtigen Neugeborenen ein. Dabei verglichen sie nicht nur die Känguru-Methode mit der konventionellen Behandlung (27 Studien), sondern untersuchten auch, inwiefern sich ein früher Beginn dieser Maßnahme (< 24 Stunden nach der Geburt) auf das Überleben der Kinder auswirkt (4 Studien).
Besser als konventionelle Versorgung
Die Studienautorinnen stellten fest, dass die Känguru-Methode das Sterberisiko während des Krankenhausaufenthaltes bzw. in den ersten 28 Lebenstagen um 32 Prozent senkt im Vergleich zur konventionellen Behandlung. Am höchsten waren die Überlebenschancen, wenn die Känguru-Methode mindestens acht Stunden täglich durchgeführt wurde. Der positive Effekt war auch zu einem späteren Zeitpunkt noch sichtbar. So betrug die Reduktion der Sterblichkeit im Alter von sechs Monaten immer noch 25 Prozent.
Zudem halten die Wissenschaftlerinnen es für wahrscheinlich, dass auch das Risiko für schwere Infektionen bis zur letzten Nachuntersuchung sinkt. Hier haben sie für die Maßnahme gegenüber der konventionellen Behandlung eine relative Risikoreduktion um 15 Prozent festgestellt.
Direkt nach der Geburt anwenden
Laut den Empfehlungen der WHO sollte so früh wie möglich nach der Geburt mit der Känguru-Methode begonnen werden. Wie wichtig das ist, untermauert auch die vorliegende Studie. So zeigte sich, dass ein früher Behandlungsbeginn (< 24 Stunden nach der Geburt) das Sterberisiko in den ersten 28 Tagen um 33 Prozent gegenüber einem späteren Beginn (> 24 Stunden nach der Geburt) reduzierte.