Frühgeburt: Risiko für Lungengefäßerkrankung einschätzen
Dr. Melanie SöchtigEine künstliche Beatmung kann bei Frühchen langfristige Schäden an der Lunge verursachen. Forschende haben jetzt eine nicht-invasive Methode zur Risikoeinschätzung entwickelt.
Oft sind Säuglinge, die zu früh auf die Welt kommen, auf eine Sauerstofftherapie oder medizinische Beatmung angewiesen. Nicht selten kommt es dabei zu Lungenschäden, die chronische Erkrankungen wie die Bronchopulmonale Dysplasie (BPD) nach sich ziehen. Die BPD zählt zu den häufigsten Langzeitkomplikationen bei einer Frühgeburt und geht in vielen Fällen mit einer Gefäßerkrankung der Lunge (pulmonary vascular disease, PVD) einher. Kinder mit PVD tragen wiederum ein erhöhtes Risiko, im Laufe ihres Lebens eine pulmonale Hypertonie zu entwickeln. Bislang mangelt es jedoch an geeigneten Methoden zur Früherkennung einer PVD und die Erkrankung bleibt oft unerkannt.
Untersuchung im Schlaf möglich
Ein Team um Dr. Anne Hilgendorff von Helmholtz Munich und dem LMU Klinikum München hat jetzt im Rahmen einer Studie nach frühen Anzeichen für eine PVD gesucht. Dabei machten sich die Wissenschaftler eine nicht-invasive Methode zunutze, die auf einer speziellen Magnetresonanztomographie (MRT) des Herzens und der Lunge basiert. Ein großer Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die Säuglinge im Spontanschlaf untersucht werden können und nicht ruhiggestellt werden müssen.
Die Studienautoren verglichen die Ergebnisse von Frühgeborenen (Geburt vor der 32. Schwangerschaftswoche) mit und ohne BDP. Bei Säuglingen mit moderater bis schwerer BPD stellten sie einen Zusammenhang von Abweichungen des Blutflusses in der Lungenarterie und Auffälligkeiten der Herzfunktion mit einem erhöhten Druck im Lungenkreislauf fest. Unter Berücksichtigung dieser Parameter entwickelten sie einen statistischen Algorithmus zur Risikostratifizierung. Damit gelang es den Wissenschaftlern, Fälle mit signifikant erhöhtem PVD-Risiko in der heterogenen Gruppe von Säuglingen mit milder BDP zu detektieren. Darüber hinaus beobachteten sie eine starke Korrelation zwischen der Wahrscheinlichkeit, eine PVD zu entwickeln, und Faktoren, welche auf die Schwere der BDP hinweisen (z. B. Dauer der künstlichen Beatmung/Sauerstoffzufuhr).
Gute Perspektive für Früherkennung
Die Autoren hoffen, dass ihre neu entwickelte Methode den Weg zu risikoadaptierten Überwachungs- und Behandlungsstrategien bei BPD ebnen könnte. So ließe sich möglicherweise das Risiko für spätere Komplikationen einer Frühgeburt wie Lungenhochdruck oder plötzlichen Herztod bereits zu einem frühen Zeitpunkt abschätzen. Dies wiederum würde die Möglichkeit eröffnen, rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Weitere Studien sind notwendig, um die identifizierten Früherkennungsmerkmale bis ins Erwachsenenalter nachzuverfolgen.